Ingrid Hönlingers liebster Ort in Ludwigsburg liegt direkt vor ihrer Bürotür. Sie arbeitet als Rechtsanwältin am Marktplatz, wo sie auch gerne einkauft. Foto: factum/Granville

Die Grünen-Politikerin Ingrid Hönlinger wendet das Recht gern im Alltag an, noch lieber aber würde sie es wieder mitgestalten. Nach einer Zwangspause von vier Jahren hofft die Anwältin bei der Wahl am 24. September auf ein Comeback im Bundestag.

Ludwigsburg - Zukunft wird aus Mut gemacht.“ Was einmal eine Liedzeile in dem Nena-Hit „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ gewesen ist, reklamieren die Grünen im laufenden Bundestagswahlkampf für sich. Im Gespräch wiederholt Ingrid Hönlinger diese Formel gleich mehrmals, denn sie findet, dass ihre Partei auch die einzige ist, die die Zukunft wirklich im Blick habe. „Die Grünen sind eine gestaltende Partei, eine die anpackt und nicht aussitzt“, sagt die Grünen-Kandidatin im Wahlkreis Ludwigsburg. Und in Anspielung auf die Dieselaffäre fügt sie hinzu: „Das ist wichtig, denn wir haben keinen zweiten Planeten im Kofferraum.“

Keine Erklärung für die Flaute

Viel Mut braucht Hönlinger auch für ihren ganz persönlichen Wahlkampf, denn ihr wurde von der Partei nur Platz 23 auf der Landesliste zugewiesen. Trotz oder gerade wegen dieser schlechten Ausgangslage werde sie bis zum Wahltag 24. September um jede Stimme kämpfen, sagt sie. „Und zwar nicht nur um das Direktmandat, sondern um alle Stimmen. Ich möchte möglichst viel Grün in der Bundespolitik.“

Die Grünen hätten die richtigen Antworten auf die drängendsten Fragen, meint sie. Warum das in der Öffentlichkeit so nicht ankommt und ihre Partei zurzeit eher eine Flaute erlebt, kann sie sich nicht erklären. Sicher habe es etwas mit der undankbaren Oppositionsrolle zu tun. Ein eher kleiner Widerpart zur übergroßen großen Koalition bekomme nur selten die Chance, seine Standpunkte zu erläutern und mögliche Strategien vorzustellen.

Lust auf Gestalten

Als sie Abgeordnete in Berlin war, sei das noch anders gewesen. Hönlinger saß bereits von 2009 bis 2013 für die Grünen im Bundestag. „Gegen die schwarz-gelbe Regierung konnte ich auch aus der Opposition heraus viel machen“, sagt die Juristin, die unter anderem als Obfrau dem Rechtsausschuss und als stellvertretende Vorsitzende dem Menschenrechtsausschuss des Bundestages angehörte. „Man konnte wichtige Themen setzen, das wurde durchaus gehört.“ Damit verweist sie zugleich auf das, was ihr seit 2013 fehlt. „Ich bin gern Rechtsanwältin“, sagt Hönlinger. „Aber während ich in meiner Kanzlei Recht anwende, konnte ich als Abgeordnete im Bundestag auch Recht gestalten.“

Lange bevor sie ihre politische Heimat bei den Grünen gefunden hat, hat sich Ingrid Hönlinger politisch engagiert. „Seit 1985 bin ich bei Amnesty International aktiv“, sagt sie. Das Thema der Menschenrechte habe sie immer beschäftigt, deshalb habe sie überhaupt Jura studiert.

Freude über den neuen Radweg

„Zu den Grünen bin ich gekommen, weil sie den Themen, die mir wichtig sind, am nächsten stehen, und weil es auch parteiintern sehr demokratisch zugeht.“ Dass die AfD wegen ihrer innerparteilichen Querelen häufig mit den Grünen in deren Gründerphase verglichen wird, hält sie für unpassend. Eines unterscheide die Ökopartei ganz deutlich von der Alternative für Deutschland: „Wir sind nicht nur gegen etwas, wir setzen uns auch für etwas ein. Bei den Grünen sind viele Bewegungen zusammengekommen – zum Beispiel die Friedens-, die Umwelt-, die Frauen- und die Menschenrechtsbewegung.“ Zu den drängendsten Problemen im Wahlkreis Ludwigsburg zählt sie das Verkehrs- und das Wohnungsproblem. „Wir brauchen ein nachhaltiges ÖPNV-Konzept“, sagt sie. Dazu gehörten zuverlässige Bahnen als auch günstigere Tarife. „Dass der Radweg an der Marbacher Straße in Ludwigsburg nun doch gebaut wird, freut mich sehr.“

Beim Wohnen plädiert sie für eine Nachverdichtung in den Zentren. „Grünflächen müssen erhalten bleiben – für die Naherholung und für die Landwirtschaft.“ Das seien grüne Urforderungen.

Rechtspolitik und Rechtspraxis

Werdegang
Ingrid Hönlinger ist am 17. August 1964 in Ludwigsburg geboren. Nach dem Besuch der Schubartschule und dem Friedrich-Schiller-Gymnasium hat sie Jura studiert. Zunächst in Passau, dann in Freiburg, wo sie das erste Staatsexamen abgelegt hat. Nach dem Referendariat in Heilbronn hat sie von 1992 an als Anwältin gearbeitet. Zunächst angestellt, seit 2001 in der eigenen Kanzlei am Ludwigsburger Marktplatz.

Engagement
Schon zu Beginn ihrer juristischen Laufbahn gehörten Verfahren in Sachen Asylrecht zu den Schwerpunkten. Hönlinger ist Mitbegründerin des Fördervereins Zentrale Stelle, und sie berät Mitarbeiter der Diakonie und der baden-württembergischen Gemeinschaft der Sinti und Roma. In ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete hat sie vor allem rechtspolitischen Gremien angehört.