Ermitteln nur noch bis 2016: Die Hauptkommissare Blum (Eva Mattes) und Perlmann (Sebastian Bezzel) Foto: SWR-Pressestelle/Fotoredaktion

Nach dem Aus für den „Tatort“ vom Bodensee wollen mehrere Städte fester Standort der ARD-Krimireihe werden. Neben Freiburg haben sich auch Ulm, Baden-Baden und Bad Wildbad ins Gespräch gebracht.

Baden-Baden - Ein guter Krimi kann eigentlich überall spielen: Menschliche Abgründe tun sich in Baltmannsweiler genauso auf wie in Berlin. Doch die Tradition der „Tatort“-Reihe verlangt es, die allsonntägliche Gänsehaut mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit zu verbinden. Bei jedem Kameraschwenk über den Stuttgarter Talkessel rückt das Böse so noch ein Stück näher an den Fernsehsessel heran.

Außerdem freuen sich Lokalpatrioten und kommunale Wirtschaftsförderer. Denn wenn acht, neun oder gar zwölf Millionen Menschen via ARD verfolgen, in welch aufregender (wahlweise: idyllischer, pittoresker) Umgebung die Kommissare und Pathologinnen ihre Arbeit tun, ist das so viel wert wie ein teurer Werbespot.

So verwundert es nicht, dass die Ankündigung des SWR, den Bodensee- „Tatort“ mit Hauptdarstellerin Eva Mattes 2016 auslaufen zu lassen, in den Rathäusern des Landes mit großer Aufmerksamkeit gelesen wurde. Der Sender sucht schließlich einen neuen, festen Spielort für die ARD-Reihe – das kann kein Stadtoberhaupt kaltlassen.

Freiburg hat die Chance am schnellsten erkannt und schon mal ein kleines Exposé seiner Vorzüge verbreitet. Die badische Unistadt biete „Tatort“-Ermittlern die passende Kulisse und die nötige Infrastruktur, befand der städtische Wirtschafts- und Tourismusförderer. Durch die Nähe zu Frankreich und der Schweiz gebe es außerdem die Möglichkeit, internationale Fälle zu erzählen. Hinzu kämen optische Reize, unverbrauchte Motive, aufgeschlossene Menschen, kurze Wege . . . Warum ist Freiburg eigentlich nicht schon längst „Tatort“-Standort?

Da darf Baden-Baden nicht zurückstehen. Vom Ufer der Oos dringen ebenfalls lockende Klänge: Variationen über Kurhaus, Kasino und so weiter. Auch dass die Stadt schon einmal fester Schauplatz für die TV-Reihe war, wirft man in die Waagschale. Das weiß man allerdings nirgendwo besser als auf der Baden-Badener Funkhöhe. Also dort, wo SWR-Redakteure an der neuen Reihe tüfteln und sich irgendwann im Lauf des Jahres für einen neuen Standort entscheiden. „Bewerbungen spielen keine Rolle, die Städte können auf die Entscheidung keinen Einfluss nehmen“, sagt eine SWR-Sprecherin kühl.

Das hindert aber weder Ulm noch Bad Wildbad daran, sich ins Gespräch zu bringen. Der Schwarzwald insgesamt könne doch Schauplatz für den „Tatort“ werden, schlägt der Wildbader Oberbürgermeister vor. Noch ist ja alles drin: „Es gibt noch keine Präferenz“, sagte kürzlich SWR-Intendant Peter Boudgoust.

Ganz so offen ist die Sache allerdings auch nicht. Auf Nachfrage teilt die Film- und Kulturchefin Fernsehen des SWR, Martina Zöllner, mit: „Grundsätzlich kommen alle Städte unseres Sendegebiets infrage, in denen es in der Realität Polizeipräsidien oder Landeskriminalämter gibt.“ Wichtig sei auch, wie ergiebig eine Stadt oder Region „im Hinblick auf spannende, glaubwürdige Fallgeschichten“ sei.

Daraus lässt sich mehrerlei schließen. Erstens: Die grün-rote Polizeistrukturreform, die drei Dutzend Polizeidirektionen zu zwölf Präsidien verschmolzen hat, ist in den Krimiredaktionen angekommen. Das bedeutet aber, dass theoretisch auch Aalen und Tuttlingen als neuer „Tatort“-Standort infrage kommen, denn auch dort sind Polizeipräsidien angesiedelt.

Ein Landeskriminalamt allerdings gibt es nur in Stuttgart – und das ist ja bereits gebucht. „Aber auch in Mainz“, ergänzt man leise beim SWR. Nein, es gebe keinen Automatismus, dass der „Tatort“ nach Baden-Württemberg komme, denn das Sendegebiet umfasse auch die Pfalz. Nach Ludwigshafen also auch noch Mainz? Das würde rechts des Rheins ein mittleres Beben auslösen.

Bleibt noch die Sache mit den „spannenden Fallgeschichten“. Da dürfte Freiburg die Nase vorn haben. Denn bei Kapitalverbrechen liegt die Stadt an der Spitze. Nirgendwo kommen mehr Opfer auf die Einwohnerzahl als an der Dreisam – das muss die „Tatort“-Redakteure doch beeindrucken. So hat eben alles zwei Seiten. Falls es mit dem festen Standort nicht klappt, erhält Freiburg immerhin einen Trostpreis: Der SWR plant ein einmaliges „Tatort“-Special mit Heike Makatsch in der Hauptrolle. Das wurde allerdings schon mehrfach verschoben.