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Besser geht’s nicht: Die Weinbauern rund um den Bodensee vermarkten sich bei den Touristen ganz wunderbar – vor allem, weil sie in der Gastronomie offensiv angeboten werden. Dort, hat unser Weinkolumnist Michael Weier erfahren, wird ständig einheimischer Wein angeboten.

Michael Weier

Stuttgart - Mit einem kleinen Kind ändern sich die Gewohnheiten. Eigentlich bin ich ja nicht so sehr der Bodensee-Typ, mein Kleiner ist aber derart begeistert von dem Wohnwagen seiner Großeltern, dass ich nun eben gelegentlich Kurzurlaube in der Box am schwäbischen Meer einschiebe. Am vorigen Wochenende etwa, trotz mieser Wettervorhersage. Der Bodensee hat mich einmal mehr nicht enttäuscht: Das Wetter scheint dort immer ein kleines bisschen besser als vorhergesagt, zwischen drei Gewittern zeigte sich auch diesmal die Sonne. Womit wir beim Thema sind: Badischer Wein, von der Sonne verwöhnt!

Tatsächlich zieht mich ja nicht nur der Wohnwagen in den Süden, ich verbinde das gerne mit dem einen oder anderen Besuch auf einem Weingut. Diesmal habe ich festgestellt: So einfach ist das gar nicht! Während bei uns die Winzer ihren Verkauf ausweiten, ist das am Bodensee gar nicht so weit verbreitet, wie man denken sollte. Klar, die großen Anbieter leisten hier ganze Arbeit: Bei den Hagnauer Genossen ist der große Verkaufsraum auch am Samstag länger offen. Im Staatsweingut Meersburg, mitten zwischen gefühlt zweihundert Souveniershops gelegen, finden Kunden im Sommer auch am Sonntag Einlass. Beim renommierten Weingut Aufricht ist samstags ebenfalls länger offen. Aber sonst? Samstags von 9 bis 13 Uhr. Wie in alten Zeiten!

Ich fragte mich, ob es die kleinen Erzeuger einfach nicht nötig haben? Kam dann aber zum Schluss: In den Lokalen rund um den See wird derart viel Wind gemacht um den heimischen Wein, dass die Winzer lieber auf diese Werbung setzen. Die Touristen trinken die Tropfen einfach in den Restaurants weg, davon gibt’s ja reichlich rund um den See. Die Wirte bieten die heimischen Sachen auch offensiv an, da darf der Weinbauer am Samstag auch mal die Beine hochlegen.

Und damit wäre ich wieder zurück in Stuttgart: Hier passiert genau dies immer noch viel zu selten. Gut, in der Spitzengastronomie empfehlen die Weinkellner häufiger die Flaschen aus der Gegend, in der einfacheren Schiene tut sich aber zu wenig, nach wie vor rückt der Wein in der Stadt zu wenig ins Bewusstsein. Immerhin: In Rotenberg, bei meinen Genossen, startet nun ein Versuch. Geplant ist, nun auch sonntags den Verkauf zu öffnen, wie das in guten Ferienorten eben Brauch ist. Dann erfahren die Touristen, die bei schönem Wetter auf den Württemberg strömen, dass aus den vielen Trauben, die da drumherum wachsen, tatsächlich ein guter Wein gemacht wird!

Tipp der Woche

Perfekt gelegen, mit verdammt guten Weinen: Aufricht lohnt bei der Radtour von Hagnau nach Meersburg einen Stopp.

Weingut Aufricht, Meersburg, Seehas Weißwein-Cuvée trocken, 10,40 Euro.