Uwe Thaler fertigt für 30 Narrenzünfte Masken an. Etwa die Hälfte davon – darunter auch die Maske der Weilemer Hörnleshasa – hat er selbst entworfen. Foto: Leonie Schüler

Uwe Thaler schnitzt für die Hörnleshasa die Narrenmasken. Für ihn ist die Arbeit mit dem Holz eine Kunst und eine Leidenschaft. Über 3000 Masken hat er bereits geschnitzt. Ein Besuch in der Werkstatt.

Weilimdorf/Altensteig - Für zahlreiche Narrenzünfte im Land beginnt nun wieder der Ausnahmezustand. Traditionell am Dreikönigstag werden Holzmasken und Häs abgestaubt, und dann geht’s los zu Umzügen, Rathausstürmen und anderen Brauchtumsveranstaltungen. Für den Holzbildhauer Uwe Thaler hingegen kehrt nun wieder etwas Ruhe ein. Die Wochen zuvor war Hochbetrieb in seiner Werkstatt in Altensteig im Schwarzwald. Viele der 30 Narrenzünfte, die zu seinen Kunden gehören, haben neue Masken in Auftrag gegeben oder beschädigte reparieren lassen – und alles musste zum Start der Kampagne fertig werden. Auch die Weilemer Hörnleshasa lassen ihre Hasenmasken bei Uwe Thaler anfertigen. „Das ist mit den langen Ohren und den kleinen Hörnle eine der kompliziertesten Masken. Da schafft man anderthalb bis zwei Tage dran“, sagt der 51-Jährige.

Seinen Beruf hat Uwe Thaler im Familienbetrieb erlernt. Sein Urgroßvater hatte die Holzbildhauerei 1912 gegründet. Damals gehörten zu den Aufträgen vor allem Ornamente oder andere hochwertige Möbelverzierungen. Ihre Hochzeit erlebte die Werkstatt in den 70er Jahren. „Damals wollte jede Gaststätte eine Jagdstube oder ein Bauernstüble haben“, erinnert sich Thaler. Sein Vater beschäftigte zeitweise zehn Mitarbeiter. Als Uwe Thaler selbst in den Betrieb einstieg, war diese Mode bereits am Abklingen. Inzwischen sind seine Auftraggeber überwiegend Narrenzünfte, ab und zu fertigt er auch Wegzeiger, Grabkreuze oder Kirchenbänke an. „Es ist ein wunderschöner Beruf, aber es ist was, das man nicht unbedingt braucht. Reich werden tut man damit nicht.“ Vor allem liebt Uwe Thaler seinen Werkstoff: „Mit Stein kann ich mich nicht so anfreunden. Holz ist ein viel schöneres Material, es ist weicher und strahlt Wärme aus.“

Ein Mann, der sich mit dem Holz versteht

Etwa die Hälfte der 30 Maskenformen, die Thaler anfertigt, hat er selbst entworfen. Hierfür modelliert er den ersten Entwurf aus Knete. Ist die Narrenzunft mit der Form einverstanden, gießt er das Modell mit Kunststoff aus. Alle späteren Masken werden nach diesem Vorbild geschaffen.

Doch schon Jahre, bevor es mit dem Schnitzen losgeht, beginnt für Uwe Thaler die Arbeit. Dann geht er mit dem Förster in den Wald und sucht passende Stämme aus. „Ich mache nur Schnitzerei von Bäumen, die ich persönlich gut gekannt habe“, sagt er und lacht. Für Narrenmasken kommen Linden oder Weimutskiefern in Frage, da es ein weiches Holz ist, das sich gut bearbeiten lässt. In Thalers Holzlager ruhen die in 70 Millimeter dicke Bretter gesägten Stämme dann drei bis vier Jahre lang. „Die natürliche Trocknung ist wichtig. Das Holz braucht Zeit“, ist er überzeugt. Jeweils in Größe einer Maske sägt er sich ein Stück Holz von einem der Bretter ab.

Zurück in seiner 180 Quadratmeter großen Werkstatt sägt er die grobe Form der künftigen Maske aus. Das macht er zweimal und leimt anschließend beide glatt gehobelten Blöcke aufeinander. „Vor 200, 300 Jahren wurden die Masken noch aus einem einzigen Klotz geschnitzt. Der Nachteil war, dass da noch Äste oder Risse im Holz waren. Bei den dünneren Brettern kann ich das rausschneiden“, erklärt der Kunsthandwerker.

Mit viel Fingerspitzengefühl und Eisen ans Werk

Im Heizraum trocknen die zusammengeleimten Klötze nun mindestens vier Stunden, meistens sogar über Nacht. Anschließend schlägt Uwe Thaler mit einem Tiroler Eisen – einer Art geschwungener Spachtel – die Gesichtsform der späteren Maske grob zu. Dann spannt er den Klotz zusammen mit fünf anderen Rohlingen und einem Fräsmodell in eine Kopierfräsmaschine. Das mechanische Gerät hat Thalers Vater 1975 angeschafft. „Für mich ist es heute noch optimal. Es gibt zwar inzwischen auch vollautomatische Kopierfräsmaschinen, aber das rechnet sich bei meiner Stückzahl nicht.“ Mit einem Kopierstift fährt der Holzbildhauer an dem Fräsmodell, also dem Hasengesicht, entlang. Die parallel gesteuerten Frässtifte gehen die Bewegung mit und bearbeiten so die sechs Fräsrohlinge gleichzeitig. Langsam entstehen an der Innenseite Höhlen für die Köpfe der Maskenträger, außen nehmen die Masken die typischen Formen der Hasen-, Hexen- oder Teufelsnarren an. „Dabei braucht man viel Fingerspitzengefühl“, sagt Thaler.

Für den Moment sehen nun alle Masken einer Narrenzunft gleich aus, doch beim nächsten, aufwendigsten Arbeitsschritt, dem feinen Schnitzen von Hand, bekommt jede ihre individuelle Note. „Jede Maske soll ein kleines bissle anders gestaltet werden“, betont der 51-Jährige. Die Falten auf der Stirn, die Warze am Kinn, die Nasenkrümmung oder bei den Hörnleshasen die Form der Ohren gestaltet Thaler bei jeder Maske anders. Mit verschieden großen Schnitzwerkzeugen – Flach-, Rund- oder Stecheisen – bearbeitet er das Holz. Spuren von der Fräsmaschine bleiben keine zurück. „Am Ende ist kein Fleck unbearbeitet.“ Dann werden Augen- und Nasenlöcher in die Masken gebohrt. In die Seiten kommen Schlitze, wo Gummibänder durchgeführt werden können.

Seine ganz eigene Kunst und Leidenschaft

Ganz zum Schluss werden die Narrenmasken bunt bemalt. „Früher wurden sie mit deckenden Ölfarben bemalt. Aber ich finde es schade, wenn man die schöne Holzmaserung zukleistert.“ Daher nimmt er wasserverdünnbare Acrylfarben, durch die das Holz noch zu erkennen ist. An manchen Stellen schmirgelt er die Farbe sogar wieder ein wenig ab. Anschließend schattiert er die Bemalung mit einer Eichenlasur, welche die Farben etwas matter aussehen lässt.

Andere Masken sind nun fertig, doch bei den Hörnleshasen fehlen noch einige Details. Zum einen die markanten Hasenohren, die Thaler separat anfertigt und dann mit Dübeln und Leim an der Maske anbringt. Außerdem die Hörnle: „Das sind richtige Hörnle von Rehböcken. Die bekomme ich auf Flohmärkten.“ Sie werden von innen an die Maske geschraubt. Ganz zum Schluss klebt der Kunsthandwerker noch einen Schnurrbart aus Wildschweinborsten unter die Hasennasen.

Ist all das erledigt, kommen die künftigen Narren zum Anprobieren vorbei. Dabei wird geprüft, ob die Maske drückt, ob der Träger gut durchschauen kann und ob er gut Luft bekommt. Ein wichtiges Detail, denn: „Manche sind schon ohnmächtig geworden.“ Passt alles, kann die Maske mitgenommen werden – allerdings nicht, bevor Uwe Thaler noch ein Erinnerungsfoto gemacht hat. Rund 3000 Masken hat er in all den Jahren geschnitzt, und trotzdem hängt er an jeder einzelnen. „Am liebsten sind mir die freundlichen Masken“, sagt er. Selbst geht er allerdings auf keine Fasnetsumzüge. „Ich habe das ganze Jahr über Masken zum Probieren auf, da muss ich nicht auch noch an Fasnet eine tragen.“