Thomas Bareiß, der Vorsitzende des CDU-Bezirks Foto: dpa

Mit dem Weggang von Thomas Strobl aus Berlin würde der Vorsitz der Südwest-Landesgruppe in der Unionsfraktion frei. Eine begehrte Position, die Einfluss verspricht.

Berlin - Es ist das heißeste Thema, das derzeit unter den Parlamentariern in der Unionsfraktion des Deutschen Bundestages diskutiert wird: Wer wird – sollte es zu Grün-Schwarz in Baden-Württemberg kommen – Nachfolger von Thomas Strobl als Vorsitzender der Südwest-Landesgruppe. Das ist keine Nebenensache. Die Landesgruppe ist einflussreich, ihr Chef kann inhaltlich und personell in der Fraktion Weichen stellen. Kein Wunder, dass der Posten begehrt ist. Aber die Sache ist kompliziert. Wer in Berlin etwas wird, kann erst entschieden werden, wenn klar ist, wer in Stuttgart Karriere macht.

Bei den Bundestagsabgeordneten aus dem Südwesten richten sich deshalb zunächst alle Blicke auf Thomas Bareiß. Wohin führt sein Weg? Den CDU-Vorsitzenden des Bezirks Württemberg-Hohenzollern zieht es nach Stuttgart, falls für ihn im Zuge der Regierungsbildung ein Platz im Kabinett abfiele. Wirtschaftsminister – das wäre sicher nach seinem Geschmack. Bareiß steht in Berlin vor einem gewissen Dilemma. Einerseits wird der 41-jährige in der Fraktion als kompetenter Wirtschaftsfachmann anerkannt und genießt auch bei denen in Fraktion und Landesgruppe Respekt, die in gesellschaftspolitischen Fragen weniger konservative Positionen einnehmen als er. Andererseits sind dem Wirtschaftsexperten in Berlin weitere Aufstiegsmöglichkeiten erst einmal versperrt. Joachim Pfeiffer (Waiblingen) ist der – durchaus profilierte – wirtschaftspolitische Sprecher. Christian von Stetten (Hohenlohe) ist Chef des Parlamentskreises Mittelstand der CDU, zudem ist der NRW-Abgeordnete Carsten Linnemann ein selbst- und machtbewusster Bundesvorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung. Naheliegend, dass Bareiß auf den Gedanken kommt, dass seine Perspektiven eher in der Landespolitik liegen könnten.

Es gibt also zwei Möglichkeiten. Variante 1: Bareiß bleibt in Berlin. Dann gilt es als sehr wahrscheinlich, dass er nach dem Landesgruppenvorsitz greift. Es wäre eine reizvolle neue Plattform für einen, der sich ein wenig blockiert fühlt. Seine Chancen stünden gut. Ihm käme zugute, dass er flügelübergreifend Zustimmung erfährt: wichtig in einer Landesgruppe, die die Flüchtlingskrise in eine Zerreißprobe geführt hat. Bezeichnend, dass sich die Stuttgarter Abgeordnete Karin Maag, sicher in der Flüchtlingsfrage anders positioniert als Bareiß, gegenüber unserer Zeitung schon festlegt: „Wenn Bareiß für den Landesgruppenvorsitz antritt, würde ich ihn wählen.“

Variante 2: Bareiß geht nach Stuttgart. Dann wären die Karten neu gemischt und die die Südwest-Parlamentarier müssten eine grundsätzliche Frage klären: Will man mit der Personalentscheidung einer neuen politischen Kraft aus den eigenen Reihen eine interessante Startbasis verschaffen, oder setzt man darauf, erst einmal bis zum Ende der Legislaturperiode die in Unruhe geratene Landesgruppe zu befrieden. Wer auf Konsolidierung setzt, kommt fast zwangsläufig auf den Namen Norbert Barthle. Der parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium hatte schon gegen Thomas Strobl den Hut in den Ring geworfen, war aber in der Abstimmung unterlegen. Dass Barthle erneut in einer Kampfabstimmung antritt, gilt als unwahrscheinlich. Aber gegenüber unserer Zeitung sagt er: „Ich dränge nicht nach einem neuen Ehrenamt, aber wenn die ganze Landesgruppe das wollte, würde ich nachdenken.“

Im Klartext: Barthle stünde zur Verfügung. Vielleicht aber kommen die Mitglieder der Landesgruppe zum Entschluss, lieber einem neuen Hoffnungsträger eine langfristige Perspektive zu verschaffen. Dann richteten sich die Blicke vor allem auf die in Berlin verbliebenen zwei Bezirksvorsitzenden aus dem Südwesten, Steffen Bilger (Nordwürttemberg) und Andreas Jung (Südbaden). In der Landesgruppe gälte eine Bewerbung Bilgers als durchaus chancenreich. Eine Kampfkandidatur der beiden wird es aber nicht geben.

Weniger im Fokus steht bislang die Frage, wer von Thomas Strobl das Amt eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden übernehmen könnte. Immer wieder gehörter Name: der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Rhein-Neckar, Stephan Harbarth.