Der putzige Waschbär fühlt sich auch in Stuttgart wohl Foto: dpa

Seine Paarungsbereitschaft und das Fehlen von Fressfeinden machen es dem Waschbären leicht, sich zu vermehren. Damit der Kleinbär nicht zum Problembär wird, sollten Stuttgarter ihn auf keinen Fall füttern und den Zugang zum Kompostmüll versperren.

Stuttgart - Der wohl berühmteste Stuttgarter Waschbär hört auf den Namen Waldi und ist das neue Maskottchen der Stuttgarter Kickers. Im Gegensatz zu seinen kleinen pelzigen Kollegen ist dieser aber auch tagsüber unterwegs. Die ursprünglich aus Nordamerika stammenden Kleinbären sind dagegen nachtaktiv und wurden in letzter Zeit vor allem rund um Degerloch häufiger gesichtet. Aber auch am Max-Eyth-See oder im Mahdental fühlen sich die Kleinbären offenbar wohl. So niedlich die Tiere auf den ersten Blick auch aussehen mögen, können sie vor allem für bedrohte Tierarten zum Problembär werden.

„Der Waschbär ist ein Allesfresser und ernährt sich vorwiegend von Schnecken, Würmern oder Pflanzen. Vereinzelt frisst er auch Kleinsäuger oder Vögel“, sagt Johannes Enssle vom Naturschutzbund Baden-Württemberg. In Brandenburg gebe es Hinweise, dass der Waschbär die letzten Bestände der Europäischen Sumpfschildkröte dezimiert haben soll. Eine aktuelle Zahl über den Waschbärenbestand in Baden-Württemberg gibt es nicht, da die Erfassung der Tiere sehr schwierig ist. Aufschluss über die Bestandsentwicklung gibt jedoch die Jagdstatistik. Von April 2013 bis März 2014 wurden im ganzen Land 721 Waschbären erlegt. Im gesamten Zeitraum von 1996 bis 2000 wurden dagegen jährlich nur 50 Tiere geschossen. „Verglichen mit dem Raum Kassel ist der Waschbärenbestand in Baden-Württemberg sehr gering“, sagt Enssle. Dort verwüsten die Tiere regelmäßig Dachböden oder durchwühlen die Mülltonnen.

Von einer Waschbärenplage kann noch keine Rede sein

Gerade bei einer so starken Ausbreitung im städtischen Raum, wird schnell von einer Waschbärenplage gesprochen. Genau gegen diesen Begriff wehrt sich jedoch der Landesverband Menschen für Tierrechte: „Jäger lassen uns glauben, dass die Kleinbären gejagt werden müssen, um deren rasante Vermehrung zu stoppen und damit ökonomische Schäden zu verhindern und bedrohte Tierarten vor dem Aussterben zu schützen“, sagt Marie-Luise Strewe vom Verband. Dabei sei letzteres nicht wissenschaftlich bewiesen. Auch Hagen Dilling vom Stuttgarter Forstamt kann das bestätigen. Inwiefern der Waschbär die Bestandsentwicklung in der heimischen Fauna beeinflusst, werde erst noch untersucht.

„Auch wir sehen im Waschbär keine Plage. Dafür ist der Bestand in der Region viel zu niedrig“, relativiert Armin Liese vom Landesjagdverband die Vorwürfe der Tierschützer. „Natürlich greifen wir ein, wenn sich der Bestand zu sehr vergrößert. Doch gerade im Siedlungsbereich können wir sowieso nichts machen. Da hilft es nur, die Tiere nicht anzufüttern.“

Waschbären bloß nicht füttern

Damit sich der Waschbär hier in der Region erst gar nicht zum Problem entwickelt, appelliert Hagen Dilling an die Vernunft der Bürger: „Der Waschbär ist wie der Fuchs ein Wildtier.“ Auch wenn er noch so putzig aussehe, solle man erst gar nicht anfangen ihn auf der Terrasse zu füttern und zu versuchen ihn zum Haustier zu machen. In den Stadtgebieten, in denen er verstärkt gesichtet wurde, empfiehlt er außerdem, Mülltonnen und Kompostabfälle unzugänglich zu machen. Auch Tierschützerin Marie-Luise Strewe befürwortet solche präventiven Maßnahmen. Hat sich der kleine Allesfresser dennoch im eigenen Garten oder auf dem Dachboden eingenistet, sollte er schnell vertrieben werden, da er sonst große Schäden im Gebälk und in der Dämmung anrichten kann. „Helles oder flackerndes Licht mag der Waschbär überhaupt nicht. Auch durch laute Geräusche oder unangenehme Gerüche wie Mottenkugeln lässt er sich verscheuchen“, sagt Strewe.

Sobald diese Maßnahmen gewirkt haben, sollten alle Zugänge dicht gemacht werden. Besonders die Hinterlassenschaften des Waschbären stellen nämlich für den Menschen ein Gesundheitsrisiko dar. „In seinem Kot lässt sich häufig der Spulwurm nachweisen, ein Parasit ähnlich wie der Fuchsbandwurm. Deshalb ist das Tragen von Einmalhandschuhen beim Entfernen von Waschbärenkot unerlässlich“, rät Amtstierarzt Thomas Stegmanns.