Rehkitze sind vor allem durch die Wiesenmaht gefährdet. Jedes Jahr werden viele von ihnen dabei getötet. Kitze haben noch keinen Fluchtinstinkt, pressen sich an den Boden und vertrauen darauf, dass sie noch keine Witterung abgeben und gut getarnt sind. Auch frei laufende Hunde sind eine große Gefahr. Foto: Fotolia

Die Natur ist kein Streichelzoo. Wer in der Natur ein Jungtier sieht, darf es auf keinen Fall anfassen oder gar mitnehmen. Wir stellen neun Tierarten vor, die hierzulande recht häufig vorkommen.

Stuttgart - Das Frühjahr ist die Jahreszeit, in der sich die Kinderstube der Natur füllt. Überall in den Wäldern, auf den Feldern und Wiesen erwacht die Tierwelt zu neuem Leben. Rehkitze, Feldhasen, Füchse, Eichhörnchen, Amseln, Eulen und Frischlinge werden geboren. Ein faszinierendes Schauspiel, das man leider nur selten zu Gesicht bekommt. Wildtiere sind sehr scheu, und ihr Nachwuchs weiß sich gut zu verbergen.

Berühren und streicheln? Auf gar keinen Fall!

Doch manchmal, wie es der Zufall so will, treffen Wanderer, Spaziergänger, Kinder und Jugendliche auf ein kleines geflecktes braunes Wesen, das sich auf den Boden presst und vor Angst zittert. Der erste Reflex: Man will das Rehkitz vorsichtig berühren und streicheln.

Noch schlimmer: Man packt das vermeintlich mutterlose Tier kurzerhand ins Auto, bringt es zum Förster oder nimmt es mit nach Hause.

Ein verhängnisvoller Fehler, der dem Kitz das Leben kosten wird. „Wildtiere brauchen keine Bekümmerung“, sagt Armin Liese, Sprecher des baden-württembergischen Landesjagdverbandes. Rehkitze oder Junghasen würden abgelegt, während das Muttertier auf Nahrungssuche geht. Das Jungtier werde regelmäßig von der Mutter besucht und mit allem versorgt, was es zum Überleben braucht.

„Für das Jungtier bedeutet das den sicheren Tod.“

„Wir dürfen bei Wildtieren nicht menschliche Maßstäbe ansetzen. Das ist falsch verstandene Tierliebe, die nach dem Kindchen-Schema abläuft: Das Tierbaby ist allein und schaut einen mit großen Kulleraugen an. Wir haben das innere Bedürfnis, uns um es zu kümmern.

Bei einem Kind ist das vielleicht angebracht, aber nicht beim Wildtier“, so der Diplom-Biogeograf. Die Elterntiere würden ihren Nachwuchs verstoßen, wenn menschliche Witterung an ihm haftet. Die Gefahr, dass die Mutter nicht mehr zurückkommt, sei sehr groß. „Für das Jungtier bedeutet das den sicheren Tod.“

Wildtier mitnehmen ist Wilderei

Rechtlich ist die Sache eindeutig: Wer ein neugeborenes oder erwachsenes Wildtier mitnimmt, begeht laut Paragraf 292 Strafgesetzbuch (StGB) Jagdwilderei. „Das gilt auch, wenn man die Absicht hat, es wieder freizulassen“, sagt Armin Liese. Findet man ein krankes oder verletztes Tier, sollte man sich sofort an den zuständigen Jäger oder Förster wenden.