Nachtspeicheröfen sind in Baden-Württemberg weit verbreitet Foto: Fotolia

Viele Verbraucher wissen es nicht: Auch wer mit Strom heizt, kann seinen Anbieter unkompliziert wechseln. Es mangelt zwar noch an bundesweiten Tarifvergleichen für Heizstromanbieter. Wir verraten aber, wer in Stuttgart die günstigsten Tarife anbietet.

Stuttgart - Nur zwei Prozent haben jemals gewechselt: Heizstromkunden sind ihrem Anbieter treu. Dabei zahlen sie abhängig vom Wohnort Hunderte Euro weniger Heizkosten, wenn sie sich für die Konkurrenz entscheiden.

„Je mehr Strom ein Haushalt verbraucht, desto mehr Geld kann er bei einem Wechsel sparen“, sagt Marion Weitemeier. Sie hat für die aktuelle Finanztest-Ausgabe (10/2015) die Tarife verschiedener Anbieter in neun Städten verglichen, darunter Stuttgart, Mannheim, Würzburg und Freiburg. Wer einen Wechsel scheut, könne beim Anbieter zunächst nach günstigeren Tarifen fragen, sagt Weitemeier. „Will der Kunde beim Sparen das Maximum herausholen, ist aber meist ein neuer Anbieter nötig.“ Laut Sylvia Scheibenberger, Energieberaterin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, unterstützen auch die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Wechselwillige.

Bundesweit gibt es rund zwei Millionen Heizstromkunden. Der Energieversorger EnBW geht davon aus, dass im Südwesten zehn bis 15 Prozent der Haushalte mit Strom heizen. Davon nutzen drei Viertel Nachtspeicheröfen, der Rest Wärmepumpen. „Derzeit ist es teurer, mit Strom zu heizen als mit Gas oder Fernwärme“, sagt Scheibenberger. Allerdings sei ein Wechsel des Heizsystems teuer und aufwändig – Häuser mit Elektroheizung hätten weder Rohre noch Leitungen, teilweise stehe in Wohngebieten beispielsweise Gas gar nicht zur Verfügung. „Ein Systemwechsel gleicht einer groß angelegten Sanierung“, sagt Scheibenberger. Umso mehr könne sich dagegen ein Anbieterwechsel lohnen.

Die Zahl der Heizstromanbieter wächst, seit der Markt liberalisiert wurde

Dann lautet die erste Frage: Werden Heiz- und Haushaltsstrom getrennt oder gemeinsam gemessen? Von der Antwort hängt es ab, ob der Anbieterwechsel leicht oder sehr leicht ist. „Viele Heizstromkunden wissen nicht, wie sie messen. Hier besteht ein hoher Klärungsbedarf“, sagt Weitemeier. In Baden-Württemberg liegt der EnBW zufolge der Anteil der gemeinsamen Messung bei Nachtspeicherheizungen bei rund 45 Prozent. Wärmepumpen hätten für gewöhnlich eine getrennte Messung.

Bei der getrennten Messung hat der Heizstromkunde zwei Zähler im Keller. Der eine misst den Verbrauch des Heizstroms, derandere den Verbrauch der restlichen elektrischen Geräte. Es gibt einen Eintarifzähler oder einen Zweitarifzähler, auch Doppeltarifzähler genannt. Letzteres bedeutet: Nachts, wenn die Speicherheizung aufgeladen wird, springt der günstigere Niedertarif (NT) an, am Tag der teurere Hochtarif (HT). Wer getrennt misst, kann deshalb auch zwei Stromanbieter haben. Bei der gemeinsamen Messung existiert dagegen nur ein Stromzähler. Er erfasst den Verbrauch der Heizung und aller anderen elektrischen Geräte im Haushalt mit einem Zweitarifzähler.

Grundsätzlich fehlen allen Heizstrom-Nutzern bundesweite Tarifvergleiche. „Wegen der hohen Netzgebühren haben lange Zeit kaum Versorger Heizstrom angeboten“, sagt Energieberaterin Scheibenberger. Der Strommarkt wurde 1997 liberalisiert. „Beim Heizstrom beobachten wir seit etwa drei Jahren eine Öffnung des Marktes. Seit dieser Zeit gibt es ein wachsendes Angebot an Stromanbietern für Heizstrom“, sagt Scheibenberger. Damit hätten die Kunden auch tatsächlich die Möglichkeit, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln. „Wer getrennt misst, kann den einzigen zurzeit verfügbaren Onlinerechner Verivox nutzen“, sagt Weitemeier. Dort muss der Kunde Postleitzahl und Jahresverbrauch eintippen, und der Rechner listet günstige Tarife für den Wohnort auf.

Finanztest hat günstige Tarife für Nachtspeicherheizungen in Stuttgart recherchiert

Kunden mit einer gemeinsamen Messung suchen Vergleichsmöglichkeiten wie Verivox vergeblich. Sie müssen deshalb selbst nach alternativen Anbietern recherchieren – am besten auf den jeweiligen Internetseiten der Energieversorger oder indem sie dort anrufen und nachfragen. Immerhin: Verivox arbeitet nach eigenen Angaben an einem Preisvergleich für Heizstromkunden mitgemeinsamer Messung. Weitemeier von Finanztest hat sich bereits die Mühe gemacht und die günstigsten Tarife für Nachtspeicherheizungen in neun Städten recherchiert. In Stuttgart sind es die der Anbieter Stadtwerke Fellbach, Vereinigte Stadtwerke und Evita.

Vor dem Wechsel sollten Kunden mit Doppeltarifzähler unbedingt darauf achten, dass der neue Anbieter auch wirklich beide Tarife übernimmt und liefert, sagt Scheibenberger. „Aus Verbraucherbeschwerden wissen wir, dass Anbieter über mehrere Jahre den Niedertarif vergessen zu berechnen. Die Nachforderungen sind dann enorm, denn auch Rechnungen, die nie verschickt wurden, verjähren nicht.“ Weitemeier sagt, dass Kunden beim Wechsel nicht nur auf den Preis schauen sollten. „In der Regel ist die Kündigungsfrist sechs bis acht Wochen. Manche Tarife haben aber eine recht lange Frist von drei Monaten.“ Weitemeier rät Kunden außerdem, die Anschlusslaufzeit anzuschauen. Häufig verlängern Verträge sich automatisch nach einem Jahr. Dann hat der Kunde auch keine Preisgarantie mehr.

Der Wechsel ist einfach, „die meiste Arbeit hat der neue Anbieter“, sagt Weitemeier: Er kümmert sich um alle Formalitäten, kündigt sogar den alten Vertrag. „Bei einer kurzen Kündigungsfrist oder einem Sonderkündigungsrecht sollte man aber vorsichtshalber parallel auch selbst kündigen und die Kündigung dem neuen Anbieter zuschicken“, rät Weitemeier. Scheibenberger weist darauf hin: „Vor dem Wechsel sollte der Kunde prüfen, ob er den alten Anbieter zum aktuellen Zeitpunkt oder in nächster Zeit überhaupt kündigen kann.“

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.vz-bawue.de/beratung-vor-ort, www.test.de/tarife-nachtspeicher