Scott Nelson ist Magier und Komiker in einer Person, seine Partnerin Muriel Brugman nicht nur Assistentin. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Scott Nelson ist Magier und Komiker in einer Person, seine Partnerin Muriel Brugman nicht nur Assistentin. Sie bildet den komischen Gegenpol zu ihrem Partner, ohne den die Nummer des amerikanisch-niederländischen Duos beim diesjährigen Weltweihnachtscircus nicht funktionieren würde.

Stuttgart - Ziemlich nervtötend, diese Muriel. Sie piepst und quiekst wie überdrehte Frauen in Seifenopern des US-Fernsehens. Könnte sein, dass sich mancher Ehemann im Publikum an zu Hause erinnert fühlt. Könnte auch sein, dass sich mancher wünscht, wie Scott Nelson auch mal mit der Säge Hand an die Ehefrau anlegen zu dürfen.

Scott zersägt Muriel natürlich nicht wirklich. Auch dass seine Partnerin in einer Kiste verschwindet und – schwupp – plötzlich irgendwo im Publikum auftaucht, ist eine klassische Nummer, wie man sie von vielen Magiern kennt. Doch Scott Nelson lässt nicht wie sein berühmter Kollege Hans Klok schöne Frauen mit großer Geste verschwinden. Er und seine Partnerin haben die bekannte Magier-Nummer um ein komisches Element erweitert. Slapstick-Magie nennen die beiden ihre Variante der Illusion.

Dass Scott und Muriel 2014 im Weltweihnachtscircus auf dem Cannstatter Wasen auftreten, kann eigentlich nicht sein. Denn es bedurfte einiger Zufälle, dass einerseits Scott zum komischen Magier wurde und zudem sich die beiden zum Duo zusammenfanden. „Es gab ein paar Momente, die meinem Leben eine andere Richtung gegeben haben“, sagt Scott Nelson. So ist er vor mehr als 20 Jahren auf dem besten Weg, Mathematiklehrer zu werden.

Schon damals gibt er immer wieder ein bisschen den Klassenclown. „Meine Professoren an der Uni waren natürlich nicht sonderlich glücklich darüber, dass ich ständig Quatsch machte.“ Da sich mit seiner komischen Ader die Studentenkasse aufbessern lässt, verdingt sich Scott Nelson als Straßenkünstler – als ihn zufällig ein Agent beobachtet. Sechs Monate später sitzt er im Flieger nach Japan. Dort erhält er ein Engagement in einem Freizeitpark nahe Nagasaki.

Seine Partnerin Muriel Brugman trifft Scott nicht minder zufällig. Genaugenommen ist die Verbindung das Ergebnis eines Missverständnisses. Mitte der 1990er Jahre, inzwischen in den Niederlanden zu Hause, steht für ihn fest: Ich will Illusion mit Slapstick kombinieren, mit einem Charakter, der Lacher erntet, weil vieles misslingt.

In einer Zeitung schaltet Scott Nelson ein Inserat und sucht – auch eine spaßige Nummer benötigt etwas fürs Auge – eine schlanke blonde Frau, „a slim blond woman“. Ein niederländischer Radiomoderator findet das lustig, weil slim im Niederländischen intelligent bedeutet. Blond, intelligent – wer weiß nicht um diesen Widerspruch, den Männer und Brünette so gerne konstruieren. Der Radiomann kennt die blonde Einradakrobatin Muriel Brugman, die diesem wenig schmeichelhaften Klischee kaum entspricht. Der Rest ist Zirkusgeschichte, Scott und Muriel werden ein Paar und arbeiten seit 1999 als Duo zusammen. Sie nennen sich „Accidential Illusionists“, was frei übersetzt Unfallzauberer bedeutet. Mit den Jahren kommt der Erfolg. Die beiden sind seitdem in 23 Ländern aufgetreten, haben zahlreiche internationale Preise gewonnen.

Eine Besonderheit an den Nummern der beiden: Muriel Brugman ist nicht hübsche Staffage. Sie gibt eine Art weiblichen Clown. „In der Manege witzig zu sein fällt Frauen schwer, weil es fast keine weiblichen Clowns als Vorbilder gibt, an denen sie sich orientieren könnten“, sagt Muriel.

Das Besondere bei Scott und Muriel ist auch, dass sie beim Verschwindenlassen mit den Ahnungen des Publikums spielen. Einmal klappt auf einem Tisch eine Kiste, in der Muriel liegt, zusammen. Natürlich hat sie sich in die Treppe gezwängt, die drunter an den Tisch angelehnt ist. Oder doch nicht? Der Gag wird dieser Stelle nicht verraten. Die eigentliche Illusion, durch die Muriel wie durch Zauberhand ins Publikum gelangt, behält Scott wie alle Illusionisten beim Interview für sich. Einen Zaubertrick zu kennen ist, als ob man die Weihnachtsgeschenke vor der Bescherung entdeckt hat und nun unterm Baum Überraschung vorgaukeln muss, sagen Scott und Muriel.

„Wir schützten nicht unser Geheimnis vor der Neugierde des Publikums. Wir schützen die Leute vor dem Geheimnis und bewahren ihnen ihr Staunen“, sagen sie. Manche Illusionisten haben das Zeug zum Philosophen.