Waltraud Bühl kämpft für einen normalen Umgang mit alten Menschen. Foto:Gottfried Stoppel Foto:  

Waltraud Bühl will als neue Vorsitzende des Kreisseniorenrats Rems-Murr älteren Menschen eine Stimme geben.

Weinstadt - Die Gesellschaft wird immer älter, und es wird immer mehr Senioren geben, das ist Fakt“, stellt Waltraud Bühl fest. Sie habe sich zum Ziel gesetzt, die älteren Menschen aufzuklären, ihnen wichtige Informationen weiterzuleiten und ihnen bei Behördengängen oder der Korrespondenz mit den Krankenkassen beratend zur Seite zu stehen. Die langjährige Sprecherin des Weinstädter Seniorenrats ist unlängst zur Vorsitzenden des Kreisseniorenrats und damit zur Nachfolgerin von Heinz Weber gewählt worden, der das Amt acht Jahre lang inne hatte.

Respekt und ein normaler Umgang

„Es muss nicht sein, dass ein 94-jähriger Mann für Wochen in eine Reha-Klinik geht, er kann die nötigen Maßnahmen auch durchaus zuhause bekommen, das ist heute gar kein Problem mehr“, sagt Waltraud Bühl. Um den Menschen klar zu machen, dass das Alter keine Krankheit sei, sondern eine natürliche Phase des Lebens, kämpft die 69-Jährige für Aufklärung, Respekt und einen normalen Umgang mit Senioren und ihren individuellen Bedürfnissen.

Seit der Planung des neuen Klinikums in Winnenden habe sie sich zusammen mit vielen anderen dafür eingesetzt, dort eine eigene geriatrische Abteilung einzurichten. Mit den Verantwortlichen habe sie immer wieder Gespräche geführt und darin betont, wie wichtig eine auf die Probleme älterer Menschen angepasste Versorgung sei. In Ansätzen seien die Botschaften wohl angekommen, glaubt Waltraud Bühl, eine separate Abteilung, die unabhängig und mit sinnvollem Personalschlüssel arbeitet, sei das aber noch lange nicht. Aus diesem Grund lege sie auch einen Schwerpunkt in ihrer neuen Funktion als Vorsitzende des Kreisseniorenrates auf die stationäre Behandlungssituation älterer Menschen. Wichtig sei immer, dem Gegenüber die Perspektive des Seniors klar zu machen. Häufig sähen die Entscheider ihre Projekte aus rein wirtschaftlicher Sicht. Das sei zu kurz gesprungen und führe nicht ans Ziel.

Die gebürtige Stuttgarterin zog mit ihren Eltern nach den Bombenangriffen der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs ins beschauliche Schnait und lernte so das Remstal kennen und lieben. Nach ihrer Lehre als Hotelfachfrau zog es die doch eher städtisch geprägte junge Frau zunächst in die Schweiz zum Arbeiten, bevor sie dann zu Beginn der Siebzigerjahre wieder in Schwabenland zurückkehrte. Nach einer kaufmännischen Weiterbildung arbeitete Waltraud Bühl in Stuttgart und verlegte ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Schnait. Im Remstal begann sie sich auch im Roten Kreuz ehrenamtlich zu engagieren. Dort hat sie seit 1972 viele verschieden Ämter inne gehabt und so manche Ordnungsstruktur nach ihren Ideen angepasst. „Ich wollte immer anderen Menschen helfen, und das muss einfach klappen, auch wenn es dafür kein Geld gibt.“ In den 1980er-Jahren sei sie zum Beispiel mit einigen großen Koffern in die Berglen gereist, um bei den Landfrauen vor Ort einen über mehrere Wochen angelegten Altenpflegekurs zu geben. „Es ist doch so wichtig, dass unsere Gesellschaft ihre Ältesten angemessen behandelt, sowohl in der Pflege als auch im persönlichen Umgang.“

Barrierefreiheit beim Bauen

Ein Augenmerk auf Barrierefreiheit liegt ihr besonders am Herzen. Schon bei der Bauplanung müsse diese berücksichtigt werden. Darauf habe sie immer hingewiesen, so dass mancher Stadtplaner mittlerweile zusammenzucke, wenn sie sich bei Bauprojekten äußere.

Der Weinstädter Seniorenrat hat vor zwei Jahren begonnen, örtliche Gaststätten auf ihre Seniorenfreundlichkeit und Barrierefreiheit zu testen. In diesem Jahr wollen die Senioren weitere Lokale unter die Lupe nehmen und dabei unter anderem untersuchen, ob auch Menschen mit Rollator oder Rollstuhl in den Gastraum gelangen können, ob die Toiletten ohne Stufen erreichbar und ob die Speisekarten gut lesbar sind. Für ehrenamtliches Engagement wie dieses möchte Waltraud Bühl so viele Senioren wie möglich gewinnen. „Wir sind ein Teil der Gesellschaft, ein immer größer werdender Teil. Mein Ziel bleibt es, eine laute, aber konstruktive Stimme für die älteren Menschen zu bleiben, egal ob als Seniorenrätin, als Vorsitzende oder als Privatperson.“