Ein Mediziner bereitet sich im Training auf den Umgang mit dem Ebola-Virus vor. Foto: dpa

Die deutschen Firmen warnen vor Hysterie – und halten an ihrem Afrikageschäft fest. Die Weltbank warnt: Westafrika drohe bis 2015 ein Schaden von bis zu 26 Milliarden Euro.

Frankfurt - Reinhold Festge war gerade in Nigeria. Ebola ist für den Präsidenten des Branchenverbandes des deutschen Maschinenbaus VDMA kein Grund, nicht weiter auf ein stärkeres Engagement der deutschen Unternehmen in Afrika zu setzen. Bei Ankunft und Abreise würde in Lagos das Fieber gemessen. Weitere Einschränkungen gebe es nicht. Festge sieht in den 54 Ländern des Kontinents einen wichtigen Markt für Deutschlands Maschinenbauer. Den dürfe man nicht allein den Chinesen oder Indern überlassen.

Festge will sich durch Ebola nicht vom Engagement auch in Nigeria oder Ghana, den Nachbarstaaten Liberias, Guineas und Sierra Leones, abhalten lassen. Die Länder sind für Deutschlands Wirtschaft, so der German Trade & Invest, der Außenwirtschaftsgesellschaft beim Bundeswirtschaftsministerium, sehr kleine Partner. Bei Guinea lag das Handelsvolumen 2012 bei knapp 160 Millionen Euro, bei Liberia bei 57 und bei Sierra Leone bei 28 Millionen Euro.

Auch bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der staatlichen KfW, die sich um private Investitionen auch deutscher Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern bemüht, gibt es bisher keine Hinweise, dass geplante Vorhaben in Ghana, der Elfenbeinküste oder Nigeria gestoppt oder gar eingestellt werden. „Natürlich ist die Reisetätigkeit eingeschränkt, auch Konferenzen in der Region bis in den Kongo wurden abgesagt, um Absagen von Teilnehmern zuvorzukommen. Die Wahrnehmung vieler Geschäftsleute ist aber differenzierter als das öffentliche Meinungsbild“, sagt Karl Weinfurtner, Leiter der Afrika-Abteilung.

Unmittelbar betreffen könnte die Ebola-Epidemie Reiseveranstalter und Fluggesellschaften. Lufthansa fliegt direkt nach Lagos und Abuja in Nigeria und nach Accra in Ghana. Es gebe bislang keine Einschränkungen bei diesen Flügen, sagt Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow. „Die Auslastung ist gut, auch die Buchungen gehen nicht zurück.“ Insgesamt hatte Lufthansa im September zusammen mit den Konzerngesellschaften Brussels Airlines, Swiss und Austrian bei ihren Flügen nach Afrika und in den Nahen Osten 409 000 Passagiere an Bord, 3,3 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Direkt in die drei betroffenen Länder fliegt allerdings nur Brussels als mittlerweile einzige europäische Airline. Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen. Bis April gab es wöchentlich sieben Flüge nach Conakry, Monrovia und Freetown, jetzt nur noch vier. Das Profil der Passagiere habe sich geändert, sagt Sprecherin Wencke Lemmes-Pireaux. Die Mehrzahl sind heute Ärzte, Helfer oder Europäer, die in den Ländern leben, aber nur wenige Geschäftsleute. Zudem transportieren die Maschinen viele Hilfsgüter. Dies alles geschehe bei sehr genauen Gesundheitskontrollen. Hilfsorganisationen und die Regierungen von Liberia, Sierra Leone und Guinea würden dringend darum bitten, dass Brussels die Länder weiter anfliegt. Daran wolle man festhalten. Piloten und Flugbegleiter sind weniger begeistert. „Auch deshalb schauen wir uns die Situation jeden Tag sehr genau an“, sagt Lemmes-Pireaux.

Beim Deutschen Reisebüro-Verband (DRV) sieht man bislang keine Einschränkungen. Es gebe bei Reisen noch keine Stornierungen oder Umbuchungswellen.

Beim Afrikaverein der Deutschen Wirtschaft warnt man vor Hysterie. Deutsche Unternehmen, die bereits in den nicht betroffenen afrikanischen Ländern – 51 der 54 Staaten – tätig seien, hielten an ihren Aktivitäten fest. Andere, die über ein Engagement nachdenken, würden derzeit wohl eher vorsichtiger, vermutet man beim Afrikaverein, der zugleich warnt, die von Ebola betroffenen Länder zu isolieren.

Genau das ist die Furcht in den drei Ländern selbst. „Wir waren mit zweistelligen Wachstumsraten auf einem guten Weg. Dann kam Ebola“, sagte Kaifala Marah, der Finanzminister von Sierra Leone, vor wenigen Tagen auf der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington.

Komplette Wirtschaftssektoren lägen am Boden, der Tourismus und der Luftverkehr müssten dramatische Einbußen hinnehmen. „Unser Land ist faktisch isoliert.“ Neben dem menschlichen Drama gebe es praktisch ein wirtschaftliches Embargo, das die Krise zusätzlich verstärke.

„Ebola kann zu einem verheerenden Schock für die Weltwirtschaft werden, wenn sich die Seuche in Regionen außerhalb von Westafrika ausbreitet“, warnte Weltbank-Chef-Ökonom Kaushik Basu auf der Tagung. Nach Berechnungen der Bank drohen Westafrika bis 2015 wirtschaftliche Einbußen von 26 Milliarden Euro, wenn Ebola nicht eingedämmt wird.