Die Gäste der Uni Stuttgart gemeinsam mit Werk-8-Geschäftsführerin Sevil Özlük Foto: Torsten Ströbele

Studenten der Uni Stuttgart haben sich dem Quartier rund um die Mauserstraße angenommen.

Feuerbach - Das Areal rund um die Mauserstraße ist in den Fokus der Universität Stuttgart geraten. Seit wenigen Tagen beschäftigen sich mehr als 30 Architekturstudenten bis Mitte Juli intensiv mit dem rund 30 000 Quadratmeter großen Gelände im Feuerbacher Gewerbegebiet. „Wir wollen ein vielschichtiges Porträt und Perspektiven für die Entwicklung dieses multikulturellen Quartiers erarbeiten“, sagt Diplom-Ingenieur Luigi Pantisano vom Städtebau-Institut der Uni Stuttgart. Die Ideen und Visionen der Studenten sollen dann im Juli im Rahmen einer Ausstellung präsentiert werden.

Die Studenten werden nun in der ersten Phase des Projekts den Ist-Zustand des Areals analysieren. „Dabei geht es nicht nur um den baulichen Zustand“, sagt Professorin Antje Stokman vom Institut für Landschaftsplanung und Ökologie der Uni Stuttgart. Und Pantisano ergänzt, dass auch die kreativen Potenziale und integrativen Leistungen von Menschen mit Migrationshintergrund hier sichtbar gemacht werden sollen.

„Unsere These ist, dass die Stadtgesellschaft aufgrund ihrer verkrampften Sicht und der Furcht vor Gettobildung und Parallelgesellschaften die positiven Beiträge unterschiedlicher Gruppen mit Migrationshintergrund bisher zu wenig wahrgenommen hat“, sagt der Diplom-Ingenieur. Dabei würden diese Gruppen einen zunehmend wichtigeren Beitrag zur Stadtentwicklung und urbanen Vielfalt leisten. „Und uns interessiert auch, was rund um die Mauserstraße angeboten wird und wie sich das Gelände im Kontext zu seiner Nachbarschaft, zum Stadtbezirk und zur Landeshauptstadt darstellt.“

Zwölf Monate in Stuttgart und zwölf Monate in Kairo

Zudem wolle man in Erfahrung bringen, welche Menschen das Areal nutzen und wie sie das tun. „Dafür werden die Studenten viel unterwegs sein, Leute befragen und Interviews führen“, sagt Stokman. Danach gehe es in den Phasen zwei und drei des Projekts darum, neue Ideen zu Papier zu bringen. „Klar wird sein, dass in dieser Kürze der Zeit keine fertigen und fundierten Konzepte erarbeitet werden können“, sagt Pantisano. Aber Denkanstöße und neue Sichtweisen könne man sicherlich liefern.

Mit diesem Projekt betritt die Uni Stuttgart auch ein Stück Neuland. Der Großteil der Studenten belegt den neuen deutsch-arabischen Masterstudiengang „Integrated Urbanism and Sustainable Design“ (Integrierter Städtebau und nachhaltige Planung). Die ersten Absolventen verließen die Uni im vergangenen September. Zwei Jahre dauert das Studium – jeweils zwölf Monate wird in der Landeshauptstadt und in Stuttgarts Partnerstadt Kairo gelernt.

„Wir haben zwar in jedem Semester so ein Projekt geplant, aber so nah wie hier waren wir noch nie am Objekt dran“, sagt Stokman. Untergekommen sind die Studenten nämlich in direkter Nachbarschaft, in Räumen des ehemaligen Behr-Werks 8. Dort, wo die Werk-8-Geschäftsführerin Sevil Özlük für die Investoren Halil Selvi und Halil Aydin gerade akribisch an der Eröffnung eines neuen Kreativzentrums arbeitet, werden die Studenten mindestens vier oder fünf Tage in der Woche an ihrem Projekt arbeiten.

„Im Werk 8“ wird am 22. Mai eröffnet

„Wir sind froh, hier kostenlos Arbeits- und Atelierräume zur Verfügung gestellt zu bekommen“, sagt Pantisano. Man habe sich explizit für das Quartier rund um die Mauserstraße entschieden, weil dort Urbanität gelebt und gestaltet werde. „Hier überlagern sich ökonomische, kulturelle, religiöse, soziale Themen, Fragen der Ästhetik und der öffentlichen Wahrnehmung sowie städtebauliche Themen in enger Verzahnung mit politischen Prozessen“, sagt Pantisano. Gerade auch die Veränderungen im Werk 8 und der Einzug der Künstler sei ein spannender Anlass, um sich mit diesem Gebiet, seiner Zukunft und der Bedeutung für Stuttgart zu beschäftigen.

Am 22. Mai feiert das Werk 8 übrigens die Genehmigung seines Kreativzentrums und den offiziellen Startschuss an der Siemensstraße. Unter anderem wird Oberbürgermeister Fritz Kuhn zu Gast sein.