Der ehemalige Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler hat am Mittwoch im Wasserwerferprozess ausgesagt. (Archivfoto) Foto: dpa

Der ehemalige Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler hat am Mittwoch beim Wasserwerferprozess gegen zwei Polizeiführer ausgesagt. Polizeipräsident und Einsatzleiter Siegfried Stumpf habe es „schlicht die Sprache verschlagen“.

Stuttgart - Der Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner am „Schwarzen Donnerstag“ 2010 kam nach Einschätzung des ehemaligen Oberstaatsanwalts Bernhard Häußler einem „totalen Durcheinander“ gleich. Polizeipräsident und Einsatzleiter Siegfried Stumpf habe es am Mittag des 30. September 2010 „schlicht die Sprache verschlagen“, als er über Funk davon erfahren habe, dass es nicht so laufe, wie er es sich ausgemalt hatte, berichtete Häußler am Mittwoch beim Wasserwerferprozess gegen zwei damalige Polizeiführer. Sie müssen sich vor dem Landgericht Stuttgart wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt verantworten.

Häußler war am 30. September 2010 an Stumpfs Seite unterwegs - meist in der Nähe des Schlossgartens, wie er sagte, zweimal für kurze Zeit aber auch direkt am Ort des Geschehens neben dem Bahnhof. Dort wurden an dem Tag bei der Räumung des Baufeldes für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 mehr als 160 Menschen verletzt. Die Begleitung des Einsatzleiters durch die Staatsanwaltschaft sei bei solchen Polizeieinsätzen üblich. Der Einsatz sei aus seiner Sicht „völlig chaotisch“ verlaufen.

Dass der Einsatz gar nicht funktionieren konnte, sei aber schon in dem Moment klar gewesen, als das Überraschungsmoment weg gewesen sei und der Park voller Demonstranten war, bevor die Polizei überhaupt anfangen konnte, das Baufeld für die Baumfällarbeiten abzusperren.

Wer hat den Einsatz der Wasserwerfer angeordnet?

Häußler war damals gleich mehrfach „überrascht“, wie er erzählte. Zum einen, als er hörte, dass Polizeipräsident Stumpf selbst den Einsatz leitete. „Das hätten seine Vorgänger nicht getan.“ Zum anderen, als der Einsatz selbst aus seiner Sicht plötzlich aus dem Ruder lief und die Polizei die Lage nicht mehr unter Kontrolle hatte. Überrascht sei er aber auch gewesen, dass keine ausreichenden Vorkehrungen dafür getroffen worden seien, Demonstranten in Gewahrsam zu nehmen und abzutransportieren zu können.

Rätselhaft bleibt weiter, wer den Einsatz der Wasserwerfer überhaupt angeordnet hat. Während die Polizeiführer im Park die Leitung um Freigabe für Schlagstöcke und den Wasserwerfer baten, war Stumpf in einer Pressekonferenz. Sein Assistent habe so lange Stumpfs Funkgerät bedient, und das Auffahren der Wasserwerfer erlaubt. „Aber Auffahren ist Auffahren, und Einsatz ist Einsatz“, sagte Häußler. In seinem Verständnis müsse die letzte Entscheidung vor Ort getroffen werden. Die Einsatzleitung sei ja viel zu weit weg vom Geschehen gewesen. Die Polizei im Park hatte die Funkanweisungen von der Leitung aber offenbar ganz anders verstanden.

Bei einer Visite wenig später mit Stumpf im Park habe er weder harte Wasserstöße gegen Demonstranten noch Verletzte durch Wasserwerfer gesehen, sagte Häußler weiter. Ein Bild von einem schwer an den Augen verletzten Demonstranten, das da schon im Polizeipräsidium an der Pinnwand hing, habe man dort für eine Fälschung aus dem Internet gehalten. Dass es echt war und es viele weitere Verletzte gab, habe er erst am nächsten Tag erfahren.