EBA-Mitarbeiter Harald Feeser misst die Lärmpegel der Signalhörner. Foto: Schmidt

Das Eisenbahn-Bundesamt hat in einer Wohnung in Bad Cannstatt die Lautstärke gemessen. Das Ergebnis: Die Signalhörner, mit denen die Arbeiter auf der Bahntrasse an der Nürnberger Straße vor den Zügen gewarnt werden, überschreiten die Grenzwerte.

Bad Cannstatt - Das Messgerät zeigt 82 Dezibel (dBA). Eines steht also jetzt schon fest: die Signalhörner, die derzeit an der Bahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen eingesetzt werden, sind zu laut. Ein Durchschnittspegel von 40 Dezibel sei in den Nachtstunden in einem Wohngebiet erlaubt, erklärt Harald Feeser, Mitarbeiter beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Da es sich um einen Durchschnittspegel handle, dürften einzelne Signale diesen Wert zwar überschreiten, aber bei 60 Dezibel sei Schluss. So ist es auch in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV-Baulärm) nachzulesen.

Rund um die Uhr wird auf der Strecke gearbeitet

Feeser ist am Mittwochabend von der EBA-Außenstelle in Karlsruhe nach Stuttgart gekommen, um in der Wohnung von Gordana Tarlac den Lärm zu messen. Die junge Frau wohnt an der Oberen Waiblinger Straße in Bad Cannstatt. Gut 100 Meter und einige Gebäude trennen ihre Wohnung vom S-Bahnhalt Nürnberger Straße. „Ich bin echt nicht lärmempfindlich“, sagt sie. Aber seit die Arbeiten begonnen hätten, könne sie nicht mehr schlafen. „Ich will, dass das leiser wird“, sagt Tarlac und mit dieser Forderung ist sie nicht allein. Seit Tagen laufen die Anwohner Sturm (wir berichteten). Rund um die Uhr wird auf der Strecke gearbeitet, zwischen 5 Uhr morgens und 1.20 Uhr in der Nacht schlagen die Signalhörner zum Schutz der Arbeiter Alarm, wenn sich ein Zug nähert.

„Ich verstehe, dass die Arbeiter geschützt werden müssen“, sagt Tarlac. Die junge Frau kann allerdings nicht nachvollziehen, warum zwangsläufig nachts gearbeitet werden muss. Beim Regierungspräsidium habe sie erfahren, dass es sich um eine reine Unterhaltungsmaßnahme handle, also nicht um Reparaturarbeiten, die schnellstmöglich erledigt werden müssten. Das bestätigt auch Feeser. „Das sind geplante Instandhaltungsarbeiten. Die wechseln die Schwellen und Gleise aus“, sagt er. Aber natürlich würde sich der Arbeitszeitraum verlängern, wenn in den Nachtstunden nicht gearbeitet werde. „Das kostet die Geld“, vermutet Tarlac, aber so koste es ihre Nerven. Hans-Peter Schmitt, Sachbereichsleiter beim Eisenbahn-Bundesamt, erklärt, dass die Behörde die verschiedenen Interessen gegeneinander abwägen müsse. So etwas sei immer eine Einzelfallentscheidung. Auch er war am Mittwoch vor Ort. Allzu viel zu hören bekamen die EBA-Mitarbeiter aber zumindest in den späteren Abendstunden nicht. Gegen 22 Uhr seien die Signalhörner verstummt, berichtet Feeser. Nach den Informationen des Eisenbahn-Bundesamtes werden die Signalhörner im Bereich Nürnberger Straße auch in den kommenden Nächten zwischen 22 und fünf Uhr schweigen. „Die Bahn hat reagiert und uns einen neuen Ablaufplan geschickt“, sagt ein Sprecher der Behörde.

Die Arbeiten müssten in den Ferien erledigt werden

Bei der Deutschen Bahn weiß man unterdessen nichts von einer Lärmmessung oder einem geänderten Ablaufplan. „Es gibt noch keine Anordnung vom Eisenbahn-Bundesamt“, sagt ein Sprecher. Er betont aber: „Wir bemühen uns, die Beeinträchtigungen für die Anwohner so gering wie möglich zu halten“. Dass nachts durchgearbeitet werde, sei der Bedeutung der Strecke geschuldet. Deshalb könne die Trasse auch nicht gesperrt und auf Signalhörner verzichtet werden. Die Arbeiten müssten in den Sommerferien erledigt werden, wenn weniger Pendler unterwegs seien. Schließlich fahre die S 2 derzeit nur im Halbstundentakt. Auch wenn die Arbeiten auf dem Abschnitt Nürnberger Straße – Sommerrain in Kürze abgeschlossen seien – am 23. August ist Schluss – werde auf der Gesamtstrecke Bad Cannstatt – Waiblingen weiterhin gebaut. Ohne die Nachtarbeiten sei der Zeitplan nicht einzuhalten, so der Bahnsprecher.

Er betont noch einmal, dass der Dauerton vom vergangenen Wochenende einer Manipulation der Warnanlage geschuldet gewesen sei (wir berichteten). In der Nähe des Wohngebiets Sommerrain war unter anderem eine Steckverbindung herausgedreht worden, wodurch die Anlage einen Dauerhupton und ein Dauerlichtsignal ausgelöst hatte. Die Bundespolizei ermittelt bereits wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Neue Erkenntnisse liegen aber noch nicht vor.