Bock auf Burger: Super lecker mit handgemachtem Brötchen, Dips und Fritten. Foto: Natalia Lisovskaya/Fotolia

Eine gesunde Ernährung wird vielen immer wichtiger. Das spiegelt sich auch in der Fast-Food-Branche wider: Neue Burgerbrater und Köche von Street Food – also das Essen für den Verzehr auf der Straße – machen den Platzhirschen Konkurrenz.

Stuttgart - Regional, saisonal, bio und handgemacht: So lauten die Schlagworte der neuen Fast-Food-Bewegung. Zwar essen nach wie vor viele in der Mittagspause gerne Currywurst und Burger. Doch die Herkunft der einzelnen Zutaten und ihre Zubereitung werden den Konsumenten immer wichtiger, meint Koch und Food-Blogger Stevan Paul: „Wir interessieren uns dafür, wo unser Fleisch herkommt – wie die Tiere gelebt haben, wo das Fleisch verarbeitet wurde. Wir wollen wissen, ob unser Bäcker eine Fertigmischung nutzt oder die Brötchen noch selbst backt.“

Paul spricht von einer neuen Generation von Konsumenten, „die auch ein politisches Bewusstsein für ihr Essen hat“. Ein weiterer Faktor begünstige die Entwicklung: „Wir sind zu Qualität-Junkies geworden.“

Und das scheint sich inzwischen auch im Markt niederzuschlagen: Branchen-Primus McDonald’s verzeichnete im Jahr 2014 einen Umsatzrückgang von zwei Prozent auf 27,4 Milliarden US-Dollar (etwa 25,6 Milliarden Euro). Der Gewinn brach um 15 Prozent auf 4,8 Milliarden US-Dollar (knapp 4,5 Milliarden Euro) ein. Auch im laufenden Jahr zeichnen sich bereits Probleme ab. Im Februar gingen die Verkäufe im wichtigen US-Heimatmarkt um überraschend starke 4,0 Prozent zurück im Vergleich zum Vorjahr.

Die Kunden wandern ab - sie wollen Walnussbratling statt Cheeseburger

Nach nicht einmal drei Jahren im Amt, musste Konzernchef Donald Thompson am 1. März den Hut nehmen. Unter dem neuen Vorstand Steve Easterbrook macht das Management einen „aggressiven Wettbewerb“ für die Schwäche verantwortlich und schlägt ungewohnt deutliche Töne an: Die Vorlieben der Verbraucher hätten sich geändert, dem müsse sich McDonald’s anpassen.

Auch Hauptkonkurrent Burger King leidet. Im vergangenen Jahr zog der Fast-Food-Riese insbesondere wegen Hygienemängeln und schlechter Arbeitsbedingungen die Aufmerksamkeit auf sich.

Da überrascht es kaum, dass die Kunden massenhaft abwandern. Zu Restaurantketten, die mit einem nachhaltigeren und gesünderen Image aufwarten – zu Shake Shack, Chipotle Mexican Grill, Umami und Elevation Burger in den USA; zu Vapiano, Joey’s Pizza und Hans-im-Glück in Deutschland. Sie wollen Walnussbratlinge mit Gorgonzolacreme und sonnengetrockneten Tomaten statt fettige Cheeseburger – auch wenn sie mehr kosten.

Neue Konzepte sollen Wachstum bringen

Die Großen versuchen gegenzusteuern: Mit neuen Konzepten wie dem Lieferdienst, den Burger King derzeit in acht deutschen Städten testet, oder dem McDonald’s-Ableger „The Corner“, mit dem die Kette in Sidney eine neue Klientel ködern will. In „The Corner“ stehen aber nicht Pommes frites und Burger, sondern Pulled Pork (eine bei niedriger Temperatur zehn bis 15 Stunden lang gegarte, marinierte Schweineschulter) oder Tofu mit Gemüse an einem Chili-Sesam-Dressing auf dem Menü. Ob es reicht, um das Unternehmen wieder auf den Wachstumskurs zu befördern?

„McDonald’s versucht schon seit langem, einen grüneren Anstrich zu bekommen. Bei den Konsumenten ist das aber noch nicht richtig angekommen“, sagt Mirjam Hauser, die am Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI) in der Nähe von Zürich zu den Themen Konsumentenverhalten und Ernährung forscht. Salate, Wraps und Apfelschorle konnten McDonald’s bislang nur bedingt helfen. Auf die Kunden wirken kleine Unternehmen vertrauenswürdiger, erklärt Hauser. Die Großen müssten sich dieses Image erst aufbauen.

Ein Umdenken sei jedoch auch bei den größeren Ketten möglich, so die Forscherin. Das sehe man etwa an dem schwedischen Burgerbrater Max Burger. Das Unternehmen verspricht auf seiner Webseite, keine Lebensmittel mit Wachstumshormonen, Antibiotika oder Gentechnik zu verwenden. Die Strategie scheint sich auszuzahlen: In Schweden hat Max Burger McDonald’s und Burger King als erfolgreichste Restaurantkette überholt. 2014 lag der Umsatz bei 220 Millionen Euro.

Und noch ein Konkurrent: Street Food, das Essen auf der Straße

Neben den Fast-Food-Emporkömmlingen macht den Platzhirschen aber auch ein relativ neues Phänomen zu schaffen: Street Food. „Dabei handelt es sich im Grund genommen um beschleunigtes Slow Food: Es wird frisch vor Ort zubereitet. Und die meisten Zutaten stellen die Köche selbst her“, erklärt Stevan Paul, der die Bewegung in dem Buch „Auf die Hand“ beleuchtet hat. Mit klassischem Fast Food habe Street Food allerdings nicht mehr viel gemein, betont er: „Fast ist nur noch die Serviergeschwindigkeit.“

Mit Food-Trucks (mobilen Essständen), Essmärkten und Food-Festivals erobern vor allem junge Köche die deutschen Städte. Mit handgemachten Brötchen, Soßen und Dips sagen sie der Systemgastronomie den Kampf an. Der Trend schwappte 2011/12 aus den USA und Großbritannien über.

4000 Fast-Food-Fans strömen zum "Street Food Thursday"

„Es begann mit einer Burger-Welle. Der richtige Startschuss fiel aber erst 2013 mit der Eröffnung der Markthalle Neun in Berlin“, sagt Paul. Zum „Street Food Thursday“ in der Kreuzberger Fressmeile strömen jeden Donnerstag bis zu 4000 Street-Food-Fans, um vietnamesische Báhn-Mìs (Baguettes mit geröstetem Schweinefleisch, Koriander, Gemüsestreifen und einer scharfen Soße), „Iranian Love Bombs“ (Tomaten an einer Granatapfelsoße mit Walnuss, Aprikose und Cranberry), aber auch frisch gehobelte Kässpätzle aus dem Allgäu und deftige Buletten zu versuchen.

Dabei ist das Konzept Street Food nicht wirklich neu: „In China war die Außer-Haus-Verpflegung bereits Ende des 12. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit“, schreibt Paul in seinem Buch. Und weiter: „Auf den bunten Basaren des Orients gab es schon im Mittelalter unzählige Garküchen.“ Daran hat sich, global betrachtet, kaum etwas geändert. In Asien und Lateinamerika gehören mobile Essstände noch immer zum Alltag. Nach einer Studie der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, ernähren sich rund 2,5 Milliarden Menschen täglich vom Essen auf der Straße.

Mit der App zum nächsten Essstand

In Deutschland organisiert sich die Szene über soziale Medien. Seit dem 16. Januar präsentiert sich die deutsche Food-Truck-Szene in einer App. Sie zeigt an, wo sich der nächste mobile Essstand befindet und was man dort bekommt. Auch Stuttgart ist mit (bisher nur) einem Food-Truck vertreten.

Über soziale Medien werde der Trend aber auch weiter verbreitet, sagt Hauser: „Auf Kanälen wie Facebook und Instagram findet ein reger Austausch zwischen den Nutzern statt, wie und wo sie gegessen haben.“ Essen sei zu einem Identifikationsmittel geworden: „Das zeigt allein die Menge von Fotos, die im Netz veröffentlicht werden.“ Dass das goldene M selten im Bild auftaucht, verwundert vor diesem Hintergrund nicht: Das etwas angestaubte Image des Fast-Food-Giganten widerspricht dem neuen, statusbewussten Essverhalten der Konsumenten.

Groß sei dagegen die Lust am Neuen, am Exotischen, sagt Hauser. Doch auch traditionelle Gerichte leben wieder auf: „Die Auswahl ist größer geworden. In der Folge werden sich die Marktanteile verschieben.“

Für Fast-Food-Freunde ist das aber kein Grund zur Sorge. Denn das schnelle Essen für unterwegs wird in naher Zukunft nicht aussterben. Die drei Klassiker Burger, Hot Dog und Currywurst werden bleiben, da sind sich Hauser und Paul einig. „Aber: in besserer Qualität“, sagt Paul. Er schwärmt von selbst eingelegten Gurken, frisch angerührtem Ketchup, handgebackenen Burger-Brötchen und prophezeit: „Die Zeiten des klassischen Fast Food sind vorüber.“