Der Noch-OB (Mitte) plaudert an seinem letzten Arbeitstag mit Bürgern. Foto: Stoppel

Jürgen Oswald nimmt sich an seinem letzten Arbeitstag als Oberbürgermeister von Weinstadt für Bürger Zeit, aber schweigt zu seiner Zukunft.

Weinstadt - Sektlaune im Büro des Noch-Oberbürgermeisters Jürgen Oswald: Rathausmitarbeiter nützen die Gelegenheit, sich an diesem Donnerstagvormittag persönlich von ihrem Chefs zu verabschieden. Es ist Oswalds letzter Arbeitstag als OB von Weinstadt, offiziell hat er das Amt indes noch bis zur Einsetzung seines Nachfolgers Michael Scharmann Anfang kommender Woche inne. „Wird man Sie noch sehen in Weinstadt?“, fragt einer der Mitarbeiter ihn. „Ja, ich werde mich ja nicht atomisieren“, antwortet Oswald froh gelaunt. Auf seinem Schreibtisch liegen einige Präsente, auf einem Beistelltisch stehen süße Stückchen und deftiges Gebäck.

Emotionen und Gedanken an das, was war

Auch einige Bürger seien schon da gewesen, berichtet Oswald – obwohl die Besuchszeit für sie erst um 12 Uhr beginnt. Offenbar konnten es manche nicht abwarten. „Wir sehen das nicht so eng“, meint Oswald, der sich sichtlich über jeden freut, der kommt, um ihm Adieu zu sagen und noch ein paar gute Wünsche mit auf den Weg zu geben. „Das ist schon eine besondere Situation, wenn man nach 20 Jahren in der Stadt sagt: Es ist vorbei. Da sind schon Emotionen damit verbunden.“ Die Adventszeit sei ja ohnehin eine nachdenkliche Zeit, und so denke auch er darüber nach, was war. „Es hat viele schöne Situationen und Begegnungen mit Menschen gegeben.“ Er habe die Menschen in einer Unterschiedlichkeit erlebt, wie dies neben Oberbürgermeistern nur noch Pfarrer könnten. Eine besondere Situation möchte Oswald aus seiner 16-jährigen OB-Amtszeit und den knapp vier Jahren zuvor als Erster Bürgermeister von Weinstadt nicht nennen. „Damit werde ich den anderen nicht gerecht.“ Gut erinnern kann er sich indes daran, wie er das erste Mal vor 20 Jahren das Weinstädter Rathaus betreten hat, neugierig darauf, was auf ihn zukommt.

Und was kommt jetzt auf ihn zu? Natürlich sei es schon so, dass man mit 57 Jahren noch etwas machen müsse, antwortet Oswald ausweichend: „Aber es ist nicht so, dass ich mit Gewalt etwas tun muss.“ Noch sei er im Amt und habe sich „gedanklich mit der Stadt auseinanderzusetzen“. Da gebe es für Überlegungen an zukünftige Tätigkeiten keinen Platz. Andernfalls sei das, wie wenn man verheiratet sei und an seine Freundin denke. „Ich muss das, was in den vergangenen Wochen geschehen ist, erst selbst verarbeiten“, sagt Oswald, „bevor ich im neuen Jahr in Ruhe Überlegungen und Skizzierungen zu Ende bringe.“ Also gibt es durchaus Überlegungen? „Es wird sicherlich eine Tätigkeit in der Beratung, im Sozialen geben“, weicht er erneut aus. Vorerst werde er aber seiner Frau in der Küche im Weg herum stehen, Neigungen nachgehen, etwa sein Italienisch verbessern und dem Musikalischem frönen, und nach seiner Gesundheit und Fitness gucken.

Es wird über Politik im Kleinen und Großen schwadroniert

Derweil ist Schichtwechsel im OB-Büro. Die Besuchszeit für Bürger beginnt und der erste ist schon da: Hans-Joachim Hünefeld. „Ah, mein alter Nachbar“, begrüßt ihn Oswald. Einige Jahre haben die beiden Herren in der Beutelsbacher Lisztstraße nebeneinander gewohnt und auch in sportlicher Hinsicht miteinander zu tun gehabt. Hünefeld hat die Leichtathletikgemeinschaft Weinstadt aufgebaut. Doch jetzt tauschen die beiden sich über etwas ganz anderes aus. Er wisse, wie das ist, wenn man in Ruhestand geht, sagt Hünefeld, der seit sieben Jahren in Rente ist. Günther Klüver, der ehemalige Vorstand des TSV Beutelsbach, und Peter Dlucik, der Oswalds Nachwuchs im Schwimmen unterrichtet hat, – beide ebenfalls Rentnern – kommen zu der Alt-Herren-Runde dazu. Gemeinsam wird schwadroniert über die Politik im Kleinen wie im Großen – bis weitere Bürger eintreffen. Manche schauen nur kurz herein, andere bleiben länger.

Der Neue im Amt

Einsetzung: In einer öffentlichen Gemeinderatssitzung in der Jahnhalle in Endersbach am Dienstag, 13. Dezember, 19 Uhr, wird Michael Scharmann feierlich in das Amt des Oberbürgermeisters von Weinstadt eingesetzt. Im Anschluss findet ein Stehempfang für alle Interessierten statt. Ein gemeinsames Orchester der Weinstädter Musikvereine sorgt für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung.

Person: Anfang Oktober ist Michael Scharmann im ersten Wahlgang mit einer deutlichen Mehrheit von mehr als 64 Prozent der Stimmen bei einer Beteiligung von knapp 50 Prozent zum neuen OB bestimmt worden. Der 42-jährige Oberregierungsrat und verheiratete Familienvater, der bis dato noch für die Freien Wähler im örtlichen Gemeinderat sitzt, hatte zwei Mitbewerber: Den Kriminalhauptkommissar Alexander Bauer (48) und die studierte Sozialpädagogin Helga Hohmann (61).