Das Genom des Weizens wurde endlich entschlüsselt Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Das riesige Gen-Puzzle des Weizenerbguts hat die Forschung fast verzweifeln lassen: Es ist mehr als fünf Mal so groß wie das menschliche Genom und umfasst 17 Milliarden Basenpaare. Jetzt ist der Wissenschaft der Durchbruch gelungen - mit weitreichenden Folgen.

München - Das Reiskorn wurde vor mehr als zehn Jahren geknackt, der Mais folgte 2009. Doch das riesige Gen-Puzzle des Weizenerbguts hat die Forschung fast verzweifeln lassen: Es ist mehr als fünf Mal so groß wie das menschliche Genom und umfasst 17 Milliarden Basenpaare. Darin enthalten sind rund 94 000 bis 96 000 Gene – alle von drei verschiedenen Ur-Weizentypen.

Noch vor wenigen Monaten hieß es, die Wissenschaft werde dieses Rätsel nie lösen können. Nun ist es vollbracht: Am Donnerstag verkündete eine Gruppe von internationalen Forschern, die sich zum sogenannten Internationale Weizen-Genom-Sequenzierungskonsortium (IWGSC) zusammengeschlossen hatten, dass sie das Weizengenom weitgehend entschlüsselt haben. In drei Jahren – so sind sich die Experten sicher – sind alle Gen-Puzzleteile am richtigen Ort und das Erbgut des Weizens komplett. An den Forschungen ist auch das Helmholtz-Zentrum in München federführend beteiligt.

Die Nachricht lässt vor allem Züchter hellhörig werden. Denn die machen sich schon lange Sorgen um die mit Abstand wichtigste Nahrungspflanze der Welt: Die Weizenerträge stagnieren. Hinzu kommt der Klimawandel: Hierzulande beispielsweise wird das Frühjahr immer trockener und kürzer, die Sommer trockener und heißer und im Winter verlängern sich die Frostperioden. Das gefällt dem Weizen gar nicht.

Steigt die Durchschnittstemperatur um ein Grad, ist mit Ernteeinbußen von zehn Prozent zurechnen, zeigt eine Studie der Stanford University. „Wir steuern in eine Nahrungsmittelknappheit hinein“, sagt auch Klaus Mayer, Leiter der Abteilung für Genombiologie am Helmholtz-Zentrum. Selbst Agrochemie und Dünger scheiden als Mittel zur Ertragsteigerung aus: „Das können wir uns nur in der ersten Welt leisten.“

Nun hoffen die Züchter mit den genetischen Erkenntnissen neue Sorten zu züchten, die an die unterschiedlichen Klimabedingungen in aller Welt angepasst werden können. Bisher sei vor allem auf große und viele Körner geachtet worden. „Dadurch, dass wir auf bestimmte Merkmale gesetzt haben, wurden andere Merkmale vernachlässigt“, sagt Mayer. Etwa gehe es dabei um die Anfälligkeit für Parasiten und Keime, Bruchfestigkeit und Wetterbeständigkeit.

Nun kann der Wissenschaftler Mayer den Züchtern Hoffnung geben: Obwohl noch Abschnitte fehlen, können sie schon jetzt profitieren. „Wir wissen für den Großteil der Gene, was sie machen“, sagt er. Zum ersten Mal stünden Werkzeuge zur Verfügung, um schnell bestimmte Gene auf einzelnen Weizenchromosomen zu orten. So können die Forscher erkennen, welches Gen sich wo befindet und welche Eigenschaft es hervorruft.

Mit dieser wissenschaftlichen Grundlage ist nun die Züchtung am Zug. „Es geht darum die Züchtungszeiträume zu verkürzen“, sagt Mayer. Bis eine neue Sorte auf dem Acker sei, vergingen bisher acht bis zehn Jahre. „Das wollen wir deutlich verkürzen.“