Knut Scheibelts Bar am Stuttgarter Wilhelmsplatz gehört zu den zehn besten in Deutschland Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Seit 2004 ist er der wichtigste Preis für gute Bar-Gastlichkeit: der Glenfiddich Award für Barkultur. Erstmals ist eine Stuttgarter Bar dafür nominiert und zählt damit zu den zehn besten Bars in Deutschland: die Schwarz-Weiß-Bar am Wilhelmsplatz. Was macht eine preisverdächtige Bar aus?

Stuttgart - Der Wilhelmsplatz in den 1980ern: Etwas abseits vom Getümmel sind im Tageslokal Rieder’s Pub schon vormittags feine Herrschaften ein- und ausgegangen. Elisabeth Rieder erzählt von dieser Zeit: „Anwälte, Richter, Stadträte und Konrad Kujau, der Fälscher der Hitler-Tagebücher, waren hier.“ Nach einer kurzen Pause fährt die feine, stark geschminkte Dame fort: „Ich weiß, dass Ihre Zeitung den Schwindel aufgedeckt hat.“ In Rieder’s Pub wurde vor 30 Jahren Champagner aus Schorle-Henkelgläsern getrunken, sagt die 70-Jährige, deren Familie die Immobilie bis heute gehört. Heute befindet sich in ihrem Lokal die Schwarz-Weiß-Bar.

Heute, da gibt es keinen Champagner mehr aus dem Vierteles-Henkelglas. „Wobei das eine Überlegung wert wäre“, sagt Knut Scheibelt schmunzelnd, der die schnuckelige, 26 Quadratmeter große Bar führt und gerade preisverdächtige Cocktails aus rauchigem Mezcal, leicht gesüßt mit hauseigenem Wermut, abgerundet mit Steinpilzlikör aus der Wunderküche und einem dezenten Bittereinsatz zusammenrührt. Preisverdächtig, weil die Schwarz-Weiß-Bar vom Herrenmagazin „Playboy“ und der Whiskeybrennerei Glenfiddich zu einer der zehn besten Bars in Deutschland gekürt wurde. Als erste Bar überhaupt in Stuttgart. Noch bis zum Jahresende kann im Internet auf der deutschen „Playboy“-Webseite abgestimmt werden, welche Bar den begehrten Award bekommt.

Hier geht es zur Abstimmung auf der "Playboy"-Webseite

Fragt man die Gäste von Scheibelt, spricht vieles dafür, dass die Auszeichnung an die Schwarz-Weiß-Bar gehen soll. „Für mich die schönste Bar in Stuttgart – klein, familiär und eine tolle Getränkeauswahl“, sagt Philipp Berg, Stammgast und selbst Sommelier im Sternelokal Speisemeisterei. Berg freut sich, hier auch immer ein paar Branchenkollegen zu treffen. So einig sich die Gäste über die Qualität der Bar sind, so ernst nimmt der 34-jährige Scheibelt die Konkurrenz: „Das Rumors in Frankfurt, das Gabani in München, die Vier Jahreszeiten in Hamburg – das sind Spitzenbars, die ich schon besucht habe und die mich überzeugten.“

Die Schwarz-Weiß-Bar hat es auf die illustre Liste geschafft, glaubt Scheibelt, weil sie im August 2014 im Fachmagazin für Barkultur, „Mixology“, ebenfalls zu einer der zehn besten Bars in Deutschland gezählt wurde. „Ich denke, dadurch sind wir in den Fokus geraten“, sagt Scheibelt. Jetzt sei vermutlich ein Tester von Glenfiddich da gewesen, in einer E-Mail teilte er dem Barbetreiber mit, dass weitere Tests folgen würden.

Scheibelt will alles geben, um nur nicht die Qualität zu vernachlässigen. Gerade mal 16 Positionen umfasst seine Cocktailkarte, alles Eigenkreationen. Auch viele der Zutaten wie Würzbitters, Liköre, Sirups oder Gelees sind selbst gemacht – in der heimischen Küche, mit seiner Ehefrau, Co-Barchef Jonas Hald und anderen Mitarbeitern. „Die Bar ist für solche Experimente viel zu klein“, sagt Scheibelt. Sogar Schinken hat er in Whiskey eingelegt. Dass bei so viel Liebe zum Detail keine Preise wie auf Ausgehmeilen wie der Theodor-Heuss-Straße verlangt werden können, ist selbsterklärend. Hinter dem Gastronomen sind etwa 200 verschiedene Sorten Spirituosen aufgetürmt.

Der junge Gastronom ist ein Reingeschmeckter. Ursprünglich kommt er aus Mainz, hat fünf Jahre in England gelebt und als Hotelfachwirt gearbeitet, bis es ihn 2010 schließlich nach Stuttgart verschlug.

Dort war er zunächst als Barchef im unweiten Ciba Mato tätig, zu dem Scheibelt bis heute „eine gute Nachbarschaft“ pflegt, wie er sagt. Auf die Schwarz-Weiß-Bar, die am 11. 11. 2011 eröffnete, sei Scheibelt eher durch einen Zufall geraten. „Davor war da eine Bierkneipe drin“, sagt Scheibelt. „Ein Weinlokal!“, sagt Silke Lendl, Elisabeth Rieders Tochter, die sich um die Verwaltung der Familienimmobilien kümmert.

Zwölf Sitzplätze, stehend finden knapp über 30 Personen in der Schwarz-Weiß-Bar Platz, wenn es dann auch ein wenig kuschelig wird. Für Scheibelt, der eigentlich eine Wohnung über der damals unverpachteten Bar suchte, genug, seine Vision zu entwickeln. „Die faire Pacht ist in der Anfangszeit sehr wichtig gewesen, als hier noch nicht so viel los war“, sagt er. „Eine nette Geste von Knut, zur Vertragsunterzeichnung eine Flasche Schampus mitzubringen“, sagt Lendl.

Im Herbst hatte Scheibelt eine weitere Gelegenheit, die Korken knallen zu lassen: Er hat in Ludwigsburg einen etwas größeren Ableger der Schwarz-Weiß-Bar eröffnet. Ob er erneut einen Champagner öffnen will, sollte die Schwarz-Weiß-Bar den Glenfiddich Award gewinnen? „Dann gibt es eine Party“, sagt Scheibelt. Die könnte übrigens etwas anders ausfallen, als man sie sich bei regulärem Betrieb vorstellen möchte. Denn der Chef ist ein Heavy-Metal-Fan: Dreimal hat er hier schon laute Feste mit Dosenbier und Billigdeko veranstaltet.