Künftig werden in der Autoproduktion vermutlich weniger Mitarbeiter benötigt. Die Montage – wie hier im Daimler-Werk Rastatt – wird trotzdem viele Kräfte binden Foto: dpa

Für den Bau des Motors wird beim E-Auto nur ein Bruchteil der Arbeitsstunden benötigt. Deshalb bereitet der Technologiewandel vielen Beschäftigten Bauchschmerzen.

Stuttgart - Die Beschäftigten in der baden-württembergischen Automobilindustrie gehen mit gemischten Gefühlen ins Zeitalter der Elektromobilität. Eine Umfrage der IG Metall unter den Betriebsräten von 125 Betrieben ergab, dass vor allem die Beschäftigten in den sogenannten Komponentenwerken erhebliche Sorgen vor dem Abbau von Arbeitsplätzen haben. Diese Werke fertigen Teile wie Motoren oder Getriebe. Da der Motor eines Elektroautos technisch wesentlich weniger kompliziert ist als ein Verbrennungsmotor, wird für seine Produktion nur einen Bruchteil der Arbeitsstunden benötigt. Und ein vergleichbares Getriebe wie beim Verbrennungsmotor gibt es beim E-Auto gar nicht. Die Unternehmen, aus denen die Antworten für die Befragung kamen, beschäftigen insgesamt 220 000 Mitarbeiter.

Auf Wandel vorbereitet

Viele der Arbeitnehmervertreter bescheinigen ihren Geschäftsführungen aber auch, sich inzwischen intensiv mit den technologischen Wandel bei Auto-Antrieben zu beschäftigen. In knapp der Hälfte der Unternehmen halten die Betriebe den Verantwortlichen zugute, ausreichend auf den Wandel vorbereitet zu sein. Aus einem Drittel der Unternehmen kommt dazu allerdings eine negative Einschätzung.

In Aufbauwerken, in denen aus den einzelnen Komponenten fertige Fahrzeuge hergestellt werden, sind die Sorgen vergleichsweise gering, da auch die Montage eines E-Autos einen erheblichen Arbeitsaufwand verursacht. „Die Bestandsaufnahme belegt unsere Vermutung, dass die Standorte extrem unterschiedlich von Veränderungen betroffen sein werden“, sagte IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger. Es sei positiv, dass in den Unternehmen verstärkt über Auswirkungen der Elektromobilität nachgedacht wird. Dass jedoch ein Drittel der Betriebe auf den Wandel nicht ausreichend vorbereitet sei, stelle nicht nur für die betroffenen Standorte ein Problem dar, sondern – wegen der engen Verflechtungen – für die gesamte Branche.

Längerfristige Entwicklung

Die meisten Betriebsräte halten den Wandel für eine eher längerfristig eintretende Entwicklung. Nur jeder dritte erwartet, dass bereits in den nächsten Jahren mit bedeutenden Änderungen zu rechnen sei – dagegen rechnet fast jeder für die Zeit nach 2025 mit erheblichen Veränderungen. Nach Zitzelsbergers Einschätzung gibt es in den Belegschaften aber keine Weltuntergangsstimmung; allerdings sei in nächster Zeit mit Konflikten in den Betrieben zu rechnen, bei denen es um Standorte, Investitionen und Beschäftigung gehe.

Die Entscheidung, die Beschäftigten bei Daimler angesichts des bevorstehenden Wandels bis 2030 vor Kündigungen zu schützen, hält Zitzelsberger für wegweisend, wenn auch nicht für unmittelbar auf andere Betriebe übertragbar. Es sei die Aufgabe der Unternehmen, den Mitarbeitern im Wandel Sicherheit zu geben. Er begrüßte die Regelung, wonach die Daimler-Beschäftigten vor einer Herabstufung ihrer Arbeit wegen der Einführung neuer Technologien bewahrt werden sollen, indem man sie gegebenenfalls durch Weiterbildung für neue, gleichwertige Aufgaben qualifiziert. „Die Mitarbeiter brauchen Perspektiven, und das wird ein Teil der Auseinandersetzung sein.“ Dazu gehöre, dass neue Technologien an den Standorten im Südwesten nicht nur entwickelt, sondern auch produziert werden. Auch die Forderung, in Deutschland eine eigene Fertigung von Batteriezellen für das Elektroauto zu produzieren, sei keineswegs vom Tisch, sagte der Gewerkschaftschef. Diese werde zwar nicht Tausende von Stellen sichern, sorge aber dafür, dass die Branche sich nicht von Dritten abhängig mache.