„Welt“-Korrespondent Deniz Yücel ist seit vergangenen Dienstag in Polizeigewahrsam. Foto: dpa-Zentralbild

Die türkischen Behörden verlängern den Polizeigewahrsam für den „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel. Die Bundesregierung drängt zwar auf eine schnelle Lösung, hält sich aber mit Forderungen zurück

Berlin - Die türkischen Behörden haben den Polizeigewahrsam für den Korrespondenten der deutschen Zeitung „Die Welt“, Deniz Yücel, um weitere sieben Tage verlängert. Das teilte das Blatt am Montag in Berlin mit. Die Bundesregierung drängte auf eine rasche Lösung, hielt sich aber mit der Forderung nach einer sofortigen Freilassung des Journalisten weiterhin zurück.

Yücel war am vergangenen Dienstag festgenommen worden. Nach den Regeln des in der Türkei seit dem Putschversuch vom Juli geltenden Ausnahmezustands dürfen Verdächtige bis zu sieben Tage ohne richterlichen Beschluss von der Polizei festgehalten werden. Eine Verlängerung auf insgesamt bis zu 14 Tage ist jedoch möglich, was die Staatsanwaltschaft am Montagnachmittag laut „Welt“ auch verfügte. Dem Korrespondenten, der sowohl die deutsche wie auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, werden dem Blatt zufolge Datenmissbrauch, Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dabei gehe es um Berichte Yücels über E-Mails des Energieministers Berat Albayrak, der ein Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist. In den Mails soll es um dubiose Geschäfte gehen. „Für uns ist der Fall Yücel deshalb von allergrößter Bedeutung, weil er für den Einsatz Deutschlands für die Pressefreiheit steht“, sagte Außenamts-Sprecher Martin Schäfer am Montag in Berlin. „Die Bundeskanzlerin, der Außenminister und das gesamte Auswärtige Amt stehen hinter dem Bemühen zu verhindern, dass Herr Yücel dauerhaft seine Freiheit verliert.“ Die Entscheidung dazu liege jetzt bei der türkischen Justiz, sagte Schäfer weiter. Dabei setze sich die Bundesregierung aber dafür ein, dass der Polizeigewahrsam für den Journalisten „nicht mehr länger fortdauert“ und Yücel auch anschließend „nicht in Untersuchungshaft kommt“.

Journalisten waren in der Türkei in den vergangenen Monaten Repressalien ausgesetzt

Der Bundesregierung liegen demnach offiziell keine eigenen Informationen darüber vor, was Yücel vorgeworfen werde. „Herr Yücel kann sich darauf verlassen, dass deutsche Stellen alles tun werden, um ihn konkret zu unterstützen“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der Berliner „tageszeitung“ (Dienstagsausgabe). „Jede Unterdrückung von kritischer Berichterstattung ist mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar“, hob Maas weiter hervor. Journalisten waren in der Türkei in den vergangenen Monaten wiederholt Repressalien ausgesetzt. Maas verknüpfte den Fall Yücel auch mit der Debatte um einen möglichen Auftritt Erdogans in Deutschland und der am Wochenende erfolgten Rede des Ministerpräsidenten Binali Yildirim in Oberhausen: „Wer bei uns die Meinungsfreiheit in Anspruch nimmt, muss auch selbst Rechtsstaat und Pressefreiheit gewährleisten“, sagte Maas der „taz“. Yilderim hatte vor Deutschtürken für die von Erdogan in der Türkei geplante Verfassungsänderung geworben, die seine Machtbefugnisse massiv ausweiten würde.

Die NRW-Landesregierung wandte sich gegen einen möglichen Auftritt auch Erdogans im Wahlkampf vor dem im April geplanten Verfassungsreferendum. Solche Auftritte könnten „den Keil der Spaltung weiter in unsere Gesellschaft treiben“, sagte Landes-Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Montag. Der Bundesregierung liegen nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert sowie auch des Auswärtigen Amts allerdings bislang keine Informationen über Reisepläne Erdogans nach Deutschland vor.