Der frühere Schalke-Manager Rudi Assauer (zusammen mit seiner Tochter Bettina) ist einer der bekanntesten Alzheimer-Patienten. Noch immer gibt es kein Heilmittel gegen diese Form der Demenz, sagen Forscher. Foto: dpa

Alzheimer ist mit rund 1,2 Millionen Patienten eine Volkskrankheit. Dennoch sind Umfragen zufolge viele Bundesbürger nur schlecht über diese Form der Demenz informiert. Experten klären anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages über Mythos und Wahrheit auf.

Alzheimer ist mit rund 1,2 Millionen Patienten eine Volkskrankheit. Dennoch sind Umfragen zufolge viele Bundesbürger nur schlecht über diese Form der Demenz informiert. Experten klären anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages über Mythos und Wahrheit auf.
 
Ist Alzheimer ansteckend?
Alzheimer ist keine Infektionskrankheit, weswegen sie nicht wie ein Schnupfen von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Allerdings haben Neuromediziner in Tierversuchen nachweisen können, dass die krankhaft veränderten Eiweiße, welche die Hirnzellen von Alzheimerpatienten schädigen, einen fatalen Dominoeffekt in gesunden Gehirnen auslösen können: Werden sie gesunden Affen gespritzt, zeigten sich in deren Gehirnen für Alzheimer typische krankhafte Veränderungen. Das bedeutet: Alzheimer kann sich über ähnliche Mechanismen ausbreiten wie Rinderwahnsinn – nur mit dem Unterschied: Rinderwahnsinn ist ansteckend, Demenzen wie Alzheimer nach dem heutigen Wissenstand nicht, sagt der Psychiater und klinische Demenzforscher Stefan Teipel vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen am Standort Rostock. Auch der Münchner Neuropathologe Armin Giese betont: „Es gibt keinen Hinweis, dass man sich mit Alzheimer beim sozialen Kontakt oder bei der Pflege von Patienten anstecken kann.“

Was sind Anzeichen von Alzheimer?
Wem der Name eines Kollegen nicht gleich einfallen will, muss nicht an Alzheimer erkrankt sein. „Überschreitet das Ausmaß der Vergesslichkeit einen gewissen Punkt – etwa wenn man wiederholt nicht nach Hause findet oder Dinge dahin verlegt, wo sie nicht hingehören –, ist sie krankhaft“, sagt Stefan Teipel. Insbesondere bei Alzheimerkranken gesellen sich zu Gedächtnislücken und Orientierungslosigkeit oft Sprachprobleme und Stimmungsschwankungen.
Kann man Alzheimer behandeln?
Die Pille gegen das Vergessen wird es wohl in naher Zukunft nicht geben – was vor allem daran liegt, dass die Forschung noch zu wenig über Alzheimer weiß. So ist bekannt, dass die Alzheimer-Demenz mit einer irreparablen Schädigung und Zerstörung von Nervenzellen einhergeht, so dass die Reizübertragung zwischen den Zellen gestört ist. Inzwischen gibt es Medikamente, sogenannte Antidementiva, die das Zusammenspiel und somit die Reizübertragung zwischen den Zellen wieder stabilisieren. Damit ist zwar keine Heilung möglich. Doch die Therapie kann das Fortschreiten der Hirnstörung verlangsamen und Symptome lindern.
Gibt es Tests zur Früherkennung von Alzheimer?
Nach wie vor sind die Ursachen der Erkrankung nicht bekannt, weshalb eine Früherkennung, noch bevor die Krankheit ausbricht, überaus schwierig ist. Nach Meinung des Alzheimer-Experten Stefan Teipel ist eine sichere Diagnose nur bei Menschen mit Demenz oder mit einer beginnenden Gedächtnisstörung möglich. So gibt es Bluttests, mit denen sich ein genetisches Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung nachweisen lässt. Doch diese Mutationen betreffen nur einen kleinen Teil der Patienten. Bei einem Großteil der Betroffenen wird die Diagnose Alzheimer von einem Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie anhand von verschiedenen medizinischen und neurologischen Tests gestellt. Weisen Patienten noch keine Demenz, aber eine beginnende Gedächtnisstörung auf, so können Tests mit Biomarkern bei der Diagnosefindung helfen. Dabei wird das Nervenwasser auf krankhafte molekulare Veränderungen untersucht. „Werden dabei Veränderungen im Gehirn nachgewiesen, die bei Alzheimer typisch sind, kann man davon ausgehen, dass 70 Prozent der Untersuchten in den kommenden zwei Jahren Alzheimer entwickeln“, sagt Teipel. Diese Tests taugen aber nicht als Früherkennungsuntersuchung bei Gesunden. „Es ist nicht bekannt, ob alle Menschen, bei denen es diese krankhaften Veränderungen im Gehirn gibt, auch tatsächlich Alzheimer bekommen.“ Mehr als 85 Prozent der Untersuchten, die sich im gesunden Zustand testen ließen, wiesen auch nach zwei bis drei Jahren keine Gedächtnisprobleme auf. Experten raten daher ab, auf Angebote aus dem Internet, sich auf sein Alzheimer-Risiko testen zu lassen, einzugehen.
Was kann Alzheimer begünstigen?
Studien, die versuchen herauszufinden, welche Risikofaktoren zu einer Alzheimer-Demenz führen können, sind aufgrund der langsamen Entwicklung der Krankheit schwierig. Bislang wurde in Untersuchungen hauptsächlich danach gefahndet, was sich im Leben und in der Lebensweise von Alzheimer-Erkrankten von gleichaltrigen Gesunden unterscheidet. Dabei kam beispielsweise heraus, dass überdurchschnittlich viele Alzheimer-Betroffene auch an Diabetes erkrankt sind. Doch allein mit dieser Beobachtung ist der Beweis, dass die Zuckerkrankheit auf Dauer zu Alzheimer führt, nicht erbracht. Bei anderen Risikofaktoren sind sich die Forscher da sicherer: Fehlende körperliche und geistige Aktivität, Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht im mittleren Lebensalter. „Sie allein lösen Alzheimer nicht aus“, sagt Teipel. Sie schwächen aber die Widerstandsfähigkeit der Gehirnleistung so, dass sich eine Demenz leichter entwickeln kann. Auch bei einschneidenden Erlebnissen kann der neurologische Widerstand gebrochen werden: „Viele Verwandte von Demenzkranken erzählen, dass die Gedächtnisprobleme begannen, als der Ehepartner gestorben ist.“
Kann man Alzheimer vorbeugen?
Auch wenn die Reise ins Vergessen noch immer unaufhaltsam scheint, kann man der Demenz vorbeugen. So kommt es, das manche Menschen trotz ihres genetischen Risikos niemals erkranken, andere dagegen dement werden, obwohl ihre Erblast eigentlich gering ist.Wissenschaftler gehen dabei vom sogenannten Diathese-Stress-Modell aus – dem Zusammenspiel der genetischen Veranlagung (Diathese) und den äußeren Faktoren (Stress), die der Mensch mal mehr, mal weniger kontrollieren kann. Grundsätzlich wird seitens der Alzheimer-Forschung zu einer gesunden Lebensweise geraten, bei der sich die Menschen gesund ernähren, reichlich bewegen, wissbegierig sind und soziale Kontakte wie Freundschaften pflegen. Auch Schlaf und geringe Mengen Alkohol senken laut Studienlage das Risiko einer Demenz. Weniger klar dagegen ist, ob ein veränderter Lebensstil oder die medizinische Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, zu hohe Blutfettwerte oder von Übergewicht das Alzheimer-Risiko automatisch senkt. „Schaden tut eine gesunde Lebensweise in jedem Fall aber nicht“, sagt Stefan Teipel.