Foto: Peter-Michael Petsch

Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt, Schauspieler Richy Müller und OB Wolfgang Schuster reden viel übers Essen.

Stuttgart - Mickey-Maus-T-Shirt, trendiger Schal, dunkles Sakko – nein, an der Kleidung erkennt man den Könner selten. Dass es jemand, egal worin, in seinem Fach zur Meisterschaft bringt, geschieht zudem nicht zufällig. Die Erklärungen, warum man es zu etwas gebracht hat, können dafür sehr unterschiedlich ausfallen – alles zu erfahren am Mittwochnachmittag zwischen fünf und sechs beim Weindorf-Treff von Stuttgarter Nachrichten und SWR 4 Radio Stuttgart.

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Um sein Verständnis von gutem Darstellertum zu erklären, wählt Schauspieler Richy Müller (Mickey-Maus-T-Shirt) den philosophischen Ansatz. Einfach irgendeine Rolle nur spielen – geht nicht: „Ich versuche die Figur in mir zu finden, für den Moment.“ Nächste Woche sucht er in sich wieder den Kommissar Lannert, dann beginnen die Dreharbeiten zu seinem vom SWR produzierten zwölften Stuttgart-„Tatort“.

Sein Gegenüber, Wolfgang Schuster (dunkles Sakko), trägt das Attribut Meister zwar im Titel, ein Könner der Kommunalpolitik ist man deshalb lange nicht. Der Stuttgarter Oberbürgermeister gilt aber als akribisch im Studium von Akten, selbst wenige Monate vor Ende seiner 16 Jahre währenden Amtszeit: „Morgen um die Zeit sitz’ ich im Rathaus und schaff“, sagt Schuster.

"120 Kilogramm Roastbeef zu Brikett verbrannt"

Zumindest was die Karriere-Fakten angeht, übertrifft Meisterkoch Wohlfahrt (trendiger Schal) den Stuttgarter OB noch: Seit 20 Jahren erhält seine Schwarzwalstube in Baiersbronn ohne Unterbrechung die Höchstwertung drei Sterne vom Guide Michelin, gewissermaßen die Bibel der Feinschmecker. Ein entsprechender Lebenswandel, ein ehrgeiziger Arbeitgeber, bei Wohlfahrt das Hotel Traube-Tonbach, und das stete Bestreben sich weiterzuentwickeln seien unabdingbare Voraussetzungen dafür gewesen. Aber selbst einem Meister gerät mal etwas daneben, auch wenn es schon lange zurückliegt: „Ich habe mal 120 Kilogramm Roastbeef zu Brikett verbrannt.“ Damals eine Katastrophe, erntet Wohlfahrt beim Weindorf späte Lacher für den Fauxpas.

Nach einer halben Stunde scheint es, als wollten die Gäste nur übers Essen reden. Die Moderatoren Tom Hörner (StN) und Axel Graser (SWR 4) hätten getrost ihre Mikrofone zur Seite legen können. Besonders Müller nimmt den Meisterkoch zuweilen in die verbale Zange. Bei einem Kollegen Wohlfahrts habe man Freunden beschieden, bitte nicht mehr wieder zu kommen. Grund: Sie hatten vom Gericht des jeweiligen Tischnachbarn versucht – ob das in der Sterne-Gastronomie denn unschicklich sei, fragt der Schauspieler. In der Schwarzwaldstube sei das selbstverständlich erlaubt, so Wohlfahrt, „wie stehen im Dienst des Gasts, nicht umgekehrt.“

Keine Wahlempfehlung vom OB

Essen und Kochen sind sensible Angelegenheiten, auch das eine Erkenntnis beim Weindorftreff. „Eigentlich ist es schade um die Kunst, die in einem guten Essen steckt, wenn man es dann einfach aufisst,“ findet der OB. Eine wohl nicht mehrheitsfähige Sichtweise. Richy Müller ist anders gestrickt und nicht nur vor der Kamera sondern auch in der Küche ein Suchender: Er koche gerne, „aber manchmal verzweifle ich, wenn ich es dann esse.“ Wie man bei einer Komposition aus verschieden Zutaten, die Aromen bewahrt, will der „Tatort“-Kommissar wissen. „Das Hauptprodukt muss im Mittelpunkt stehen“, sagt Harald Wohlfahrt. Mit den Zutaten errichte man dann einen Spannungsbogen. Leuchtet ein, macht das Kochen aber nicht einfacher.

Gelegentlich dürfen die Moderatoren doch noch ein paar andere Stichworte einstreuen, die anstehende Wahl zum Stuttgarter Oberbürgermeister zum Beispiel. Schuster lässt sich trotz aller Versuche nicht zu einer Wahlempfehlung hinreißen, trotzdem man ihm zum Geburtstag – er wird 63 – ein Ständchen gesungen hat. Stattdessen „bin ich zufrieden, dass mein Kopf nicht überall herumhängt.“ Gemeint hat er wohl Plakate mit seinem Konterfei. Auch wenn Schuster sagt, er wolle als OB noch mal richtig Gas geben, ist bei ihm eine gewisse Milde zum Ende seiner Amtszeit kaum zu leugnen.

Richy Müller wiederum erlebt das Publikum beim Weindorf-Treff völlig anders, als es ihn vom „Tatort“ gewohnt ist. Nicht melancholisch-grüblerisch sondern schlagfertig – und dialektsicher. Als es bei einer kurzen Schwäbischstunde darum geht das Wort „na schneckla“ zu identifizieren, lernen die Schwaben vom gebürtigen Mannheimer Müller: „In Monnam hääst des fummla“ – und auf Hochdeutsch ran kuscheln.

Keine Frage, eine Stunde Weindorf-Treff mit Meistern ihres Fachs ist kurzweilig, auf jeden Fall zu kurz. Doch Harald Wohlfahrt muss in die Küche nach Baiersbronn, und Richy Müller hat Zeit für Autogrammjäger.