Die Familie Klotz ist stolz auf ihren schwäbischen Whisky – doch eine schottische Lobbyorganisation geht gegen den Namen „Glen Buchenbach“ vor. Foto: Gottfried Stoppel

Darf ein schwäbischer Single Malt „Glen Buchenbach“ heißen? Eine mächtige schottische Lobby verklagt deswegen eine kleine Brennerei aus Berglen.

Berglen - Hellgolden glitzert der hochprozentige Whisky in seiner Flasche. Trotz seines saftigen Preises von rund 50 Euro für einen halben Liter „Glen Buchenbach“ lässt die blumige Sherrynote dem Whiskyfreund das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ganz andere Gefühle ruft der Single Malt aus der Waldhornbrennerei in Berglen-Oppelsbohm allerdings bei der Scotch Whisky Association (SWA) hervor: Sie hat gegen den Namen des Getränks geklagt. Der Rechtsstreit könnte ein Präzedenzfall für ganz Europa werden.

Anstoß nimmt die schottische Whisky-Lobbyorganisation an den vier Buchstaben „Glen“, im Englischen bedeutet das Wort so viel wie „Bergschlucht“. Bei Whisky ist es ein häufiger Namenszusatz. Praktisch, dass Berglen das Wort ja quasi im Namen trägt, mögen sich die Brüder Jürgen und Michael Klotz von der Waldhornbrennerei gedacht haben, als sie vor drei Jahren ihren selbst kreierten Whisky auf „Glen Buchenbach“ getauft haben. Immerhin fließt der Buchenbach nicht weit von der Produktionsstätte des hochprozentigen Tropfens.

Die Whiskylobby ist „not amused“

Doch bald bekamen sie Post aus Schottland. Die SWA, die Interessenvertretung für die größten Brenner aus der Heimat des Whisky, wollte zunächst mit Drohungen, später mit einer Klage erreichen, dass die Schwaben das „Glen“ nicht mehr im Namen führen. Ihre Begründung: Das Wort sei in Verbindung mit Whisky typisch schottisch, der Name des Whiskys aus dem Buchenbachtal also der Versuch, einen echten Scotch nachzuahmen. „Dazu muss man doch wirklich über zwei Ecken denken“, ärgert sich Jürgen Klotz. Vor ihm auf dem Tisch stehen drei Flaschen: Glen Breton, Glendalough und Glen Els heißen die Brände – und kommen aus Kanada, Irland und Deutschland. „Die von Glen Breton haben sich neun Jahre mit der SWA gezofft und schließlich recht bekommen“, sagt Jürgen Klotz. Das war allerdings nach kanadischem Recht.

Der Streit zwischen der mächtigen Lobbyorganisation und der kleinen, familiengeführten Waldhornbrennerei zieht sich nun schon seit drei Jahren hin. Der erste Beschwerdebrief der SWA kam ins Haus, als der erste fertige Whisky gerade ein paar Wochen in die Gläser floss. „Das kam für uns ziemlich überraschend. Unser Anwalt hat uns aber geraten, erst mal abzuwarten“, sagt Jürgen Klotz’ Bruder Michael. Er hat nachher herausgefunden, dass die Schotten über Amazon sogar eine Probebestellung des Whiskys aus den Berglen getätigt hatten: „Ob er ihnen geschmeckt hat, wissen wir aber nicht“, meint er lachend.

Für das deutsche Markenamt ist der Fall klar

Bisher beschäftigte der Fall das Landgericht Hamburg, das den Schwaben weitgehend gefolgt ist. Doch nun soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären, ob ein „Glen“ typisch schottisch – und der Name des schwäbischen Whisky eine Anspielung darauf ist, was die Gebrüder Klotz bestreiten. Zumal sich auf der Flasche viele Hinweise darauf finden, wo das Getränk herkommt: „Auf dem Etikett steht Swabian Whisky, hergestellt in den Berglen, Deutsches Erzeugnis – deutlicher geht es doch nicht“, meint Jürgen Klotz.

Die Whisky Association hat sich in der Vergangenheit klagefreudig gezeigt. „Die haben jährlich anderthalb Millionen Pfund für solche Verfahren zur Verfügung“, sagt Jürgen Klotz. Doch die schwäbischen Brenner glauben fest daran, recht zu bekommen. Zumindest das deutsche Marken- und Patentamt hat Ende September dieses Jahres einer brandenburgischen Brennerei recht gegeben, die wegen ihres „Glen Sandhill“ verklagt worden war. Sie hatte ihren Whisky vorübergehend unter anderem Namen vertreiben müssen. Es ist aber wahrscheinlich, dass die SWA gegen diese Entscheidung vorgehen wird.

Bis der EuGH eine Entscheidung fällt, werden wohl noch knapp zwei Jahre vergehen. Die Brüder Klotz werden den Namen „Glen Buchenbach“ jedenfalls weiterführen. Und damit nicht genug: Im nächsten Jahr bringen sie einen Rauchwhisky heraus, in drei Jahren einen Tropfen, der im Portwein-Fass gereift ist. Beide sollen Glen Buchenbach heißen. „Dazu haben wir schließlich das Recht“, sagt Jürgen Klotz.

Whisky: Der Stolz der Schotten

Brennerei
Die Chefin der Waldhornbrennerei ist eigentlich Gerlinde Klotz. Schon ihr Schwiegeropa hat Obstbrände hergestellt, ihr vor sieben Jahren verstorbener Mann hat endgültig das Interesse für die Herstellung von Hochprozentigem geweckt. Ihre Söhne Michael und Jürgen Klotz haben 2010 mit der Whiskyproduktion begonnen, je drei Jahre muss der Whisky in den Fässern reifen.

Whisky
Es ist nicht geklärt, ob die Ursprünge des Whiskys in Irland oder in Schottland liegen. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aber aus dem Jahr 1494 – und aus Schottland. Der Name des Getränks leitet sich vom schottisch-gälischen „uisge beatha“ – Lebenswasser – ab. Von Schottland oder Irland aus reiste der starke Drink um die Welt: In den USA wurde er als Bourbon Whiskey weiter kultiviert – und, dem Empire sei Dank, auch Indien entwickelte seine eigene Whiskyversion. Die ehemalige britische Kolonie ist heute der weltweit größte Whiskyhersteller, „Officer’s Choice“ die größte Marke weltweit.

Lobby Die Scotch Whisky Association hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Qualität und den Ruf des schottischen Whisky zu wahren – und die Interessen der großen Whiskyhersteller durchzusetzen. Dafür versucht sie, als Lobbygruppe Einfluss auf Gesetze in Schottland, dem Vereinten Königreich und Europa zu nehmen. So schreibt EU-Recht seit einigen Jahren vor, wie und wo Scotch Whisky gebrannt werden darf und wie er zu etikettieren ist. Die SWA zeigt sich klagefreudig: Das Gericht von Anging (China) untersagte es einer chinesischen Firma beispielsweise, Flaschenverschlüsse für gefälschte Whiskys herzustellen. Auch der EuGH hat 2015 einer SWA-Klage stattgegeben und den bis dato in Großbritannien vorgeschriebenen Mindestpreis für Alkohol verboten. Dieser hatte die Briten – so der Gedanke der Regierung – zu einem gesünderen Trinkverhalten bringen sollen. (wei)