Deutsche reisen auch in diesem Jahr viel. Foto: dpa

Zum Ferienbeginn in Baden-Württemberg werden in vielen Familien die Koffer gepackt. Experten gehen davon aus, dass die Bundesbürger in diesem Jahr noch häufiger unterwegs sein werden als 2016.

Stuttgart - Für gut 1,5 Millionen Schüler im Südwesten beginnen am Donnerstag die Sommerferien – und trotz vieler Unwägbarkeiten sind nicht nur die Baden-Württemberger in bester Urlaubslaune. Experten rechnen aufgrund der stabilen Wirtschaftslage mit ähnlich guten oder sogar besseren Zahlen als im vergangenen Jahr. Der Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen zufolge gaben nur 18 Prozent der Befragten an, dass sie sich sicher seien, in diesem Jahr zu Hause zu bleiben.

Die anderen behalten ihre Gewohnheiten bei, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV), der die Interessen mittelständischer und großer Unternehmen der Reisebranche vertritt. Seit Jahren gehören Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, Kroatien, Griechenland und Frankreich zu den Top-Ten-Zielen. Beliebtestes Fernreiseziel bleiben die USA, wenn auch mit leichtem Rückgang. Diejenigen, die im Land bleiben, bevorzugen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern.

Besonders viele Frühbucher

„Diesmal haben viele Urlauber besonders frühzeitig gebucht, viele bereits im Dezember“, sagt Schäfer. Zunächst habe es insgesamt weniger Buchungen gegeben, „aber das hat sich im Laufe der vergangenen Wochen nivelliert“. Gerade für das Reiseziel Türkei haben sich nach DRV-Angaben viele – insbesondere Familien – noch kurzfristig entschieden. „Die Mai- und Juni-Zahlen liegen über denen des Vorjahres, dabei war Antalya das meistgebuchte Ziel“, sagt Schäfer – allen politischen Spannungen in dem Land zum Trotz. Allerdings hatte es zuvor auch einen Einbruch gegeben: Die Türkei zog Studien zufolge im vergangenen Jahr ein Viertel bis ein Drittel weniger Urlauber aus Deutschland an als 2015.

Welche Folgen die Verschärfung der Reisehinweise für die Tourismusbranche in der Türkei habe, sei kaum vorherzusagen, sagt Schäfer. Attentate und andere negative Vorfälle können sich auf das Reiseverhalten auswirken, aber das kann sich auch schnell wieder wenden.

Kurzer Einbruch bei den Kreuzfahrten

Als Beispiel nennt der Experte die Havarie der Costa Concordia im Jahr 2012 vor der italienischen Insel Giglio. In den ersten vier Wochen nach dem Unglück mit 32 Toten brach der Markt komplett ein. „Es gab keinerlei Neubuchungen für Kreuzfahrten mehr“, sagt Schäfer. Im Gesamtjahr 2012 allerdings seien die Kreuzfahrtbuchungen um acht Prozent gestiegen. Tief eingebrannt habe sich dagegen der Anschlag an einem Strand bei Sousse, bei dem 38 Menschen starben. Erst jetzt, gut zwei Jahre nach der Bluttat, buchten die Deutschen wieder mehr Reisen nach Tunesien. Auch der Mittelmeer-Anrainerstaat Marokko und sogar Ägypten erholen sich Experten zufolge – freilich ganz allmählich.

Viel Geld in der Urlaubskasse – zumindest im Durchschnitt

Hauptgrund für die Attraktivität der Türkei und der nordafrikanischen Staaten dürften die günstigen Preise sein. Zwar sitzt das Geld locker, laut der Gesellschaft für Konsumforschung sind die Pro-Kopf-Ausgaben der Deutschen für den Urlaub von 1109 Euro im Jahr 2015 auf 1166 Euro im Jahr 2016 gestiegen. Allerdings ist das ein reiner Durchschnittswert. Während sich immer mehr Menschen eine teure Kreuzfahrt leisten, müssen andere jeden Cent umdrehen.

Italien ist ein teures Pflaster

Insgesamt betrachtet reagieren die Bundesbürger eher preissensibel. Das ist übrigens laut dem VDR auch der Grund dafür, dass bei den USA-Zahlen ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist. Das sei nicht der Trump-Effekt, sondern eher eine Frage des Umtauschkurses. Zwar hat der Euro gegenüber dem US-Dollar seit dem Jahreswechsel um rund zehn Prozent an Wert gewonnen – doch noch im Januar war die europäische Währung mit Notierungen von etwas mehr als 1,03 Dollar auf den tiefsten Stand seit 14 Jahren gefallen. Für Touristen aus Europa ist der Urlaub in Nordamerika seit 2014 deutlich teurer geworden.

Auch den Urlaub in Italien muss man sich leisten können, heißt es in der Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen. Nirgendwo sonst in Europa waren die Tageskosten im vergangenen Jahr höher als in Italien: 99 Euro. Zum Vergleich: In der Türkei gab ein Urlauber pro Tag 76 Euro aus.