Rund 100 Asylsuchende haben die Gemeinschaftsunterkünfte bereits verlassen. Die Unterkunft an der Stuttgarter Straße wird aber freilich nach wie vor genutzt. Foto: Claudia Barner

Mittlerweile liegt der Fokus der ehrenamtlichen Hilfen auf der beruflichen Integration Das berichtet die Koordinatorin der Flüchtlingsarbeit in Waldenbuch. Die Suche nach privatem Wohnraum geht derweil weiter.

Waldenbuch - Es gibt Länder, in denen gilt es als unhöflich, pünktlich zu sein. Andernorts besteht die Ausbildung zum Friseur darin, dem Fachmann einige Wochen lang über die Schultern zu schauen. Kulturelle Unterschiede lassen sich am besten überbrücken, wenn man weiß, woher sie rühren. Das gilt sowohl für Flüchtlinge, als auch für die Menschen, die ihnen Aufnahme gewähren. In Waldenbuch koordiniert Anne Schuberth das Miteinander; sie bildet die Schnittstelle zu den Ehrenamtlichen und treibt gemeinsam mit dem städtischen Sozialarbeiter Ramazan Altintas die Integration voran. „Wir sind auf einem guten Weg“, berichtete sie am Dienstagabend im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats.

153 geflüchtete Menschen leben derzeit in Waldenbuch. Davon sind 133 Personen bereits in der Anschlussunterbringung. 17 werden in der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises an der Echterdinger Straße betreut. Hinzu kommen Männer und Frauen, die auf eigene Initiative hin in die Schönbuchstadt gezogen sind. Was die geforderten Aufnahmequoten betrifft, liegt Waldenbuch über dem Soll. Ordnungsamtsleiterin Katharina Jacob hat die aktuellen Zahlen ermittelt: Zwei Personen hätte die Gemeinde 2017 noch aufnehmen müssen. 19 hat sie bereits aufgenommen.

Die Helfer sind in fünf Bereichen aktiv

Für die 180 ehrenamtlichen Helfer des Waldenbucher Freundeskreises für Flüchtlinge und die Ehrenamtskoordinatorin haben sich die Aufgaben in den vergangenen Monaten verändert. Nach der ersten Orientierungsphase liegt der Schwerpunkt nun auf der beruflichen Integration und der Teilhabe am Alltag. „Wir sind in fünf Bereichen aktiv. Dazu gehören der Spracherwerb, sportliche Aktivitäten, die Vermittlung von privatem Wohnraum und Unterstützung bei der Arbeitssuche. Außerdem versuchen wir zu vermitteln, wie die deutsche Gesellschaft funktioniert“, erklärte Anne Schuberth.

Herzstück der Integrationsarbeit in Waldenbuch sind für Schuberth die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer. „Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen die besagen, dass ohne Ehrenamt die Integrationsintensität um 50 Prozent sinkt“, berichtete sie. Als besonders erfolgreich habe sich das Patenschaftsmodell erwiesen, bei dem Bürger Flüchtlinge persönlich begleiten. „Wir hatten bisher zum Glück immer genug Ehrenamtliche, um auch die Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften betreuen zu können“, erklärte die Ehrenamtskoordinatorin. Das sei wichtig, denn: „Da wird man dann auch mal in den Arm genommen.“

Es gibt noch Leerstand in der Kommune

Die Unterstützung aus der Bevölkerung zeigt Wirkung: Knapp 100 Flüchtlinge haben die Gemeinschaftsunterkünfte bereits verlassen und private oder städtische Wohnungen bezogen. 58 leben derzeit noch in der Sammelunterkunft im Aichgrund. „Wir werden bei der Suche nach Wohnraum nicht nachlassen“, bekräftigte Bürgermeister Michael Lutz. Es gebe noch genügend Leerstand in der Kommune.

Auch bei der Arbeitssuche gibt es Fortschritte zu vermelden. „Durch intensive Unterstützung und Betreuung konnten schon mehrere Personen in Arbeitsstellen vermittelt werden“, berichtete Schuberth. Ein Flüchtling arbeite zum Beispiel bei Ritter Sport in der Produktion, ein anderer habe einen Ausbildungsplatz im Haus an der Aich bekommen. Auch der TSV ist aktiv geworden und beschäftigt einen Flüchtling als Platzwart für die Tennisanlage.

„Waldenbuch ist bei der Flüchtlingsarbeit in vielen Bereichen Spitze“, stellte der SPD-Stadtrat Ulrich Doster fest. Dem Einsatz der Ehrenamtlichen sei es zu verdanken, dass es so gut wie keine Probleme und Reibereien gebe. Seine Kollegin Annette Dolleschel von den Freien Wählern hat einen Stimmungswandel ausgemacht: „Viele Kritiker, die mit Bauchweh der Flüchtlingsarbeit gegenüberstanden, haben mittlerweile umgedacht.“