Bei ATU liegt finanziell einiges im Argen. Foto: dpa

In Deutschland müssen 45 Millionen Autos regelmäßig gewartet und immer wieder repariert werden. Das Werkstattgeschäft brummt. Aber ATU stöhnt - die Kette hat sich enorme Mietlasten aufgebürdet. Damit soll nun Schluss sein. Bei den Verhandlungen steht viel auf dem Spiel.

München - In den 38 000 deutschen Kfz-Werkstätten herrscht jetzt Hochsaison. Millionen Autofahrer lassen Winterreifen aufziehen oder nutzen die Aktion Lichttest, um defekte Lampen kostenlos austauschen zu lassen. Und auch generell läuft es im Kfz-Gewerbe derzeit bestens. Ob das auch für das langjährige Sorgenkind, die Werkstattkette ATU, gilt, wird sich erst in den nächsten Wochen herausstellen.

Mehr als 45 Millionen Autos sind auf deutschen Straßen unterwegs, im Durchschnitt sind sie älter als neun Jahre. Da sind vermehrt Wartung und Reparaturen fällig. Im zweiten Quartal waren mehr als 93 Prozent der Werkstätten zumindest zufrieden mit dem Geschäft, die meisten waren besser ausgelastet als saisonüblich. Der Geschäftsklimaindex für die aktuelle Lage im Kfz-Gewerbe stieg nach Angaben seines Zentralverbandes (ZDK) „auf den höchsten bisher gemessenen Stand“.

Knapp die Hälfte der Werkstätten ist bei den Autoherstellern unter Vertrag, rund 21 000 sind freie Werkstätten. Dazu zählen auch Ketten wie Bosch Car Service, 1a Autoservice, Vergölst - oder ATU in Weiden in der Oberpfalz.

Mit einer Milliarde Euro Jahresumsatz, 10 000 Mitarbeitern und 600 Werkstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehört ATU auch nach einer Schrumpfkur immer noch zu den Großen der Branche. Aber das Unternehmen verdient kein Geld.

In der Vergangenheit hatte ATU mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Konkurrenten warfen der Kette Dumping-Preise vor oder kritisierten, die Kette verwende keine Originalteile. Ein ATU-Sprecher sagt, das Unternehmen positioniere sich beim Preis 20 Prozent unter den Vertragswerkstätten, bei vergleichbarer Qualität. „Bei den ADAC-Werkstatt-Tests hat ATU in der Vergangenheit mitunter schlecht abgeschnitten. Es war einiges rot“, sagt Arnulf Thiemel, der diese Überprüfungen jahrelang betreut hat. Aber beim letzten Test schnitten die meisten ATU-Werkstätten gut ab.

Das Problem ist ein ganz anderes: Seit Jahren schon zahlt das Unternehmen enorm hohe Mieten für die Werkstätten und Ladenräume.

Firmengründer Peter Unger hatte ab 2002 zunächst das Unternehmen, dann getrennt davon die Immobilien verkauft. Nach vielen Eigentümer- und Chefwechseln gehört ATU heute einer Investorengruppe um den Hedgefonds Centerfold. Und muss Unternehmenskreisen zufolge bis zu 12 Euro Miete pro Quadratmeter zahlen statt marktüblicher 4 Euro. Über „Wuchermieten“ schimpft ein Insider.

Die Mieten sind auch das große Hindernis, das einer Übernahme von ATU durch die französische Werkstattkette Mobivia im Weg steht. Die Finanzinvestoren wollen aussteigen und die Franzosen auf dem deutschen Markt Fuß fassen, damit sie ihre Marktführerschaft in Europa ausbauen. Die Arbeitsplätze und ATU-Standorte in Deutschland sind damit nicht bedroht. Zusammen könnten Mobivia und ATU auch günstigere Einkaufspreise bekommen oder bei der Logistik Geld sparen.

Ende September wurde der Kaufvertrag unterschrieben - aber mit einem Vorbehalt: Mobivia macht zur Bedingung, dass sich ATU mit seinen Vermietern auf die „Reduzierung der Mietkosten auf marktübliche Niveaus einigt“. Sonst platzt der Deal.

Scheitern der Verhandlungen unwahrscheinlich

Die Verhandlungen seien schwierig, ein Scheitern „theoretisch nicht auszuschließen“, sagte ein ATU-Sprecher. Aber das sei unwahrscheinlich, denn die Immobilien seien zum Teil maßgeschneidert für die Kfz-Werkstätten.

Politik und Arbeitnehmervertreter verfolgen die Verhandlungen gespannt, halten sich aber bisher bedeckt. „Egal, was passiert - die Zeit der paradiesischen Mieten ist vorbei“, hieß es aus Branchenkreisen. Die meisten Mietverträge liefen in drei Jahren aus. Für einen Nachmieter müssten die Vermieter die Kfz-Werkstatträume erst mal umbauen, und kein Mode- oder Matratzenladen würde mehr zahlen als die marktübliche Miete.

Die Immobiliengesellschaft Lino und die Deutsche Bank hätten bereits Mietzahlungen gestundet und seien sich klar, dass sie sich bewegen müssten, hieß es aus Branchenkreisen. Vielleicht müssten auch die ATU-Eigentümer oder der Käufer Mobivia noch ein Stück entgegenkommen. „Eine Insolvenz von ATU wäre der „Worst Case“ für alle“, hieß es aus dem Umfeld. Viel Zeit bleibe zwar nicht mehr - bis Weihnachten will Mobivia die Übernahme abgeschlossen haben. Aber „es steht nicht Spitz auf Knopf“. An diesem Dienstag tagt der ATU-Aufsichtsrat wieder.