Wellcome-Mitarbeiterin Rabiye Sönmez mit einer Mutter, die mit ihrem Kind die Wellcome-Hilfe genutzt hat Foto: Georg Linsenmann

Wellcome bietet Eltern ehrenamtliche Hilfe im ersten Lebensjahr ihres Kindes an. Es werden aber noch dringend Helfer gesucht.

Bad Cannstatt - Und dann ist es da, das Baby! Grenzenlose Freude, pures Glück. Schnell aber merkt die glückliche Mutter, dass das Baby ganz da ist: 24 Stunden am Tag, rund um die Uhr. Ein totaler Umsturz im Leben, der auch zur Belastung werden kann. Vor allem, wenn eine Mutter allein ist mit dem Säugling. Keine Verwandten, keine Nachbarn, die mal was übernehmen könnten. Dann könnte „Wellcome“ ins Spiel kommen, „eine Art ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe“, nennt das Rabiye Sönmez. Wellcome ist ein bundesweit aktives Sozialunternehmen, das es seit 15 Jahren gibt. Und Sönmez, dreifache Mutter, gehört zum dreiköpfigen Stuttgarter Wellcome Team, unterm Dach des Hauses der Familie. Hier hat sie auch die spezielle Aufgabe als Koordinatorin für Familien mit Migrationshintergrund.

„Wir unterstützen Familien mit einem Kind bis zum Ende des ersten Lebensjahres, indem wir ehrenamtliche Helferinnen vermitteln. Ein-, zweimal die Woche, jeweils zwei bis drei Stunden“, erklärt Sönmez und fügt hinzu: „Dieses Angebot ist noch viel zu wenig bekannt. Schon gar nicht bei Frauen, die sich ein solches Engagement vorstellen können.“ Das ist das Stichwort für Ariadne Benedict, 38 Jahre alt, berufstätig und Mutter einer knapp einjährigen Tochter: „Ich habe auch nicht davon gewusst. Dann hat mir jemand den Tipp gegeben: Versuche es mal bei Wellcome.“ Hat sie gemacht: „Und weil ich dabei so gute Erfahrungen gemacht habe, will ich jetzt auch davon erzählen.“

Hintergrund ist auch, dass Wellcome zwar Anfragen von zwei Dutzend Familien hat, „aber zu wenige Ehrenamtliche“, wie Sönmez berichtet. Eine bessere Botschafterin als Benedikt, die nicht mit Klarnamen erscheinen will, könnte Wellcome kaum haben: „Ich war umgezogen, mein Mann beruflich viel weg, ich habe hier keine Familie und hatte noch kein Netz. Ein Baby ist ja so umfassend in der Aufmerksamkeit, dass es mir fasst die Luft genommen hat. Außerdem muss man erst lernen, wie man mit so einem kleinen Menschenwesen umgeht. Wellcome hat mir so gut getan!“

Mütter dürfen ihre freie Zeit auch verschwenden

Die stundenweise Hilfe dient Müttern, „sich zu erholen, Kraft zu sammeln“, sagt Sönmez. „Mir hat es noch viel mehr gegeben“, fällt Benedikt ein, „ich habe wieder ein Gefühl für mein eigenes Leben bekommen. Ich habe das als Zeit für mich genutzt. Mal in Ruhe ein Bad genommen und die E-Mails erledigt. Aber ich bin auch mal Shoppen gegangen. Ich muss die Zeit nicht nutzen, ich darf sie auch verschwenden! Das hat mich auch mental erfrischt.“ Zudem sei es „eine gute Erfahrung auf Gegenseitigkeit“ gewesen: „Wir haben weiter Kontakt zueinander.“

Einzige Voraussetzung, um ehrenamtlich für Wellcome tätig zu werden, ist ein amtliches Führungszeugnis. Dann gibt es „ein Gespräch zum Kennenlernen“, sagt Sönmez, „dann sieht man, ob es passt. Wenn es jemand probiert, und es passt nicht, können beide immer Nein sagen. Aber das kommt fast nicht vor. Weder bei jüngeren, noch bei älteren Frauen. Im Nachgespräch erlebe ich immer, wie glücklich das die Helfenden macht.“

Hier betont Benedikt, dass „beide Seiten etwas davon haben. Wenn ich dankbar bin, dann merkt das der Andere. Wenn ich Freude schenken kann, gehe ich glücklich weiter. Das hält länger als der neue Designer-Pullover.“ Für sie steckt darin auch „der Gedanke an eine andere Ökonomie, auch eine andere Ökonomie der Liebe und Aufmerksamkeit. Es ist eine tiefe Wahrheit, dass es glücklicher macht zu geben als zu nehmen. Und am glücklichsten macht, wenn man etwas für einander macht. Es ist das Gefühl: Du bist nicht allein auf der Welt. Das ist Wellcome.“ Weitere Infos gibt es unter Telefon 07 11/22 07 09-322.