In Bedrängnis: Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle Quelle: Unbekannt

Werner Wölfles SMS-Panne hat bis in die Landespolitik hinein für Ärger und Häme gesorgt.

Stuttgart - Die irrtümlich versandte SMS von Werner Wölfle zur grünen Politik hat bis in die Landesregierung hinein für Ärger und Häme gesorgt. Als Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister muss er keine Konsequenzen fürchten. Die Kritik richtet sich mehr gegen die Person Wölfles.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Dienstag, er könne die Kritik Wölfles an der Personalpolitik der grün-roten Landesregierung nicht nachvollziehen. Er habe sich über diese Behauptungen geärgert: "Die Einstellungspolitik wird so gemacht, wie es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Und diese Einstellungspraxis ist gut und korrekt."

Wölfle wollte Journalisten informieren

Wölfle hatte in der SMS konkret die Einstellung des Stuttgarter Kreisvorsitzenden Philipp Franke (Grüne) im Staatsministerium als Referent für Wirtschaftspolitik mit Schwerpunkt Energiepolitik als "peinlich" bezeichnet und der Landesregierung bei ihrer Personalpolitik allgemein Verhältnisse "wie beiden Schwarzen" - also wie bei der CDU - unterstellt. Durch einen Bedienungsfehler Wölfles an seinem Smartphone hatte die SMS als Fax diese Zeitung erreicht.

Kretschmann sagte, man sollte den Vorgang nicht auf die Goldwaage legen: "Wenn man verärgert ist, schwätzt man schon mal einiges raus und schickt alles Mögliche oder Unmögliche in der Gegend herum." Wölfle habe die SMS nicht mit Absicht an die Zeitungsredaktion geschickt. Nur wenn dies "absichtlich geschehen wäre, wäre es ein echtes Politikum", sagte Kretschmann.

Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich bei der Person, die Wölfle mit seiner SMS eigentlich hatte informieren wollen, um einen Journalisten. Die SMS sollte bei einer Zeitungsredaktion landen - also ein Politikum im Sinne Kretschmanns? In der Bewertung der SMS durch die Landesregierung könnte es deshalb ein Nachspiel geben. Wölfle hat den gewollten SMS-Empfänger - den er im Gespräch mit dieser Zeitung am Montag identifiziert hat - bisher öffentlich nicht genannt. "Ich habe eine private Nachricht an einen Freund geschrieben", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme Wölfles am Dienstag.

Opposition schießt sich auf Wölfle und Kretschmann ein

In der Stellungnahme betont Wölfle, dass es sich bei der SMS "um eine rein private Äußerung" gehandelt habe, mit der er einen "ganz persönlichen, spontanen Eindruck" zur Personalie Franke geschildert habe. "Ich entschuldige mich bei Philipp Franke ausdrücklich", betonte Wölfle.

OB Wolfgang Schuster sagte am Dienstag, dass es bei den Grünen "offenkundig immense innerparteiliche Spannungen" gebe. Das wolle er nicht bewerten; im Rathaus herrsche ein anderer Umgangston. Ihm sei wichtig, dass die SMS Wölfles nichts mit dessen Aufgabe als Verwaltungsbürgermeister zu tun habe, sagte Schuster: "Ich werde selbstverständlich weiterhin mit Wölfe vertrauensvoll zusammenarbeiten." Der frühere Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat war im Juli als Verwaltungsbürgermeister gewählt worden, nachdem der bisherige Bürgermeister Klaus-Peter Murawski (Grüne) als Staatsminister in die Villa Reitzenstein wechselte. Als Stadtrat wird Wölfle am Donnerstag verabschiedet, auch das Landtagsmandat dürfte er bald niederlegen.

In der Landespolitik ist Wölfles SMS-Kritik vor allem bei der Opposition aufgenommen worden. Der Ministerpräsident verantworte eine "unverfrorene grüne Günstlingswirtschaft im Staatsministerium", kritisierte Hans-Ulrich Rülke, Fraktionschef der FDP im Landtag. Auch Die Linke wirft Kretschmann "Vetterleswirtschaft und Ämterpatronage" vor. Die nach der Wahl "groß angekündigte Änderung im Politikstil bleibt in Sachen Transparenz offensichtlich aus", moniert Gregor Mohlberg, Mitglied im Landesvorstand der Linken.

"Das war ein großer Fehler"

Im Gemeinderat beschäftigte man sich am Dienstag vor allem mit der Person Wölfles. "Er ist jetzt ein beschädigter Bürgermeister", urteilte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Das könne nicht im Sinne der Stadt sein. Auch Peter Pätzold, der Grünen-Fraktionschef, den Wölfle in der SMS als engen Vertrauten handelt, sei damit "gehörig geschwächt", meint Kotz.

"Das war ein großer Fehler, der Herrn Wölfle schadet", sagt SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind. Auf die Zusammenarbeit mit der Grünen-Fraktion solle das aber "keinen Einfluss" haben. SÖS-Fraktionsvorsitzender Hannes Rockenbauch bezeichnet die SMS "als interne Angelegenheit der Grünen ohne politische Bedeutung".

Ob dies so ist, wird sich bereits am heutigen Mittwoch bei der Kreismitgleiderversammlung der Stuttgarter Grünen zeigen. Der in der SMS bloßgestellte Franke meint, dass der Vorgang mehr über Wölfle als über ihn aussagt. Fraktionschef Pätzold teilte am Dienstag vorsorglich mit, nachdem sich Wölfle bei Franke entschuldigt habe, bestehe "kein Grund, irgendwelche Konsequenzen auf Grund dieser Äußerung zu fordern".

Info: Private Nachricht in der Zeitung?

Für die Frage, ob die SMS Werner Wölfles, die er persönlich irrtümlicherweise per Fax an die Redaktion unserer Zeitung geschickt hatte, zur Veröffentlichung geeignet ist, sind journalistische und presserechtliche Aspekte maßgeblich.

Der Text des SMS-Fax lautete: "Selbst dieser franke wird im stami untergebracht. Ist mir das peinlich. Zuständig für EnBW Peter p. Und ich betrinken sich. Kein Unterschied zu den schwarzen Gruß Werner". Die Orthografie ist vom Original übernommen.

Im Ton ist die SMS privat und umgangssprachlich gehalten. Der Inhalt bezieht sich aber nahezu vollständig auf politische Vorgänge und Aussagen von öffentlicher Relevanz, die für die Presse stets Gegenstand der Berichterstattung sind. Eine unzulässige Verdachtsberichterstattung liegt nicht vor.

Den Schutz der Privatsphäre regeln vor allem die Paragrafen 201 bis 206 des Strafgesetzbuchs. Entscheidend im konkreten Fall ist, dass für die Kenntnisnahme des Inhalts des SMS-Fax kein Briefumschlag oder ein anderes Behältnis geöffnet werden musste, dass dazu keine Vertraulichkeit gebrochen werden musste und auch der höchstpersönliche Lebensbereich Wölfles nicht betroffen war. Diese Fragen hat die Redaktion vor der Veröffentlichung intensiv geprüft. (ise)