Der neue Geschäftsführer Events und Tourismus muss sich kräftig durchboxen. Und Highlights wie den Boxkampf von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück gegen Ex-Weltmeister Francois Botha 2015 in der MHP-Arena an Land ziehen. Foto: factum/Granville Montage: Schlösser

In Ludwigsburg wird eine eierlegende Wollmilchsau gesucht: Der neue Geschäftsführer des Eigenbetriebes Tourismus und Events soll das Defzit von MHP-Arena und Forum am Schlosspark reduzieren.

Ludwigsburg - Robert Nitzsche ist so etwas wie der Krisenmanager des Oberbürgermeisters. Im Hauptberuf organisiert er das Personal der Stadtverwaltung, bereits zum zweiten Mal ist er zur Zeit zusätzlich Interims-Geschäftsführer des Eigenbetriebs Events und Tourismus mit gut 1000 Mitarbeitern. Dessen Leiter Holger Schumacher ist im Sommer ausgeschieden. Nun muss Nitzsche die großen Hallen wie das Forum am Schlosspark oder die MHP-Arena managen, die Venezianische Messe oder den Barocken Weihnachtsmarkt stemmen, den Tourismus der Stadt koordinieren und unter der Rubrik „Stadtmarketing“ ein Konzept für das 300-Jahr-Gründungsjubiläum der Stadt 2018 und eine „Marke Ludwigsburg“ entwickeln.

Ziemlich viel für eine einzelne Person. Robert Nitzsche stellt klar, dass er den Job selbst nicht machen will: „Ich halte das operative Geschäft am Laufen und möchte einer professionellen Nachfolge einen gut funktionierenden Betrieb übergeben. Danach werde ich mich wieder voll meiner bisherigen Aufgabe in der Stadtverwaltung widmen.“ Einen Nachfolger sucht man im Rathaus derzeit, ein Personalberater hilft, die eierlegende Wollmilchsau zu finden. Das Anforderungsprofil ist hoch: Er muss kommunikativ und gut vernetzt sein, das Defizit des Eigenbetriebes in den Griff bekommen und gleichzeitig die traditionell hohen Ansprüche an das Kulturprogramm im Forum erfüllen, neue Veranstaltungshighlights nach Ludwigsburg locken und so die Strahlkraft in der Region verstärken.

Guter Draht zu OB Werner Spec ist nötig

Vor allem: Er muss mit dem Oberbürgermeister Werner Spec auf einer Wellenlänge liegen. In der Vergangenheit hat es zwischen dem machtbewussten Rathauschef und dem Eigenbetriebsleiter immer wieder geknirscht.

Eine vergleichbare Struktur hat keine andere größere Stadt in der Region. Im Jahr 2012 hat der Gemeinderat beschlossen, die in den Rathaus-Abteilungen zerstreuten Aufgaben zu bündeln. Aber nicht in einer wirtschaftlich und rechtlich völlig unabhängigen GmbH, sondern in einem juristisch zur Stadtverwaltung gehörenden Eigenbetrieb – nicht zuletzt auf Wunsch von Spec. Damit ist dieser als Chef der Stadtverwaltung unmittelbar Vorgesetzter des Kulturmanagers und kann sich ins Alltagsgeschäft einmischen.

Viele Kommunen beschreiten andere Wege und geben den Geschäftsführern mehr Freiheiten, während der Tourismus meistens in einer separaten Gesellschaft gesteuert wird (siehe Artikel unten).

Die Stadt hatte wenig Glück mit den „Supermanagern“: Der erste, Thomas Stürm, gab nach wenigen Monaten auf und überwarf sich mit zwei bekannten Künstlern. Schon damals musste Robert Nitzsche einspringen. Dann kam 2013 Holger Schumacher, der zwar Events in die Stadt holte,sich aber schlecht verkaufte. Das Defizit stieg. Der eigentlich feste Zuschuss von sechs Millionen Euro reicht nicht mehr aus, bis 2018 könnte eine zusätzliche Million notwendig sein. Im Sommer gab Schumacher nach knapp drei Jahren aus gesundheitlichen Gründen auf, es gab viel Kritik an seiner Arbeit auf – auch von Spec.

Bleibt die Frage: Kann ein Mensch diese Mammutaufgabe überhaupt bewältigen? Das hat auch die Grünen-Fraktionschefin Elfriede Steinwand in ihrer Haushaltsrede angezweifelt. Der Interims-Manager Robert Nitzsche widerspricht: „Es ist ein bunter Strauß an spannenden Aufgaben, aber gerade deswegen ist es wichtig, dass man die Prozesse auch strategisch steuert.“ Also mit dem Schloss oder dem Blühenden Barock werben, Touristen Wochenendpakete anbieten und gleichzeitig auf Highlights im Forum sowie auf die Basketball-Champions-League mit den MHP-Riesen verweisen. Oder auf die Schlossfestspiele – die übrigens als Verein von Stadt und Land unabhängig organisiert werden. Allerdings empfiehlt Nitzsche über eine personell erweiterte Geschäftsleitung nachzudenken. Eine reguläre Stellvertretung des Geschäftsführers würde die Geschäftsleiterebene stärken und den Vakanzfall regeln. Der 57 jährige sieht den Betrieb gut aufgestellt, erkennt aber auch noch weitere Verbesserungspotenziale.

Der Supermanager bräuchte einen Vize

Vor allem steigende Kosten im Forum am Schlossparkund in der MHP-Arena werden die Gemeinderäte kaum weiter hinnehmen – zumal andere Städte wirtschaftlicher arbeiten. Zu teure Engagements, zu wenig Koordination bei Einkauf und Technik – so lauteten die Vorwürfe schon im Frühjahr. Erschwerend kommt hinzu, dass das Forum als Aushängeschild teuer saniert werden muss. Der Interims-Chef glaubt, dass es ohne kräftige Zuschüsse der Stadt nicht geht. „Wenn wir im Forum nur Tagungen und Kongresse anbieten würden, hätten wir schwarze Zahlen, wir haben aber auch den Auftrag anspruchsvolle Kulturveranstaltungen anzubieten und das hat halt seinen Preis. Das gute Image Ludwigsburgs über die Region hinaus gibt uns Recht.“ Sprich: Highlights wie die Venezianische Messe am Schloss gibt es für eine Kommune nicht zum Nulltarif.

Bleibt die Strukturfrage: Sollte man einen Kultur- und Tourismusmanager nicht durch eine GmbH vom direkten Zugriff des Rathauses befreien? Der CDU-Fraktionschef Klaus Herrmann hat angeregt, über Strukturen zu diskutieren. Für Robert Nitzsche, seit 17 Jahren bei der Stadt, stellt sich die Frage nicht: „Sie brauchen eine gute und motivierte Mannschaft. Die Betriebsform ist dabei zweitrangig.“