Eingaben der Lobbyisten gegen die geplanten Maßnahmen der EU werden ab sofort im Internet veröffentlicht. Foto: dpa

Auch bei den Werbeverboten gibt die CSU-Politikerin nicht auf: Ilse Aigner besteht darauf, dass künftig nicht mehr im Kino und auf Außen-Plakaten für Zigaretten geworben werden darf.

Berlin - Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hält – sehr zum Ärger ihres Kabinettskollegen – Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), weiter an ihrer Forderung fest, die Tabak-Werbung im Kino und auf Außenplakaten komplett verbieten zu wollen. Ein Ministeriumssprecher erklärte im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten, dass Deutschland bei diesem Thema großen Nachholbedarf habe: „Deutschland befindet sich in einer Sonderrolle: Alle anderen EU-Mitgliedsstaaten haben bereits das vollständige Verbot der Außenplakat- sowie Kinowerbung umgesetzt – Deutschland nicht.“

Zur Erinnerung: Deutschland ist bereits im Jahr 2005 dem Übereinkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO beigetreten und hat sich damit verpflichtet, binnen fünf Jahren ein umfassendes Verbot der Tabakwerbung zu erlassen. Aigner hatte sich bereits wiederholt für das Werbeverbot stark gemacht, war damit allerdings stets am Widerstand der FDP gescheitert. Die FDP hatte sich auch auf eine Klausel im Koalitionsvertrag berufen, wonach weitere Produkt- und Werbeverbote abgelehnt werden.

Aigner will aber nicht aufgeben. In einem aktuellen Vermerk aus ihrem Haus, der den Stuttgarter Nachrichten vorliegt, heißt es : „Ein Verbot der Außen- und Kinowerbung für Tabakerzeugnisse dient dem Gesundheitsschutz sowie dem Jugendschutz. Das belegen auch zahlreiche wissenschaftliche Studien, wonach insbesondere die Außenwerbung für Tabakerzeugnisse Jugendliche zum erstmaligen oder zusätzlichen Rauchkonsum motiviert. Deshalb hält das Ministerium weiter an dieser Forderung fest.“ Und Aigner selbst sagte: „Zigaretten sind gesundheitsgefährdende Produkte. Wir stehen zu dem Ziel, den Schutz der Menschen vor gesundheitlichen Schäden, die durch Tabakkonsum verursacht werden, zu verstärken.“

Aigner: „Jeder soll wissen, welche Interessengruppe welche Haltung einnimmt“

Aigner geht es nicht nur um die Tabakwerbung. Sie will zudem für mehr Transparenz im Zusammenhang mit der Arbeit der Tabak-Lobby sorgen. Nach Informationen unserer Zeitung stellt ihr Ministerium ab sofort alle Stellungnahmen ins Netz, die Lobbyisten der Tabakbranche im Zusammenhang mit der geplanten Neufassung der Tabakproduktrichtlinie durch die EU-Kommission abgegeben. Aigner sagte dazu: „Die Debatte muss raus aus den Hinterzimmern. Wir müssen die Diskussion über einen besseren Schutz der Menschen vor den Gefahren des Rauchens offensiv und öffentlich führen. Deshalb setze ich auf volle Transparenz.“ Und weiter: „Jeder soll wissen, welche Interessengruppe welche Haltung einnimmt.“

Auf der Seite (www.bmelv.de/tabakproduktrichtlinie) ist zum Beispiel zu lesen, wie der Zigarettenverband (DZV) beim Thema agiert. In seiner Stellungnahme, die er bei einer mündlichen Anhörung im März abgegeben hat, wird deutlich, dass der Branchenverband eine weitere Regulierung für überflüssig hält. Die jetzigen Vorschriften seien sehr erfolgreich und hätten dazu geführt, dass die Raucherquoten bei Jugendlichen unter 18 halbiert worden seien. Im O-Ton hört sich das so an: „Wir halten den von der EU-Kommission beschlossenen Richtlinienentwurf aus einer Vielzahl von Gründen für unangemessen und unverhältnismäßig.“

Auf einer ähnlichen Linie wie die Grünen

Die Zigarettenhersteller versuchen derzeit, über intensives Lobbying in Berlin und Brüssel noch Einfluss zu nehmen auf die Ausgestaltung der neue Tabakproduktrichtlinie aus Brüssel. Die Kommission hatte im Dezember unter anderem vorgeschlagen, dass die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln und Tabakprodukten deutlich größer werden und künftig zwei Drittel der Packung einnehmen sollen. Auch so genannte Schockfotos mit Aufnahmen von Tumoren, deren Entstehung durch den Tabakkonsum begünstigt werden, sind vorgesehen. Mentholzigaretten sollen ganz verboten werden. Außerdem sollen alle Zusatzstoffe, die den eigentlichen Geschmack des Tabaks überdecken, künftig nicht mehr erlaubt sein.

Mit ihrem Kurs beim Thema Zigaretten verärgert Aigner zwar ihren liberalen Koalitionspartner – dafür ist sie aber auf einer ähnlichen Linie wie die Grünen. Die Grünen haben vor einigen Tagen einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Sie fordern die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für eine Verschärfung der Tabakregulierung stark zu machen. Die Regierung solle etwa dafür sorgen, dass der Verkauf per Zigarettenautomat verboten wird.