Volle Hörsäle werden wie hier an der Uni Karlsruhe auch in Stuttgart und Hohenheim bald die Regel sein. In Hohenheim kümmern sich Hörsaalmanager um das Problem. Foto: dpa

Ansturm des Doppeljahrgangs zum Wintersemester - An Unis in Stuttgart fehlen Wohnheimplätze.  

Stuttgart - Gleich zwei Jahrgänge auf einmal haben diesen Sommer in Baden-Württemberg ihr Abitur gemacht: Die einen in gewohnter Tradition nach neun Schuljahren, die anderen – gemäß der Neuregelung an den Gymnasien – nach nur acht. Der sogenannte doppelte Abiturjahrgang beschert den Universitäten Spitzen-Bewerberzahlen – und lässt sie aus allen Nähten platzen.

Bis Anfang August hat die Universität Stuttgart 19.124 Bewerbungen für zulassungsbeschränkte und -unbeschränkte Studiengänge erhalten – das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. In Hohenheim sieht es ähnlich aus: 13.000 Bewerbungen sind dort eingegangen. Im Vergleich zu 2011 sind die Zahlen aber auf hohem Niveau stabil. Rektor Stephan Dabbert geht davon aus, dass die Studierendenzahlen weiter steigen. Zwar bewerben sich viele Abiturienten an mehreren Hochschulen gleichzeitig und nehmen nachher nur einen Platz an. Trotzdem ist klar, dass der Doppeljahrgang seinen Tribut fordert: Mehr Lernende benötigen mehr Lehrende, hinzu kommt der steigende Platzbedarf in Unterrichtsräumen, Mensen und Wohnheimen.

Beide Studentenwerke greifen daher zu ungewöhnlichen Maßnahmen und versuchen mit Anzeigen in unserer Zeitung und anderen Privatleute zu motivieren, an junge Leute zu vermieten. „Wegen des doppelten Abiturjahrgangs wird es viel zu eng in unseren Studenten-Wohnheimen! Haben Sie ab September oder Oktober eine Wohnung oder ein Zimmer zu vermieten?“, heißt es da. Trotzdem ist Bettina Schiess vom Studentenwerk Stuttgart zuversichtlich, dass in ihrem Bereich bis Ende des Jahres alle Bewerber versorgt sind.

Hörsaalmanager helfen, die vorhandenen Räume effizienter zu nutzen

Derzeit gibt es in ganz Stuttgart 30 Wohnheime mit rund 6400 Plätzen. Vergangenes Jahr wurde ein Gebäude in Vaihingen bezugsfertig – dort kommen 400 Studenten unter. Ein Wohnheim in Leinfelden soll 2013 fertig werden, und auch in der Heilmannstraße ist ein weiteres Haus mit 200 Zimmern geplant. Zusätzlich wurden die Wohnzeiten von drei auf zwei Jahre verkürzt, um möglichst viele Studienanfänger aufnehmen zu können – auch wenn die Wohnungssuche so nur auf die älteren Semester verlagert wird. Das gibt es in Hohenheim nicht. Dort will man allerdings darauf achten, dass keiner länger bleibt als erlaubt. „Wenn Platz war, haben wir früher auch mal Leute länger bei uns wohnen lassen als sechs Semester. Da wird jetzt härter durchgegriffen“, erklärt Alexandra Vogel vom Studentenwerk Tübingen-Hohenheim. Für Härtefälle gebe es aber Ausnahmen.

In Hohenheim sind von 460 freien Zimmern 124 vergeben, etwa 800 Anfragen liegen dort vor. Da das Verfahren noch läuft, ändern sich diese Zahlen täglich. „Die Wohnsituation in Hohenheim ist angespannt“, sagt Alexandra Vogel. Das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim will deshalb für Erstsemester, die keinen Platz bekommen, Notunterkünfte organisieren.

Auch an den Unis selbst wird es richtig voll. Um die vorhandenen Räume effizienter zu nutzen, hat die Uni Stuttgart vor zwei Jahren einen Hörsaalmanager eingestellt. Der prüft die Belegungspläne und organisiert, wo nötig, um. „Das hat sich sehr gut bewährt“, lobt Andrea Mayer-Grenu, Wissenschaftsreferentin der Stabsstelle Kommunikation. In Hohenheim setzt man schon länger auf professionelles Hörsaalmanagement und hofft gleichzeitig, dass ein geplanter großer Hörsaal bald gebaut werden kann.

In Hohenheim ist für das Sommersemester 2014 ein Anbau geplant

In der Hohenheimer Mensa könnte es ebenfalls eng werden. Dort ist für das Sommersemester 2014 ein Anbau geplant. Bis dahin müsse man sehen, wie das Angebot angenommen werde. Falls nötig, könne man flexibel reagieren und beispielsweise die Ausgabezeiten anpassen, so Alexandra Vogel. Das Studentenwerk Stuttgart hat andere Pläne: Um alle hungrigen Studenten schnell satt zu bekommen, könnten in der großen Mensa auf dem Campus Vaihingen und in der Stadtmitte ab dem Wintersemester erstmals mobile Essensausgabestationen zum Einsatz kommen. Die fahrbaren Geräte mit Warmhalteplatten sollen in Nischen aufgestellt werden. Bis zu zwei Mitarbeiter können so zusätzlich Menüs ausgeben.

Beide Unis sehen sich gut gerüstet für das kommende Wintersemester. Sie haben in den vergangenen Jahren ihr Personal aufgestockt und neue Studienangebote geschaffen. Und da sich bereits im vergangenen Wintersemester deutlich mehr junge Menschen in Stuttgart eingeschrieben hätten, könnte die anrollende Welle kleiner werden als befürchtet. „Wir sind nicht ängstlich. Den großen Ansturm hatten wir schon“, sagt Andrea Mayer-Grenu von der Uni Stuttgart. Auch Rektor Wolfram Ressel betont: „Wir freuen uns auf die jungen Menschen.“