Kieselsteine auf dem Boden der Wanderfalkenunterkunft sorgen dafür, dass die Eier sicher liegen Foto: Frank Eppler

Auf dem Werksgelände der Firma Kärcher in Winnenden wartet ein Wanderfalkenkasten auf Mieter. Der Wohnsitz in luftiger Höhe ist sogar mit einer Kamera ausgestattet.

Winnenden - Der Natur kann man keine Vorschriften machen“, sagt Werner Fleischmann. Schade eigentlich, denn wenn es nach dem Nabu-Mann und den Mitarbeitern der Firma Kärcher ginge, dann sollten sie am Besten sofort einziehen, die gefiederten Mieter, für die nun auf dem Werksgelände eine tiptop ausgestattete Neubauwohnung bereit steht. Oder besser schwebt – in fast 30 Metern Höhe. Die etwa 120 auf 80 Zentimeter große Unterkunft ist als Domizil für Wanderfalken gedacht.

Am liebsten brüten diese Greifvögel in luftiger Höhe, so etwa in der 20 Meter hohen Steilwand eines ehemaligen Steinbruchs im nicht weit entfernten Weiler zum Stein. Im vergangenen Jahr hat der Nabu Winnenden dort drei Wanderfalkenjunge beringt, auch 2013 hat es im Steinbruch Nachwuchs gegeben. „Der Wanderfalke ist in der Gegend“, sagt Werner Fleischmann zuversichtlich. Er habe ihn in früheren Jahren schon in der Nähe des Winnender Bahnhofs und somit unweit des nun installierten Kastens fliegen sehen. Das Nahrungsangebot und die Umgebung seien gut geeignet, bestätigt der Vereinskollege William Patrick: „Der Wanderfalke braucht kein offenes Gelände, er frisst ausschließlich Vögel und die findet er überall.“

Die vor zwei Jahren im Steinbruch geschlüpften Falkenkinder müssten so langsam geschlechtsreif sein und sich ein eigenes Revier suchen, sie wären also potenzielle Bewohner für das neue Nest, vermutet Fleischmann. Allerdings seien die Vögel derzeit bereits mitten in ihrer Balzzeit: „Mit einem Bezug in diesem Jahr klappt es wohl nicht mehr.“ Falls aber doch, können die Kärcher-Mitarbeiter live dabei sein, wenn die Eier ausgebrütet und die Jungen großgezogen werden. Denn an der Decke des Falkenkastens ist eine Kamera installiert.

Den Falkenkasten hat die Firma Kärcher als eine von mehreren Ausgleichsmaßnahmen für die Bebauung des Geländes der ehemaligen Ziegelei Pfleiderer installiert. Der 26 Meter hohe Mast, auf dem er thront, ist eine Sonderanfertigung. Alles in allem hat die Firma rund 15 000 Euro in das Projekt investiert. „Ursprünglich war angedacht, den Kasten am alten Kamin der Ziegelei anzubringen, aber es war nicht klar, ob der stehen bleibt“, erzählt Werner Fleischmann. Inzwischen ist zwar sicher, dass der Kamin erhalten bleibt – allerdings hat sich dort mittlerweile ein Turmfalke häuslich eingerichtet.

Ohnehin wäre es wohl nicht möglich gewesen, den Wanderfalkenkasten am Kamin zu befestigen, sagt Joachim Schmitt. Hauptberuflich ist er der Leiter der Abteilung Wartung und Instandhaltung, nebenberuflich Falkenpate. Schmitt erzählt, ihm sei erst bei der Bestellung des Unterschlupfs so richtig klar geworden, welche Dimensionen der Kasten habe. Rund 350 Kilogramm bringt das Betongehäuse auf die Waage. Vor dem Einschlupfloch bietet eine 20 Zentimeter breite Terrasse den Jungvögeln Platz, um ihre Muskeln zu trainieren.

Das Industriegelände findet Werner Fleischmann ideal. „Es ist abgeschlossen und es besteht keine Gefahr, dass jemand versucht, Eier zu stehlen, wie es in der Natur manchmal der Fall ist.“ Allerdings, sagt Fleischmann, könnte es auch passieren, dass ein Uhu sich im Wanderfalkenkasten einnistet – die Natur lässt sich halt nichts vorschreiben.