Trinkwasser soll trotz eines möglichen teuren Kaufs des Netzes durch die Stadt nicht teurer werden. Foto: dpa

Die Stadt prüft den wohl teuersten Unternehmenserwerb in ihrer Geschichte. Die Fraktionen im Gemeidnerat haben dazu eine Bedingung formuliert.

Stuttgart - Für den Rückkauf des Stuttgarter Wassernetzes von der Energie Baden-Württemberg (EnBW) soll die Landeshauptstadt zwischen 280 und 290 Millionen Euro bezahlen. Dieser Vergleichsvorschlag des Landgerichts Stuttgart von Mittwoch liegt dramatisch über dem Erwartungshorizont der Stadt (138,9 Millionen) und krass unter jenen 626,3 Millionen Euro, die sich die EnBW vorstellte. Beide Parteien wollen den Vorschlag von Richter Bernd Schendzielorz in ihre Gremien bringen. EnBW muss den Aufsichtsrat der Tochterfirma Netze BW hören, die Stadt bis spätestens 13. Juli den Gemeinderat. Das Gericht erwartet am 14. Juli die Stellungnahmen.

Kalkulation wird offen gelegt

Der Netz-Rückkauf war 2013 beschlossen worden, der Gemeinderat billigte dafür 150 Millionen, reduzierte später aber auf 110 Millionen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals ein Unternehmen zu einem solchen Preis gekauft haben“, sagt Jürgen Vass, Abteilungsleiter für die städtischen Beteiligungen. Er soll berechnen, ob ein aus Sicht der Stadt doppelter Kaufpreis tatsächlich noch ohne Auswirkungen auf den Wasserpreis bleiben kann. „Wir müssen unsere Kalkulation offen legen“, sagt Vaas.

CDU, Grüne und SPD halten eine Verteuerung wegen des Kaufs für ausgeschlossen. „Das ist nicht vorstellbar“, so CDU-Chef Alexander Kotz. Eine weitere Frage sei die des Ertrages, sagt Grünen-Chef Andreas Winter. „Was der neue Preis für die Refinanzierung bedeutet, muss der Kämmerer darlegen“, sagt SPD-Chef Martin Körner. Er hofft auf ein Ende nicht nur dieses, sondern auch weiterer Rechtsstreitigkeiten mit der EnBW, zum Beispiel über das Fernwärmenetz. Erst dann könne die Energiewende richtig in Gang kommen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und OB Fritz Kuhn (Grüne) sollten sich dafür einsetzen, so Körner.

Ein Eigenbetrieb scheint nicht möglich

Kommt es zum Kauf, müsste der Gemeinderat seinen Beschluss, einen städtischen Eigenbetrieb zu gründen, wohl revidieren. Der Grund: Mit einer GmbH, womöglich unter dem Dach der Stadtwerke, wären die vom Gericht bei der Preisfindung gerechneten Steuervorteile möglich. Das Stuttgarter Wasserforum, das mit seinem Bürgerbegehren die Entscheidung des Gemeinderates auslöste, pochte am Donnerstag auf den Eigenbetrieb – und erinnerte daran, dass die EnBW 2009 den Wert der Wasserversorgung auf 160 Millionen Euro beziffert habe. Das Forum will, dass die Stadt unter Vorbehalt zahlt und dann einen Musterprozess führt.