Nächste Ausfahrt Chardonnay: Wegen Kirschessigfliege und Ehefrau wird künftig Chardonnay angebaut, der seinen Ursprung in diesem französischen Dörfchen hat Foto: Adrian Michael

Der Plan, den besten Spätburgunder zu produzieren, ist für unseren Weinkolumnisten Michael Weier geplatzt. Die Kirschessigfliege sorgt in seinem Weinberg für zu viel Ärger. Also muss er auf weiße Trauben ausweichen. Chardonnay! Weil den seine Frau lieber hat als den Riesling.

Stuttgart - Liebe Fliege, du gehst mir wahnsinnig auf den Geist! Drosophila suzukii, die lästige Kirschessigfliege, dieser unangenehme Eindringling aus Asien, wirft nun meine gesamten Pläne über den Haufen! Zum besseren Verständnis die Fakten: Erstens ist da diese Plage, eine kleine Fliege, die sich eigentlich, wie der Name sagt, auf Kirschen spezialisiert hat. Im späten Herbst nun stürzt sich der hungrige Asiate auf unsere roten Trauben, der Asiate mag’s auch süß-sauer. Weil das Tier im Gegensatz zur einfachen Essigfliege mit einer Minisäge ausgestattet ist und die Früchte anritzt, richtet es im Weinbau großen Schaden an. Wenn ein paar Beeren angeritzt sind, fängt der Trauben zu faulen an, dazu kommt der Essiggeschmack. Verheerend!

Fakt zwei ist: Ich pachte vom nächsten Januar an einen kleinen Weinberg. Und dort, so war mein Plan, baue ich Spätburgunder an. Meine Ansage war klar: Den besten Spätburgunder der Welt. Die Kollegen Schnaitmann und Aldinger aus Fellbach schwitzen bereits, vergangene Woche war ich in Schnait bei der Rebschule Wahler und habe mich nach den allerbesten Klonen erkundigt. Hans Wahler ist zwei Stunden mit mir durch die Weinberge gefahren, was mir nicht nur gezeigt hat, wie schön unsere Landschaft hier im Herbstlicht ist. Herrlich! Auch die Reben. Ich kann ihnen, liebe Leser, nur sagen: Das ist eine eigene Wissenschaft. Will man einen guten Ertrag? Geschmack? Lockerbeerige Trauben? Kleine Beeren? Mischbeerige Trauben?

Ich dachte schon, ich werde selbst zum Klon, am Ende der Fahrt hatte ich aber schon eine gute Vorstellung. Der Klon aus Freiburg mit der Bezeichnung FR 1801 hat mir gefallen, der Geisenheimer mit der Nummer Gm 20-13 noch ein bisschen besser. Gemischtbeerig. Locker. Das ergibt einen anständigen Wein, mit einem guten Verhältnis von Frucht und Gerbsäure. Und nun? Herr Wahler, ich komme wieder. Denn als ich nun mit Rolf Berner vom Collegium Wirtemberg telefoniert habe, kam die Hiobsbotschaft: „Muss es denn wirklich Spätburgunder sein?“ Rolf Berner, der den Vorschlag selbst gemacht hat, ist selbst schockiert. In einem halben Jahr hat sich die Weinwelt komplett verändert. Genau in dieser Ecke hätten sie riesige Probleme mit Drosophila suzukii. Rolf Berner fragt sich deshalb, ob es wirklich sinnvoll ist, an so einer Stelle eine rote Sorte zu pflanzen. Wie wäre es denn mit Riesling?

Die Kirschessigfliege lässt bisher nämlich die weißen Sorten in Ruhe. Also Riesling? Mache ich halt einfach den besten Riesling der Welt! Wobei ich nach dieser Aussage ins Grübeln gekommen bin. Denn Spätburgunder hätte ich ja nur gepflanzt, weil meine Frau auf diese Sorte steht. Und beim Weißwein gefällt ihr der Chardonnay besser. Wissen Sie was? Mache ich eben den besten Chardonnay der Welt!