Wer betreibt künftig das Stromnetz? Weinstadt zieht neuerdings einen Alleingang bei der Stromversorgung vor. Foto: dapd

Weinstadt steigt aus dem Regionalwerk für fünf Remstalkommunen aus und zeigt neue Marschroute auf.

Weinstadt - Drei Jahre lang haben die Remstalkommunen Kernen, Remshalden Urbach und Weinstadt darüber diskutiert, ob sie zusammen mit einem Stromlieferanten ein eigenes Versorgungswerk gründen sollen. Bei seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat von Weinstadt einen Schlussstrich unter die Verhandlungen gezogen. Allerdings wechselte das Gremium zur Überraschung der Energiepartner auch die Pferde.

Anstatt sich für einen der beiden ausgewählten Stromlieferanten zu entscheiden, zieht Weinstadt neuerdings wieder den Alleingang bei der Stromversorgung vor. Die künftige Marschroute sieht vor, das Stromnetz zu kaufen und es dann an einen erfahrenen und potenten Partner zu verpachten.

Ausstiegsbefürworter bezweifeln Abjagen vieler Kunden

Die Befürworter einer solchen Lösung, die Fraktionen der CDU und der Freien Wähler, versprechen sich von dieser Lösung, dass die Stadt bei der Stromversorgung von Beginn an Geld verdient. Ein gemeinsames Regionalwerk Rems hätte diese Aussicht nicht bieten können. Insbesondere zweifeln die Ausstiegsbefürworter daran, dass der neue Stromversorger den Lieferanten, darunter auch die EnBW, viele Kunden hätte abjagen könne. Nur dann lasse sich eine entsprechende Rendite erzielen, von der die beteiligten Kommunen profitieren könnten.

Nicht geheuer war vielen Stadträten zuletzt auch die Aussicht, dass sich Weinstadt in Sachen Energieversorgung zu stark von den Nachbarkommunen hineinreden lassen müsse. Außerhalb der Sitzung wurde darüber gemunkelt, dass Weinstadt im Fünfer-Verbund deshalb auf ein Vetorecht gepocht habe. Mit dieser Forderung sei die Stadt aber bei ihren Partnern im Remstal nicht durchgekommen.

Auch Nachbarkommunen enttäuscht vom Stimmungswandel

Die Befürworter der kommunalen Energieallianz erinnerten daran, dass für zwei Gutachten insgesamt 200.000 Euro ausgegeben worden seien. Die Untersuchungen hätten klar gezeigt, dass ein Regionalwerk allen Beteiligten Vorteile bringe. Allerdings sei dafür ein längerer Atem notwendig. Andere Befürworter der großen Lösung wiesen darauf hin, dass der kommunale Verbund gegenüber dem Stromlieferanten in der Mehrheit gewesen wäre. Bei einer Verpachtung sei dies für die Stadt Weinstadt nicht der Fall. Den Anhängern der gemeinsamen Lösung stößt bitter auf, dass die Mehrheit der Stadträte und OB Jürgen Oswald den Inhalt der Gutachten (eines davon hat die Stadt selbst in Auftrag gegeben) loben, aber dennoch eine gegensätzliche Entscheidung trafen.

Enttäuscht vom Stimmungswandel in Weinstadt sind auch die Nachbarkommunen, die bei dem Energieverbund mitgemacht hätten. Der Remshaldener Bürgermeister Norbert Zeidler nannte die im Gemeinderat genannten Gründe für die Wende „schmalbrüstig“. Die verbliebenen Partner werden sich nach Angaben von Zeidler jetzt sicher überlegen, „zu viert etwas zu machen“. Allerdings müsse das kleinere Remswerk ebenfalls wirtschaftlich sein. Der Beschluss in Weinstadt sei für die interkommunale Zusammenarbeit im Remstal kein guter Tag gewesen.