Der Streit geht um einen Audi Quattro, der diesem ähnelt. Foto: Archiv

Vor dem Landgericht in Stuttgart nimmt ein jahrelanger Streit um einen Audi Quattro eine überraschende Wende. Entscheidend ist ein vom Tüv erstelltes Gutachten, das ein falsches Produktionsjahr angibt.

Weilheim - Es geht um einen Oldtimer-Verkauf auf der Messe Retro-Classics im Jahr 2012. Vier Jahre später stehen sich die Parteien immer noch vor Gericht gegenüber – und ein Ende ist nicht abzusehen. Denn die Familie, die den Audi Quattro damals als Liebhaberstück für 13 900 Euro verkauft hat, will weiterkämpfen. Und das, obwohl ihr die Richterin des Stuttgarter Landgerichts eindringlich und mehrfach geraten hat, den von ihr vorgeschlagenen Vergleich – eine Kaufpreisminderung um 5900 Euro bei Teilung der Gerichtskosten im Verhältnis 60 zu 40 zu Lasten der Gegenseite – anzunehmen.

Denn zum einen gingen die Chancen, dass die Familie den Prozess gewinnt gegen null Prozent. Zum anderen seien die Prozesskosten schon jetzt höher als der Streitwert – es sei also höchste Zeit, zu einem Abschluss zu kommen.

Das Auto in Ungarn für 6000 Euro gekauft

Im Jahr 2010 hat der in Weilheim lebende Sohn der Familie den Audi Quattro in Ungarn für 6000 Euro ohne Papiere erworben. Zurück in Deutschland hat er einige Reparaturen an dem knapp 30 Jahre alten Auto in Eigenregie vorgenommen und dann vom Tüv ein Vollgutachten erstellen lassen. Das bescheinigte dem Fahrzeug nicht nur seine volle Funktionsfähigkeit, sondern machte auch eine Angabe zum Baujahr. Diese spielt in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Demnach soll der Wagen 1983 produziert worden sein.

Im Verkaufsgespräch, sagt die Mutter des Beklagten, die vor Gericht ihren erkrankten Sohn vertritt, habe man dem Käufer gegenüber mehrfach betont, dass man das genaue Produktionsjahr nicht kenne. Man verlasse sich da auf das Tüv-Gutachten. Sowohl der Käufer als auch der ihn begleitende Fachjournalist, der eine Geschichte über den Verkauf schreiben wollte, hätten erklärt, dass das aus ihrer Sicht in Ordnung sei. Im Kaufvertrag steht allerdings das Jahr 1983 – ohne Hinweis auf das Tüv-Gutachten.

Fahrt nach Freiburg in eine Werkstatt

Ärger gab es zunächst aber nicht wegen des Produktionsjahres, sondern wegen angeblich massiver Schäden am Audi Quattro. Nicht der Käufer, sondern der Journalist hat den Wagen Ende März 2012 zwar noch in Weilheim abgeholt, ihn in die Stuttgarter Redaktion und nach Freiburg in eine auf Oldtimer spezialisierte Werkstatt gefahren. Dabei soll der Wagen unter anderem nur langsam gefahren sein und gerattert haben. Zwei Jahre später, als der Streit eskalierte, hat er behauptet, dass auch die Gangschaltung nahezu funktionsunfähig gewesen sein. Davon hatte er in seinem ersten Schreiben nichts erwähnt.

Die Forderung, das Auto zurückgeben zu können, wurde neben anderen kleineren Mängeln unter anderem damit begründet, der Quattro verfüge nicht mehr über den Originalmotor und das Originalgetriebe. Das habe der Freiburger Händler festgestellt. Auch sei der Kabelbaum stark beschädigt. Ein von der Richterin eingeschalteter Gutachter, der das Fahrzeug zwei Mal untersuchte, hat in der Gerichtsverhandlung am Mittwoch erklärt, dass diese Behauptungen nicht wahr seien.

Viele kleinere Mängel, die dem Alter geschuldet sind

Zwar habe er den Quattro bei seiner Begutachtung in einem nicht gerade optimalen Zustand vorgefunden. Der Wagen habe viele kleinere Mängel gehabt, die aber zum einen der mittlerweilen langen Standzeit, zum anderen dem tatsächlichen Alter des Fahrzeugs geschuldet sein könnten. Beim Motor handele es sich aber zweifelsfrei um das Original, ebenso beim Getriebe.

Zum Kaufpreis lasse sich wenig sagen, da es sich bei Oldtimern um Liebhabersummen handele. Allerdings wäre es „ein absolutes Schnäppchen“ gewesen, wenn der Quattro in einem guten Zustand gewesen wäre. Allerdings sei auch eindeutig feststellbar, dass der Audi erst 1984 und nicht, wie vom Verkäufer im Kaufvertrag angegeben, 1983 gebaut wurde.

Dies wiederum ist aus Sicht der Richterin das alles entscheidende Kriterium. Zwar ließ sie deutlich durchblicken, dass sie die Vorwürfe der Klägerseite für absolut fragwürdig hält. Die falsche Angabe des Baujahres im Kaufvertrag rechtfertige nach Auffassung des Gerichts aber einen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag. Die Weilheimer Familie will nun den nächsten Gerichtstermin dazu nutzen, um zu beweisen, dass gerade beim Kauf eines Oldtimers das Produktionsjahr keine entscheidende Rolle spielt. Der Prozess soll im Sommer fortgesetzt werden.