Normalerweise interpretiert Haug-Rößler mit ihren Gemälden Literatur. Foto: Stoppel

Die Malerin Ulla Haug-Rößler aus Vaihingen an der Enz hat sich mit dem Thema „Lebendiger Weinberg“ auseinandergesetzt. Das Ergebnis kann im Weingut Kuhnle in Weinstadt-Strümpfelbach besichtigt werden. Am Sonntag, 29. Mai, ist Vernissage. Neben Führungen durch die Ausstellung werden auch Rundgänge durch den Kellereineubau und Weinverkostungen angeboten.

Weinstadt - Futuristisch mutet der Neubau des Weinguts Kuhnle in den Weinbergen neben der Landesstraße zwischen Endersbach und Strümpfelbach an mit seiner Glaskuppel, die rund herum von Rebzeilen umschlossen ist. Letztendlich sei er aber nur ein Zweckbau, betont Werner Kuhnle. Vor rund drei Jahren als Rohbau zu Erweiterung des Familienbetriebs fertig gestellt sei man nun dabei ihn nach und nach einzurichten. „Vergangenen Herbst haben wir erstmals Trauben hier verarbeitet“, berichtet der Wengerter, während er durch den Neubau führt.

Vorbei geht es an den entsprechenden Gerätschaften. Im Kontrast zu ihrem nüchternen Design aus blitzblankem Edelstahl hängen an der Wand gegenüber Gemälde voller Emotionalität. Ulla Haug -Rößler hat sie gemalt. „Das sind Szenen aus der Literatur, wie sie vor meinem inneren Auge auferstehen“, erklärt sie. So hat die Künstlerin aus Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) etwa die Entwicklung des Gretchens in Goethes Faust in Acryl auf Leinwände gebracht: vom braven Mädchen über die ekstatisch Liebende, im Kerker Gefangene bis hin zur Erlösten.

Der Wengerter Werner Kuhnle erlebt sein Metier unter einem anderen Blickwinkel

Der Kellereizweckbau ist zur Kunstgalerie geworden. Nach der Lyrik, die durch das Projekt „Dichter im Weinberg“, bei dem der Poet José F. A. Oliver zur Inspirationssuche für die Landesliteraturtage im Herbst das Weingut Kuhnle derzeit regelmäßig besucht, dort eingezogen ist (wir berichteten), folgt nun die Bildende Kunst. Werner Kuhnle stellt dies dar, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit. „Wir sind offene Wengerter und als Strümpfelbacher durch den Bildhauer Karl Ulrich Nuss im Ort künstlerisch vorgeprägt“, meint er lapidar und freut sich sein Metier durch Ulla Haug-Rößlers Bildern mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Denn die Szenen aus der Literatur sind nur ein Teil der Ausstellung, deren eigentliches Thema „Lebendiger Weinberg“ lautet. Dazu passen die Acryl-Gemälde auf den ersten Blick so gar nicht , sind aber trotzdem ein essenzieller Bestandteil der Werkschau. Sie repräsentieren nämlich Ulla Haug-Rößlers bisheriges Schaffen und machen ihr Ringen mit der neuen, selbst gesuchten Herausforderung für den Betrachter nachvollziehbar.

Die Künstlerin Ulla Haug-Rößler experimentiert mit neuen Maltechniken

Anfangs habe sie sich „sehr schwer getan“, das Thema für die Umweltakademie Baden-Württemberg, wo die Ausstellung vergangenes Jahr bereits gezeigt wurde, künstlerisch umzusetzen, gesteht die Ulla Haug-Rößler: „Ich habe mich langsam rangetastet.“ Dabei ist sie so selbstbewusst, Besucher auch auf ihre ersten Weinberg-Gemälde, mit denen sie so gar nicht zufrieden ist, einen Blick werfen zu lassen. Doch dann habe sie es geschafft sich von der naturalistischen Darstellungsweise loszulösen und habe mit für sie völlig neuen Maltechniken zu experimentieren begonnen. Die Ergebnisse sind in der lichten Glaskuppel der Kellerei ausgestellt und wirken im Vergleich zu den übrigen Werken wie ein Quantensprung. Günter Bäder, der Direktor der Weinbauschule Weinsberg und Schirmherr der Ausstellung ist angetan davon. „Es ist wichtig, Besuchern, Touristen und Erholungssuchenden etwas aufzuzeigen, um Informationen über Weinbau und Natur aufrecht zu erhalten. Denn es gibt eine ungeheure Wissenerosion“, kommentiert er die Werke.