Die Trollingerreben haben Ende vergangener Woche die letzten Blüten getragen. Riesling, Lemberger und Dornfelder haben schon am Pfingstwochenende geblüht. Foto: Leonie Schüler

In einer Serie begleiten wir Fabian Rajtschan das ganze Jahr über bei seiner Arbeit im Weinberg. In diesem Jahr haben die Reben Ende vergangener Woche schon Blüten getragen – drei Wochen früher als gewöhnlich.

Feuerbach - Das heiße Pfingstwochenende kam Fabian Rajtschan sehr gelegen: „Das sind perfekte Blühbedingungen“, sagt der Feuerbacher Weinbauer. Von Bienen sind die Reben bei der Befruchtung nicht abhängig, denn die Zwitterpflanzen bestäuben sich selbst. Da die Blüte so optimal verlaufen ist, rechnet Rajtschan damit, dass dieses Jahr ganz besonders viele Trauben wachsen werden. Was positiv klingt, hat aber einen Haken: „Ich will ja gar nicht so viel Ertrag, sondern lieber auf Qualität setzen“, sagt der 28-Jährige. Wahrscheinlich müsse er daher zu einem späteren Zeitpunkt ganze Trauben wegschneiden. Vergangenes Jahr war die Situation genau umgekehrt: Damals regnete es zur Blütezeit, der Ertrag war entsprechend gering. „Letztes und dieses Jahr haben wir zwei Extreme“, so Rajtschan.

In ein bis zwei Wochen wird gegipfelt

Schon vor der Blüte hat er damit begonnen, die inzwischen mehr als einen Meter langen Triebe in die Drahtanlage zu heften, sodass sie gerade hochwachsen. Das ist wichtig, damit die Laubwände gut durchlüftet sind und sich keine Schimmelpilze bilden. Einige Austriebe reichen bereits weit über die Drahtanlage hinaus. „In ein bis zwei Wochen werde ich das Gipfellaub abschneiden. Das nennt man gipfeln“, erklärt der Oenologe. Würde er die Lianenpflanzen nicht beschneiden, würden sie bis zu einer Länge von sechs Metern weiterwachsen und von ihrem Gewicht irgendwann umkippen. Unter dem Rebdach bekämen die Trauben dann kaum noch Sonne ab.

Sobald Rajtschan das Gipfellaub gestutzt hat, werden die Pflanzen ihre Kraft in die Geiztriebe stecken. Diese werden zwar keine Trauben tragen, sind aber dennoch wichtig für die Reben: „Ihre jungen Blätter machen später hauptsächlich die Fotosynthese der Pflanze und versorgen die Trauben mit Zucker und Aromavorstufen, also zum Beispiel mit Aminosäuren“, sagt der Weinbauer. In den Beeren bildeten sich daraus später die Aromen. Es gelte die Faustregel, dass etwa acht Blätter eine Traube versorgen sollten.

Die Beeren vor Sonnenbrand schützen

Zu viele Blätter sollten allerdings auch nicht an den Reben hängen, da die Beeren dann wiederum nicht genügend belüftet sind. Deshalb gehört zu Rajtschans Aufgaben im Juni, die Pflanzen in der Traubenzone zu entblättern. Allerdings nur auf der wetterabgewandten Seite, also Richtung Osten. Auf der Westseite sollen die Blätter einen natürlichen Hagel- und Sonnenschutz bilden. Starke Sonnenstrahlen könnten den Beeren einen Sonnenbrand verpassen. Genau wie der Mensch auch gewöhnen sich die Beeren aber im Laufe eines Sommers etwas an die Strahlen und sind dann weniger empfindlich.

Die Weinblätter, die Rajtschan abzupft, verwendet er nicht zum Kochen – und er empfiehlt es auch nicht. Der Weinbauer hat davon gehört, dass vor kurzem in Bad Cannstatt in größerem Umfang Weinblätter von Reben geklaut wurden. Rajtschan hatte dieses Jahr noch keine Probleme dieser Art, in den Vorjahren sei dies aber „immer wieder mal“ vorgekommen. „Ab und zu fragen mich Leute“, sagt Rajtschan, dessen Antwort dann aber negativ ausfällt. Zum einen würden meistens die falschen Blätter abgezupft – er selbst geht beim Entblättern schließlich nach einem ganz genauen System vor. „Außerdem sind die Blätter behandelt. Zwar biologisch, aber das ist bestimmt auch nicht gesundheitsfördernd.“