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Die Konferenz beschloss am Samstagvormittag, die ausgehandelte Erklärung zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Damit hat der "Copenhagen Accord", der das wichtige Zwei-Grad-Ziel festschreibt, politische Verbindlichkeit.

Kopenhagen - Der Weltklimagipfel in Kopenhagen hat am Samstag in letzter Minute zumindest einen Minimalkonsens gerettet. Die Konferenz beschloss am Samstagvormittag, eine von Staats- und Regierungschefs ausgehandelte politische Erklärung zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Damit hat der "Copenhagen Accord", der das wichtige Zwei-Grad-Ziel festschreibt, politische Verbindlichkeit. Umweltschützer reagierten allerdings bestürzt darauf, wie wenig die zweiwöchige Konferenz gebracht hat.

Vor der Entscheidung war die Sitzung wegen eines Grundsatzstreits stundenlang unterbrochen gewesen. Gegen die von US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staatenlenkern ausgehandelte Schlusserklärung hatte es erheblichen Widerstand aus Entwicklungsländern gegeben - wegen des schwachen Inhalts, aber auch wegen des Verhandlungsverfahrens.

Verhandlungen extrem schwierig

Der Kompromiss von Obama, Merkel und rund 25 weiteren Staatenlenkern aus allen Regionen der Welt enthält wenig bis auf das Ziel, die Erwärmung der Erde auf unter zwei Grad zu begrenzen, und eine Finanzzusage der Industrie- an die Entwicklungsländer. Sie sollen zunächst zehn Milliarden Dollar pro Jahr, später bis zu 100 Milliarden Dollar bekommen.

Merkel sagte, es sei nicht gelungen, verbindliche Emissionsziele zu vereinbaren. So fehlt die Ansage, dass der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 halbiert werden muss, obwohl dies als Voraussetzung für das Zwei-Grad-Ziel gilt. "Die Verhandlungen waren extrem schwierig, und ich muss auch sagen, dass ich das Ergebnis mit sehr gemischten Gefühlen sehe", sagte Merkel in der Nacht. Letztlich habe sie zugestimmt, um ein völliges Scheitern abzuwenden. Der Weg zu dem eigentlich geplanten Weltklimaabkommen, also einem rechtlich verbindlichen UN-Vertrag, sei "noch sehr weit".

Nach dem Abflug der Staats- und Regierungschefs übernahm wieder das Plenum der 193 Staaten auf der UN-Konferenz die Debatte - und dort regte sich massiver Widerstand gegen die Vereinbarungen der Chefs. Zahlreiche Redner aus Entwicklungsländern übten in einer mehrstündigen Plenarsitzung heftige Kritik.

Der Delegierte aus dem pazifischen Inselstaat Tuvalu, der von ansteigenden Meeresspiegeln in seiner Existenz bedroht ist, erklärte, die Zukunft seines Landes stehe nicht zum Verkauf. Kuba, Bolivien und Venezuela beklagten, sie seien bei der Erarbeitung der Vereinbarung nicht gefragt worden.

Der sudanesische Vertreter Lumumba Di-Aping erklärte, der Entwurf hätte für Afrika verheerende Folgen. Er zog einen Vergleich zum Holocaust, was von anderen Delegationen verurteilt wurde. Allgemein wurde kritisiert, dass der Text unzureichend und nicht bindend sei.

Der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen als Gastgeber der Konferenz erklärte, der Kompromiss scheine nicht auf allgemeine Zustimmung zu stoßen. Er unterbrach die Sitzung, um einen Ausweg aus der diplomatischen Sackgasse zu suchen.

Umweltschützer enttäuscht

Umweltschutzorganisationen und Beobachter reagierten bestürzt auf den Minimalkonsens der Staats- und Regierungschefs. "Die Verhandlungen in Kopenhagen haben den ersehnten Durchbruch nicht geschafft", erklärte die deutsche WWF-Expertin Regine Günther. "Wir haben bisher weder den erhofften rechtsverbindlichen Vertrag noch eine weitreichende politische Erklärung, um den Klimawandel zu bekämpfen."

Der als historisch gewertete Klimagipfel in Kopenhagen war zwei Jahre lang vorbereitet worden. Das ursprüngliche Ziel, dort einen verbindlichen Vertrag zustande zu bekommen, wurde bereits Wochen vorher aufgegeben. Das Abkommen könnte nun frühestens Ende 2010 stehen. Für Mitte 2010 ist ein weiteres Treffen auf Ministerebene in Bonn geplant.