Mal koplos, mal von Unwettern vernichtet: Die Wahlplakate haben oft schwer zu leiden. Foto: Dirk Herrmann

Endspurt bei der Bundestagswahl: Am Sonntagabend klärt sich manch’ spannende Frage: Wie sehr wird Nord-Ost-Ring-Fan Pfeiffer in Fellbach abgestraft?

Fellbach - Sie haben Fassanstiche bewältigt und bei Podiumsdiskussionen ihre Stimmbänder geschreddert, sie haben Marktplätze abgeklappert und Hausbesuche absolviert. Doch allmählich ist Schluss mit lustig, jetzt wird’s ernst. Für den Wahlkreis Waiblingen und speziell für Fellbach stellen sich kurz vor dem Wahlabend etliche Fragen. Zum Beispiel: Wie schneidet die Fellbacher Lokalmatadorin Sybille Mack ab? Kommt AfD-Aspirant Jürgen Braun, wie von vielen vorausgesagt, tatsächlich über das Zweitmandat in den Bundestag? Und wie sehr wird der vermeintliche Favorit, CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer aus Plüderhausen, als Fan des umstrittenen Nord-Ost-Rings in Fellbach und speziell in Oeffingen abgestraft?

Vor vier Jahren war Pfeiffer das Direktmandat nicht zu nehmen

Vor vier Jahren jedenfalls war Pfeiffer das Direktmandat nicht zu nehmen. Im gesamten Wahlkreis kam er auf 51,5 Prozent, Fellbach lag mit 50,3 Prozent nur knapp drunter. Den zweiten Platz holte in Fellbach ein Mann, der heutzutage kaum mehr Erinnerungen wachruft: SPD-Mitglied Andreas Bauer erzielte in Fellbach 23,4 Prozent. Andrea Sieber (Grüne), auch diesmal wieder dabei, erzielte 11,3 Prozent der Erststimmen. Hartfrid Wolff (FDP) sackte mit 3,9 Prozent auch in Fellbach gewaltig ab, er musste den Bundestag verlassen.

Dieses Mal erhoffen sich die Liberalen auch in Fellbach einen kleinen Aufschwung. Da sie über die Landesliste nicht abgesichert ist, dürfte es für die FDP-Kandidatin Lisa Walter aber allenfalls zu einem Achtungserfolg langen. Bei der SPD spekulierte Harald Raß, der Strippenzieher seiner Partei, vor etlichen Monaten angesichts des Martin-Schulz-Zwischenhochs noch über ein mögliches Direktmandat für Sybille Mack. Zumindest in ihrer Heimatstadt sollten für die 53-Jährige ein paar Prozente über dem sozialdemokratischen Kreisdurchschnitt schon drin sein.

In Waiblingen sind wegen der Influenza zahlreiche Wahlhelfer ausgefallen

SPD wie die meisten anderen Parteien hatten den diversen Polizeiberichten zufolge mit Vandalismus zu kämpfen. Schwarz besudelte Augenhöhlen oder abgerissene Gesichtshälften waren bei den Plakaten zu beklagen. Reichlich ramponiert geht allerdings auch manche Stadtverwaltung in die Wahl am Sonntag. Zum Glück jedoch nicht in Fellbach. So sind in Waiblingen wegen aktueller Influenza-Fälle zahlreiche Wahlhelfer kurzfristig ausgefallen, weshalb nach neuen Zählkräften gesucht wurde. Grippale Beeinträchtigungen bei den Wahlbetreuern sind in Fellbach zum Glück nicht bekannt, weiß das Presseamt.

Der hiesige Wahl-Fachmann Gunter Schmiedecke hat seine kerngesunden Wahlvorstände – die meisten von ihnen sind routinierte Auszählkräfte – bei seiner jüngsten Schulung auf ein Kuriosum besonders hingewiesen: Selfies sind beim Urnengang absolut tabu. Wer deutlich erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat, muss zurückgewiesen werden – er darf seinen Stimmzettel nicht in die Wahlurne werfen. Allerdings dürfte der beim Fotografieren Ertappte danach seine Stimme auf einem neuen Stimmzettel abgeben.

In Fellbach ist ein Trend zur Briefwahl erkennbar

In Fellbach wird allerdings nicht erwartet, dass die Bürger derart Schindluder mit dem Wahlrecht treiben. Fellbachs Stadtoberhaupt Gabriele Zull wirbt bei den aktuell 29 136 berechtigten Bürgern, tatsächlich die Stimme abzugeben – wobei auch in Fellbach der allgemeine Trend zur Briefwahl erkennbar ist. Stand Donnerstagmittag wurden 7229 Briefwahlunterlagen angefordert – vor vier Jahren waren insgesamt lediglich 5977 Briefwahlunterlagen ausgestellt worden.

2013 lag Fellbach bei der Wahlbeteiligung mit 78,7 Prozent weit vorne – Platz drei unter den Städten über 30 000 Einwohner in Baden-Württemberg. „Ich würde mich freuen, wenn die Wahlbeteiligung auch in diesem Jahr wieder sehr hoch ist“, sagt Zull. Ihr Appell an die Fellbacher und Fellbächer: „Machen Sie vom ,Königsrecht’ der Bürgerinnen und Bürger in einer Demokratie Gebrauch: Gehen Sie zur Wahl!“