Der Göppinger Kreisarchäologe Reinhard Rademacher zeigt das etwa 80 Zentimeter lange keltische Schwert. Foto: Leif Piechowski

Manche Schätze sind zum Greifen nah – ohne, dass es jemand ahnt. So lief das jetzt mit einem rund 2200 Jahre alten keltischen Schwert, das Ärchäologen als „Sensationsfund“ einschätzen. Jahrzehntelang lag es kaum beachtet in einer Vitrine des Donzdorfer Stadtarchivs (Kreis Göppingen).

Göppingen - Wofür ein Umzug gut sein kann: Weil das Stadtarchiv Donzdorf verlegt werden soll, müssen dort jetzt Kisten gepackt werden. Natürlich werden dabei auch die Vitrinen geleert – auch die mit Funden aus einem alemannischen Reihengräberfeld. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Michael Weidenbacher sichtete die Stücke, um einzelne davon für die neue Ausstellung „75 000 Jahre Menschheitsgeschichte“ auf Schloss Filseck auszuwählen. Doch dann traute er seinen Augen nicht. „Mittendrin in der Vitrine lag dieses Objekt“, sagt der Kreisarchäologe Reinhard Rademacher fast ehrfürchtig. „Den Fachleuten hat es fast die Sprache verschlagen.“

Das Schwert stammt aus der spätkeltischen Eisenzeit, aus dem dritten oder zweiten Jahrhundert vor Christus. Zeitgenossen wie der griechische Philosoph Platon beschrieben die Kelten als „kriegerisch und versoffen“, als „gierig auf Beute, maßlose Trinker und tapfere Kämpfer“. Sie sollen, so Rademacher weiter, nach Überlieferungen weiß gekalkte Haare und bunt gemusterte Kleidung getragen haben. Vor allem waren sie aber europaweit unterwegs, in Rom, Mazedonien, Griechenland und Anatolien. In dieser Zeit, so der Kreisarchäologe, sei Europa erstaunlich vernetzt gewesen.

Einer dieser Kelten, sicher kein einfacher Krieger, sondern eine höher gestellte Person, wurde irgendwann mit seinem außergewöhnlich schönen Schwert dort begraben, wo 1901 die Lautertalbahn gebaut wurde. Irgendjemand barg das Schwert aus der Erde und nahm es mit. „Damals gab es kein Denkmalpflegegesetz, entweder man hat ein Fundstück abgeliefert oder behalten“, sagt Rademacher. Gut 50 Jahre schlummerte es in der Privatsammlung. Dann entschied der Sohn des Finders, es der Stadt Donzdorf zu vermachen. Die lagerte es in einer Vitrine des Stadtarchivs, „ohne, dass es je offiziell registriert wurde“, wie sich der Kreisarchäologe wundert.

„Das Schwert könnte noch einige Überraschungen bergen“

Für Rademacher ist das eine Warnung: „Wenn demnächst die B 466 ausgebaut wird, werden wir hautnah dabei sein.“ Mit Funden sei in dieser Gegend immer zu rechnen. Tatsächlich sei das Tiefland beim Zufluss der Lauter in die Fils besonders fruchtbar und die Wasserversorgung gut: „Ideale Siedlungsbedingungen.“ Nahe Gingen wurde auf Luftbildern eine keltische Viereckschanze entdeckt, außerdem eine in Lothringen geprägte Münze mit Wildsau und Eber, die nur an besonderen Orten auftauche. „Es verdichtet sich, dass dort eine spätkeltische Mittelpunktsiedlung war.“

Das Schwert – in Süddeutschland gibt es kaum eine Handvoll ähnlicher Funde – wird zunächst vom 14. September bis 16. Oktober in der Ausstellung auf Schloss Filseck präsentiert. Dann wird es zwei Monate lang entsalzt, um es aus seiner Blechscheide zu lösen und die Korrosion einzudämmen. „Dieses Bronzeblech ist etwas Besonderes, sonst nutzte man eher Eisen.“ Eine „waffentechnische Besonderheit“ sei auch, dass die Schneiden des Schwerts auf Stahl aufgeschweißt wurden. Weitere Erkenntnisse versprechen sich die Archäologen von organischen Resten, die am Schaft noch erhalten sind. Dort finden sich neben feinen Ornamenten Reste von Leder oder Fell. Und oft, so Rademacher, gebe es am Schaft auch Besitzermarken. „Das Schwert könnte noch einige Überraschungen bergen.“

Wo es restauriert wird, ist offen – in einer der Werkstätten in Stuttgart oder Esslingen. und dann? Weil das Denkmalschutzgesetz erst seit 1972 existiert, ist die Gemeinde Donzdorf die Besitzerin des Fundstücks. Und Hauptamtsleiter Gerd Rayer fände es tatsächlich spannend, es im Donzdorfer Schloss – dem Rathaus – auszustellen. Andererseits räumt er ein, dass ein so wertvolles Relikt wohl in ein größeres Museum gehöre. Rademacher pflichtet bei: „Die Luftfeuchtigkeit darf nicht höher sein als 45 Prozent.“