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Stuttgarter Jugendräte fordern Mountainbike-Parcours - Radfahren auf schmalen Wegen verboten.

Stuttgart - Auf zwei Rädern meistern waghalsige Mountainbiker fast jedes Hindernis. Dagegen haben sich die Hürden auf dem Weg von wild angelegten DownhillStrecken im Stuttgarter Süden hin zur legalen Strecke als zu hoch erwiesen. Politik und Verwaltung diskutieren, statt zu handeln.

Über Stock und Stein und um die Bäume, als seien sie Slalomstangen - die Downhill-Szene lebt. Man sieht sie jetzt, da es wieder wärmer geworden ist, vermehrt am Marienplatz und am Charlottenplatz. Dort warten sie mit robusten Rädern und martialisch wirkender Schutzausrüstung auf die nächste Stadt- oder Zahnradbahn, die sie nach Degerloch bringt. Ihre Reviere befinden sich beim Fernsehturm unterhalb des Hohen Bopser und im Bereich des Dornhaldenfriedhofs. Dort rasen und springen sie talwärts, teils über unbefestigtes Gelände, teils über eigens errichtete Hindernisse. Dass das erhebliche Gefahren birgt, ist für viele Teil ihres Sports Downhill. "Dieser Kick macht den Reiz aus", sagt ein Mountainbiker, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

2010 endet Zusammenstoß mit Knochenbrüchen

Sie kreuzen Waldwege, dass Passanten, wenn sie ihnen begegnen, der Schreck in die Glieder fährt. Eindrücke, wie das von statten geht, zeigen etliche Kurzvideos im Internetportal You Tube. Nicht immer laufen solche Zusammentreffen glimpflich ab. Im August 2010 erlitt eine 80-jährige Fußgängerin komplizierte Knochenbrüche, als sie von einem Jugendlichen angefahren wurde.

Bisher bewegen sich die Extremradler illegal im Gelände, eine eigens ausgewiesene Downhill-Strecke existiert nicht. Alle Versuche, eine solche einzurichten, sind bisher gescheitert. Im Jahr 2007 verweigerte der damals von der CDU dominierte Gemeinderat die veranschlagten 60000 Euro für eine offizielle Strecke zwischen Degerloch und der Eierstraße im Stuttgarter Süden, auf die sich Mountainbiker, Verwaltung und wohlgesonnene Kommunalpolitiker zuvor verständigt hatten. Begründung der Konservativen unter anderem: Eine vorübergehende Erscheinung müsse man nicht unterstützen. Zudem hatten Anwohner massiv gegen eine Strecke protestiert.

Dass die CDU-Fraktion mit ihrer Einschätzung daneben lag, ist derzeit vor allem an Wochenenden zu besichtigen. Regelmäßig im Frühling gewinnt die Downhill-Saison an Fahrt. Die Szene in Stuttgart dürfte inzwischen mehrere hundert Mitglieder umfassen. Der politische Nachwuchs der Stadt hat diesen Zeitpunkt recht geschickt für einen Vorstoß genutzt. Der Jugendrat Süd schaffte es mit seinem Anliegen am Dienstag auf die Tagesordnung des Bezirksbeirats Süd. Es braucht eine legale Downhill-Strecke, "um Konflikte zwischen den Waldbesuchern, den Radlern und Anwohnern zu entschärfen", fordern die Jugendräte. Denn immer noch existierten etwa 15 wilde Downhill-Parcours in den Wäldern um Degerloch.

Downhill ist im Wald eigentlich verboten

Im Stuttgarter Rathaus hat das Thema seit 2007 niemand auf Wiedervorlage gelegt - obwohl "wir immer noch ein ungelöstes Problem haben", heißt es im Garten-, Friedhofs- und Forstamt. Das Dilemma: Ohne offizielle Strecke ist Downhill-Sport im Wald verboten, denn Radfahren im Wald ist nur auf Wegen ab einer Breite von zwei Metern gestattet. Diese Regelung lässt sich aber wegen des hohen Aufwands nicht durchsetzen. "Die Lösung könnte eine legale Strecke sein", so Hagen Dilling vom Forstamt. Auch Sportamtsleiter Günther Kuhnigk sieht den Bedarf "nach wie vor gegeben". Beide warten aber auf Signale aus der Politik.

Werner Wölfle sieht das anders. Der Fraktionssprecher der Grünen, 2007 ein Befürworter der Strecke, sieht die Verwaltung am Zug. "Ich erwarte, dass sich Sportamt und Forstamt konkrete Gedanken machen." Grundlage könnte laut Wölfle besagte Strecke sein, die von Degerloch kommend an der Eierstraße endet. Fehlendes Geld hält er für eine Ausrede.