Der persönliche Kontakt ist ihm wichtig: Bevor Jürgen Deiß Busfahrer wurde, betrieb er eine Gaststätte. Foto: Eileen Breuer

Jürgen Deiß sitzt nun seit 21 Jahren hinter dem Steuer von Bussen. Nun wählten ihn die Fahrgäste zum Busfahrer des Jahres im Landkreis Esslingen. Für viele Menschen ist er längst nicht mehr nur Busfahrer, sondern auch Ansprechpartner, Seelentröster und Freund.

Esslingen/Sillenbuch - Wenn morgens um 3.30 Uhr der Wecker von Jürgen Deiß klingelt, muss er erst mal von Welzheim im Landkreis Waiblingen nach Ostfildern fahren. Dort steigt er in seinen Bus – und dann fährt er in der Frühschicht 24-mal dieselbe Runde. Langweilig wird ihm dabei nie, denn oft setzt sich ein Fahrgast auf die Sitzreihe hinter ihn und quatscht mit ihm. Ein Großteil der Fahrgäste kennt ihm beim Namen, die meisten duzen ihn. Viele von ihnen verbinden eine persönliche Geschichte mit dem 56-Jährigen.

Auf der kurzen Fahrtstrecke kennt er fast jeden Fahrgast

Deiß ist dieses Jahr von seinen Fahrgästen zum Busfahrer des Jahres 2017 im Landkreis Esslingen gekürt worden. Er sitzt hinter dem Lenkrad der Buslinie 131, die von Esslingen über Heumaden nach Scharnhausen fährt, und bedient die Linie 66 vom Sillenbucher Geschwister-Scholl-Gymnasium bis zum Kühwasen. Zweitere fährt das Busunternehmen GR Omnibus im Auftrag der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Es ist eine relativ kurze Strecke, die Deiß zurücklegt. Deshalb kennt er viele der Mitfahrer. Das macht für ihn den Charme aus. „Die Anonymität, die auf anderen Strecken herrscht, wäre nichts für mich. Ich brauche das Persönliche“, sagt er.

Für viele ist er Ansprechpartner und Seelentröster

Auch bei seinem früheren Job kannte Deiß seine Gäste gut. Bevor er Busfahrer wurde, betrieb er eine Gaststätte. Da aber sei die Konversation oberflächlicher, man bediene, schenke den Gästen die Getränke aus und bringe ihnen das Essen. Nun sitzt er seit 21 Jahren hinter dem Steuer von Bussen. „Als Busfahrer ist man alles: mal Ansprechpartner, mal Seelentröster, mal der, dem das Herz ausgeschüttet wird“, sagt Deiß. Manchmal tröstet er Jugendliche, wenn sie Liebeskummer haben, manchmal erkundigt er sich nach der Gesundheit seiner Mitfahrer. Vor Kurzem habe zwei Tage lang bei einem seiner Stammfahrgäste kein Licht hinterm Fenster gebrannt. Normalerweise war das immer der Fall, wenn Deiß mit dem Bus an dessen Haus vorbeifuhr. Also klapperte der Busfahrer per Telefon alle Krankenhäuser in der Umgebung ab. Dabei erfuhr er, dass sein Fahrgast wirklich im Krankenhausbett lag. Er telefonierte mit ihm und brachte dem Kranken eine Kiste Sprudel vorbei.

Viele Fahrgäste kennen die Handynummer und E-Mail-Adresse des Busfahrers. Manche rufen aus dem Urlaub bei ihm an, fragen, was es Neues auf der Strecke gibt. Andere schicken ihm Grußkarten zu Weihnachten oder eine nette Nachricht zu Ostern. Zu Weihnachten erhält er auch mal eine Flasche Sekt oder Wein. Eine ältere Dame fahre relativ selten die Strecke. Wenn doch, ruft sie Deiß vorher an.

Pünktlichkeit und Sicherheit haben oberste Priorität

„Man versucht, den Leuten die Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten. Und meistens bekommt man das, was man gibt, auch zurück“, sagt Deiß. Er sei zufrieden, wenn er pünktlich sei und die Fahrgäste alle Anschlüsse und Bahnen rechtzeitig erwischen. Aber auch die Sicherheit ist Deiß sehr wichtig: „Es ist eine Herausforderung, den Bus sicher von A nach B zu bekommen und Fahrgäste ordentlich zu bedienen.“ Dabei gebe ihm aber die jahrelange Fahrerei Sicherheit. Die meisten Situationen meistere er, ohne nachzudenken.

Dass er nun ein solch positives Feedback in Form des Preises erhält, freut den Busfahrer des Jahres sehr. Viele seiner Fahrgäste haben auf die Zettel eine persönliche Geschichte geschrieben. „Das müssen 200 bis 300 Zettel gewesen sein, die bei der VVS eingegangen sind“, sagt er. Normalerweise fährt er immer abwechselnd eine Woche die Früh- und eine Woche die Spätschicht. Durch die Preisverleihung habe sich der Rhythmus aber kurzfristig verschoben, sagt Deiß: „Da haben sich viele Fahrgäste erst mal gewundert.“