Gudrun Bachhofer Michaela Berger Ursula Hanakata und Gudrun Schmidt (v.l.) Foto: Holowiecki

Eine ehrenamtliche Handarbeitsgruppe aus der Waldorfschule in Stuttgart-Sillenbuch arbeitet das ganze Jahr über aufs Herbstfest am Samstag, 18. November, hin. Dort werden selbst gestaltete Naturpuppen verkauft. Nicht wenige Käufer warten monatelang auf diesen einen Termin.

Sillenbuch - Bunte Bänder, Garn, Stoffstücke, Wolle, Nadelkissen. Der Tisch im Handarbeitsraum der Waldorfschule Silberwald ist reich gedeckt. Es ist Donnerstagabend, und es gibt viel zu tun. Einmal die Woche trifft sich hier die Puppengruppe, und die hat ein Datum vor Augen: den Samstag, 18. November. Da ist das Herbstfest, und auf diese Veranstaltung arbeiten die Frauen Jahr für Jahr hin. Immer donnerstags bis in die Nacht gestalten sie Puppen – ehrenamtlich. Sie stopfen, nähen, stricken, sticken. Kleine Püpplein mit Kügelchen gefüllt, mittelgroße Schlamperle, große Gliederpuppen mit langen Zöpfen und gehäkeltem Kleidchen. Jede ist anders, aber alle sind auffallend professionell, robust und doch sehr liebevoll gestaltet.

Es werden ausschließlich Naturmaterialien verwendet

Auf dem Basar beim Herbstfest, das die Waldorf-Eltern ausrichten, werden die Puppen zugunsten der Schule verkauft. Die Preise sind unterschiedlich. Ein kleines Erstlingspüpplein für Säuglinge soll etwa 18 Euro kosten, für eine große Gliederpuppe mit außergewöhnlicher Kleidung und Frisur verlangt das Team bis zu 100 Euro. Immerhin steckt wahnsinnig viel Arbeit drin. 30 bis 40 Stunden sitzen die Frauen an so einem Spielzeug. Außerdem werden ausschließlich Naturmaterialien verwendet. Die Köpfe werden aus Schafwolle eng gewickelt, die Körper stecken in Baumwolltrikots, auch das Haar ist nicht synthetisch. Gerade die Frisuren sind besonders aufwändig, meint Ursula Hanakata (74). Wollsträhne für Wollsträhne wird in kleine Häubchen eingezogen; da braucht’s Sitzfleisch. Auch das Stopfen ist nicht ohne, sagt Gudrun Schmidt (82), „man muss drauf achten, dass es nicht bollig wird und alles fest genug ist“.

Angeleitet wird die Gruppe seit mehr als zehn Jahren – so lange gibt es die Waldorfschule Silberwald – von Ursula Hanakata. Sie hat ihre Fähigkeiten bereits vor einem Vierteljahrhundert in der Puppengruppe der Waldorfschule Uhlandshöhe eingebracht. „Ich sage immer, sie ist die Puppenmama“, sagt Michaela Berger (46). Gudrun Bachhofer (44) fügt an: „Sie ist eine große Stütze, sonst wüssten wir nicht, wie man es macht.“ Ganz wichtig: Alle Puppen sind im anthroposophischen Stil der Waldorfpädagogik gestaltet. Dazu gehören die ausgesuchten Materialien ebenso wie reduzierte Gesichtszüge. Barbie-Kopien oder große Manga-Augen sind verpönt.

Die Naturpuppen gehen weg wie warme Semmeln

Die Naturpuppen kommen an und gehen weg wie warme Semmeln. Michaela Berger erklärt, dass viele Käufer sich den Basar speziell vormerken. Auch Sonderbestellungen, etwa für Kindergärten, hat die Gruppe schon bearbeitet. Allerdings bekennt sie, dass den Puppenmamis die Trennung von den kleinen Kuschelkunstwerken fällt jedes Mal schwer fällt. „Ich mache von allen meinen Puppen Fotos“, sagt sie, so könne sie auch ihre Fortschritte und Stilveränderungen über die Jahre nachvollziehen. „Aber die erste Puppe behält fast jede selbst“, sagt Gudrun Bachhofer lächelnd.

Neben den Gruppenabenden – freilich wird bei den Treffen auch viel gequatscht und gelacht – geht es auch um das Erfolgserlebnis, mit den eigenen Händen etwas gestaltet zu haben, sagt Ursula Hanakata. Außerdem sei es schön, wenn man dann auf der Straße ganz unverhofft ein Püppchen im Arm eines Kindes wiederentdecke. Gudrun Bachhofer erklärt: „Die Leute erzählen uns auch, für wen sie die Puppen kaufen. Dann weiß man sie in guten Händen.“