Julian Assange während seiner Rede vom Balkon der Botschaft Ecuadors aus- Foto: Getty

Aus Schweden droht Assange nun juristisch keine Gefahr mehr. Unklar ist aber, ob das viel an seiner Lage ändert: Verlässt er die ecuadorianische Botschaft in London, droht ihm weiter die Verhaftung.

Stockholm - Die schwedische Staatsanwaltschaft hat nach fast sieben Jahren die Vergewaltigungsermittlungen gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange eingestellt. Anklägerin Marianne Ny begründete das am Freitag in Stockholm damit, dass es nicht möglich sei, Assange in absehbarer Zeit festzunehmen. Assange sprach von einem wichtigen Etappensieg. Die Anwältin des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers nannte die Entscheidung einen Skandal.

2010 hatten zwei Schwedinnen Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange erhoben, der damals in Großbritannien war. Assange ging zunächst juristisch gegen den Auslieferungsantrag Schwedens vor. Als er damit scheiterte, suchte er 2012 Zuflucht in der Londoner Botschaft Ecuadors. Er befürchtete, von Schweden an die USA überstellt zu werden, wo ihm wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente auf Wikileaks ein Prozess droht. Inzwischen hat ihm Ecuador politisches Asyl gewährt. Eine der beiden Ermittlungen wurde bereits 2015 wegen Verjährung eingestellt.

Ny zog einen europäischen Haftbefehl gegen Assange zurück und sagte, sie sei zu dem Schluss gekommen, dass es nicht möglich sei, ihn nach Schweden zu bringen. Er habe jeden Versuch unternommen, sich den schwedischen und britischen Behörden zu entziehen. Die Ermittlungen könnten aber wieder aufgenommen werden, sollte Assange vor Ablauf der Verjährungsfrist 2020 nach Schweden zurückkehren.

Die Entscheidung Nys bedeutet, dass der 45-jährige Australier nicht länger mit Anschuldigungen wegen Sexualverbrechen in Schweden rechnen muss. Die britische Polizei teilte jedoch mit, dass er in Großbritannien weiterhin wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen gesucht werde. Sollte er die ecuadorianische Botschaft in London verlassen, droht ihm demnach weiter die Festnahme.

Assange sagte, der Kampf gegen die Justiz sei noch nicht ausgestanden. „Der richtige Krieg fängt gerade erst an.“ Er sei sieben Jahre unrechtmäßig festgehalten worden. Das könne er nicht vergeben.

Assanges schwedischer Anwalt Per Samuelson sagte dem schwedischen Radio: „Das ist ein totaler Sieg für Julian Assange. Er ist jetzt frei, um die Botschaft zu verlassen, wann er möchte.“ Bei dem Fall habe es sich „um einvernehmlichen Sex zwischen zwei Erwachsenen und nichts anderes“ gehandelt, sagte er der Nachrichtenagentur AP.

Keine Reaktion aus den USA

Dagegen sagte die Anwältin des mutmaßlichen Opfers, es sei ein Skandal, auf welche Weise sich Assange der Justiz und einem Prozess entzogen habe. Ihre Mandantin bleibe bei ihrem Vergewaltigungsvorwurf.

Eine Reaktion aus den USA stand zunächst aus. Im April hatte US-Präsident Donald Trump erklärt, er werde jede Entscheidung des Justizministeriums unterstützen, Anklage gegen Assange zu erheben.

Wikileaks twitterte nach der Erklärung der schwedischen Staatsanwaltschaft: „Großbritannien weigert sich zu bestätigen oder zu dementieren, ob es bereits einen US-Auslieferungsantrag für Julian Assange erhalten hat. Der Fokus verlagert sich jetzt auf das Vereinigte Königreich.“ Ecuadors Außenminister Guillaume Long forderte Großbritannien auf, Assange freies Geleit zu garantieren.

Ein weiterer Assange-Anwalt, Juan Branco, bat den neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron um Hilfe. Macron solle Assange dabei unterstützen, die Botschaft zu verlassen. „Wir benötigen ein politisches Eingreifen, um diese Situation zu beenden“, sagte Branco der AP. „Er (Assange) ist der einzige politische Gefangene in Westeuropa.“