Ein Hubschrauber fliegt am 2. Januar in Kochel am See (Bayern) über dem Kochelsee. Ein Bergsteiger hatte am Jochberg einen Flächenbrand ausgelöst. Rund hundert Hektar Wald und Wiese standen in Flammen, die Löscharbeiten könnten nach Angaben des Landratsamtes noch Tage dauern. Foto: dpa

Am Jochberg in Oberbayern brennen die Bäume. Anlass war ein Lagerfeuer, das zwei Wanderer angezündeten hatten und das außer Kontrolle geraten war. Doch die eigentlichen Gründe, warum mitten im Winter der Bergwald Feuer fängt, sind weit bedrohlicher und liegen hoch droben in der Atmosphäre.

Kochel am See - Beim Flächenbrand in einem Wald am Jochberg in Oberbayern ermittelt die Polizei gegen zwei Männer wegen fahrlässiger Brandstiftung. „Das zunächst genannte, angebliche Notsignal hat sich in den Ermittlungen nicht bestätigt“, teilte ein Polizeisprecher am Montag mit. „Man geht davon aus, dass die beiden Männer ein Lagerfeuer entzündet haben, welches außer Kontrolle geraten ist.“ Die Kriminalpolizei arbeite nun eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen.

Feuerteufel am Werk

Die beiden Männer, ein 32-Jähriger und sein 36 Jahre alter Begleiter, waren in der Silvesternacht nahe Kochel am See auf den beliebten Wanderberg gestiegen, um dort zu feiern. Sie machten ein Feuer – beim Versuch, die Flammen zu löschen, sei dann der jüngere Mann abgestürzt, teilte die Polizei mit.

Er habe sich bei dem Fall über etwa 100 Meter ein Bein gebrochen und anschließend um Hilfe gerufen. „Das zunächst genannte, angebliche Notsignal hat sich in den Ermittlungen nicht bestätigt.“ Es gebe Bilder einer Webcam, die ein Feuer im Berg zeigten – noch bevor der 32-Jährige abgestürzt sei, sagte ein weiterer Polizeisprecher.

Schäden sind noch nicht absehbar

Ein Lagerfeuer im Wald ist nach Angaben der Bayerischen Staatsforsten außer auf ausgewiesenen Grillplätzen verboten. Wie groß der Schaden am betroffenen Staatswald ist, könne man wohl erst im nächsten oder übernächsten Jahr genau sagen, erklärte ein Sprecher des staatseigenen Unternehmens. Erst dann sei zu sehen, wie viele der alten Bäume beschädigt seien. Im Staatswald sei vor allem so genannter Schutzwald betroffen – er schütze vor Erosion, Lawinen und Muren und sei deshalb sehr wichtig.

Am Sonntag hatten etwa 100 Einsatzkräfte mit Hubschraubern den Brand bekämpft. Als sie am Brandherd eintrafen, habe der Bergwald schon in Flammen gestanden, erklärte Landrat Josef Niedermaier. „Teilweise fielen neben den Rettern brennende Bäume um.“ Um 3.40 Uhr rief er den Katastrophenfall aus.

Hubschrauber übernehmen die Löscharbeiten

Für die Löschtrupps am Boden sei die Arbeit aufgrund des steilen Geländes besonders schwierig, sagte der Kreisbrandrat und örtliche Einsatzleiter Karl Murböck. „An dieser Stelle ist überhaupt keine Zugänglichkeit gegeben.“

Die Feuerwehr konnte allerdings verhindern, dass sich die Flammen weiter ausbreiteten. Dennoch galt auch am Montag noch der Katastrophenfall, wieder waren wie am Sonntagabend bis zu acht Hubschrauber im Einsatz, um die Glutnester mit Wasser zu löschen. Die Einsatzkräfte hofften auch am Nachmittag noch auf Schneefall, da der feuchte Niederschlag beim Löschen helfen würde. Die Bundesstraße 11 blieb gesperrt. Auch eine eingerichtete Flugverbotszone bestand am Montag weiter.

100 Hektar Wald und Wiese, eine Fläche so groß wie 200 Fußballfelder, standen zeitweise in Flammen. Die Löscharbeiten könnten nach Angaben des Landratsamtes in Bad Tölz noch Tage dauern. Der Mann wurde von der Bergwacht geborgen und ins Krankenhaus gebracht.

Waldbrände im Winter?

Der Brand am Jochberg wirft ein Schlaglicht auf den extrem trockenen Winter im Alpenraum. Seit Monaten hat es in der Region kaum geregnet oder geschneit, oft sind die Berge bis in die Gipfellagen schneefrei. Durch die vielen sonnigen Tage sind Wälder und Almen vor allem an den Südseiten der Berge völlig ausgetrocknet, schon ein Funke genügt, um einen Waldbrand auszulösen.

Normalerweise liegt um diese Jahreszeit in den Bergen viel Schnee, der Waldbrände verhindert. Erst größere Niederschläge, ob als Schnee oder Regen, könnten die angespannte Lage in den Alpen entscheidend verbessern.

„Die Wetterlage kommt uns kalt vor, aber sie ist alles andere als winterlich“, sagt Clemens Steiner vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart. Bis in höhere Luftschichten dominiert warme Mittelmeerluft, auf den höchsten Alpengipfeln wurden Mitte Dezember neue Rekordwerte gemessen. Auf dem 3580 Meter hohen Jungfraujoch in den Berner Alpen war es eine Temperatur von minus 0,1 Grad – das gab es noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Zuletzt war es dort 1933 zu dieser Jahreszeit so warm, bestätigt Stephan Bader von Meteo Schweiz.

Auf dem Feldberg beträgt die Durchschnittstemperatur bisher 2,4 Grad plus. Damit ist es auf dem höchsten Gipfel des Schwarzwalds um fast vier Grad zu warm. Unterdessen machen die Meteorologen Hoffnung auf einen weißen Winter. Schon ab dem nächsten Wochenende könnte ganz Deutschland dann unter einer weißen Schneedecke versinken. Ab 400 Meter könnte es schneien.

Das Winterwetter spielt verrückt

Globale Wetteranomalien

Einer Studie der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien zufolge sind auch in den nächsten Jahren in den Alpen wärmere und feuchtere Winter zu erwarten. Besonders die südlichen Alpen könnten von der Trockenheit im Winter betroffen sein.

Schon seit einigen Wochen beherrschen Hochdruckgebiete das Wetter in Mitteleuropa. Die Gründe für den bisher milden Winter sind in der Troposphäre zu finden. Dort wehen Jetstreams – stark schwankende Starkwinde, die mit Geschwindigkeiten von bis zu 540 Kilometern für das globale Wetter sorgen. In zehn bis 15 Kilometer Höhe wird die kalte Polarluft von warmer Subtropenluft getrennt. Beeinflusst wird der Jetstream wiederum von einem gewaltigen Luftwirbel im nächsthöheren Stockwerk der Atmosphäre, der Stratosphäre.

Wärmeperiode am Nordpol

Hier oben in 15 bis sechzig Kilometern Höhe bildet sich im Winterhalbjahr der Polarwirbel, der arktische Kälte und Kaltluft nach Mitteleuropa bringt. Seit 15 Jahren beobachten Meteorologen allerdings, dass der Polarwirbel instabiler wird. Immer öfter wandert arktische Kaltluft nach Süden, während umgekehrt Warmluft zum Nordpol gepumpt wird.

Das unübliche Verhalten des Jetstreams führt zu globalen Wetteranomalien. Am Nordpol herrschen im Winter normalerweise Temperaturen von minus 30 bis minus 40 Grad. Tatsächlich ist es aber zwei bis vier Grad warm. Die kälteste Luft findet sich dadurch derzeit nicht am Nordpol, sondern weiter südlich in Nordamerika und Sibirien.

In Mitteleuropa führt die arktische Wärmeperiode zu einem Winter, der diesen Namen nicht verdient. Auf lange Sicht könnten Frost und Schnee immer weiter abnehmen, prognostizieren Meteorologen.

Trockenster Winter in der Schweiz seit 150 Jahren

Die Schweiz erlebt derweil den trockensten Dezember seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 150 Jahren. „Der Dezember 2016 kann als schneeärmster Dezember seit Messbeginn bezeichnet werden“, schreibt das Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos. Von einer „außergewöhnlichen Situation“ spricht Massimilano Zappa von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Zürich. „In früheren Jahren gab es mindestens in den höheren Lagen Schnee, wenn zum Teil auch nur wenig.“

In der Westschweiz fiel stellenweise kein einziger Tropfen Regen, wie der Schweizer Wetterdienst berichtet. In den durch den Föhn besonders ausgetrockneten Gebieten auf der Alpensüdseite wurde die höchste Waldbrand-Gefahrenstufe ausgerufen. In den Kantonen Wallis, Graubünden und Tessin galt zu Silvester ein absolutes Feuerverbot im Freien.