Diskutieren beim Weindorf-Treff, veranstaltet von den Stuttgarter Nachrichten und dem Sender SWR4: Sternekoch Frank Oehler (links), Autorin Elisabeth Kabatek (Mitte) und EU-Kommissar Günther Oettinger. Klicken Sie durch unsere Bildergalerie! Foto: Peter Petsch

Der Weindorf-Treff von Stuttgarter Nachrichten und SWR 4 geht ins dritte Jahr. Heuer begann er mit einem Blick über den Rand des Vierteles-Glases hinaus - der Weltenlauf macht auch vor den Lauben nicht Halt.

Der Weindorf-Treff von Stuttgarter Nachrichten und SWR 4 geht ins dritte Jahr. Heuer begann er mit einem Blick über den Rand des Vierteles-Glases hinaus - der Weltenlauf macht auch vor den Lauben nicht Halt.

Stuttgart - Das Weindorf ist ja einer dieser Ort, wo die Zeit still zu stehen scheint. Man kann sich in eine Laube setzen, sein Viertele schlürfen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Mal nix hören vom Trubel in der ganzen Welt, dem Stress, dem Kuddelmuddel. Doch wenn man Gäste wie den EU-Kommissar Günther Oettinger hat und Justizminister Rainer Stickelberger, dann kann man nicht nur über Wein und Schwäbisches philosophieren. Dann müssen und wollen SWR-Moderator Axel Graser und Tom Hörner von den Stuttgarter Nachrichten auch darüber reden, dass in einem Gefängnis in Bruchsal ein Häftling verhungert ist. Wie das geschehen konnte? „Da müssen wir die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten“, sagte Stickelberger, „aber das wird sicher noch einige Wochen dauern.“

Sehr viel weniger Zeit hat EU-Kommissar Günther Oettinger. „Comissioner Günther“ so nennt man ihn in Brüssel, war zwar in Persona auf dem Stuttgarter Weindorf, aber in Gedanken auch in der Ukraine. Vor drei Tagen war er bei Putin und Poroschenko beim Gipfel in Minsk, gestern bei Graser und Hörner in Stuttgart. Weil man heutzutage nie ganz abgeschaltet ist vom Nachrichtenstrom, weiß er natürlich, dass man russische Soldaten in der Ukraine gesichtet hat. „Wenn wirklich russische Panzer und Truppenverbände in Grenzstädte einfallen, dann ist das eine Invasion, ein Krieg!“ Und dann müsse man innerhalb der EU in den nächsten Stunden über neue Sanktionen reden.

Aber warum macht Putin so etwas? Was ist das für ein Mensch? Oettinger: „Das ist ein Profi, ein Pokerspieler.“ Der spinnt, der Putin!, möchte man da rufen. Den Spruch kennen wir alle. Aber wer hat’s erfunden? Der Vater von Elisabeth Kabatek. Er hat nämlich Asterix nach Deutschland geholt, verlegt und übersetzt. Und geflügelte Worte, nun, man muss schon sagen, Sätze, erfunden wie: „Die spinnen die Römer!“ oder „Werft ihn in den See mit Gewichten an den Füßen!“ Kein Wunder, dass Elisabeth Kabatek zu Hause mit einem Keller voll Comics aufgewachsen ist. Was vielleicht erklärt, warum sie mittlerweile eine gefeierte und erfolgreiche Autorin ist. Als Literatur galten damals Comics allerdings noch nicht. Das war bääh!“, sagt Kabatek, die Zeichengeschichten konnten einen sogar einsam machen: „Viele Kinder durften mich wegen unserer Comics nicht besuchen kommen.“

Die guten alten Zeiten waren halt auch nicht immer so gut, wie sie manchmal scheinen. Das gilt auch für Sternekoch Frank Oehler von der Speisemeisterei in Hohenheim. „Wild“ sei er gewesen in der Pubertät, sagt er, bis die Eltern die Notbremse zogen und den Filius zu einem Koch in die Lehre schickten. „Das war eine gute Entscheidung meiner Eltern“, sagte Oehler. Kann man so sagen. Er ist herumgekommen in der Welt, hat für die Speisemeisterei einen Stern erkocht und ist seit sieben Jahren mit der Sendung „Die Kochprofis“ auf RTL II zu sehen. „Juristen können alles“, sagte Stickelberger, als Oettinger erklärte, wie man von Landesvater auf Kommissar für Energie umsatteln kann, aber man muss feststellen: Auch Köche können alles. Und ach ja. Eines kann Jurist Stickelberger nicht: Kochen. „Da sagt meine Frau, hinterher müsse man die Küche streichen.“

Deshalb geht man zum Essen doch am liebsten zu Mama. So wie Oettinger. Wenn er im Lande ist, besucht er seine 90 Jahre alte Mutter. „Aber nur wenn ich Zeit habe zum Abendessen, Übernachten und Frühstücken“, sagte er, „ansonsten ist sie enttäuscht, wenn ich gleich wieder wegrennen muss.“Solche Momente sind rar dieser Tage. Aber vielleicht kann daheim bei der Mutter sogar Commissioner Günther mal den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.