Kita-Plätze sind heiß begehrt. Auch private Einrichtungen sollen den Bedarf decken, können aber von der Stadt nicht kontrolliert werden. Foto: dapd

Landesjugendamt zeigt Villa Rosenrot Gelbe Karte – Geschäftsführer sieht Vorwürfe entkräftet.

Stuttgart - Eltern fühlten sich hilflos. Täglich schickten sie ihre Kinder mit einem mulmigen Gefühl in die private Kindertagesstätte Villa Rosenrot in der Rommelstraße 15. Und immer wieder klagten Kinder über fragwürdige Erziehungsmethoden und Demütigungen: Dann, wenn sie angeblich grob angepackt wurden. Wenn sie berichteten, dass sie in die Mitte eines Kreises stehen mussten und von den anderen Kindern ausgelacht worden seien. Oder zur Strafe auf einen Stuhl hätten stehen müssen.

Selbst bei Eltern, die lange versucht hatten, solche Berichte mit einem hohen Maß an Sachlichkeit und Ruhe zu bewerten, war irgendwann das Maß voll. Auch beim Friseur oder dem benachbarten Lebensmittelmarkt wurde schon über die Villa Rosenrot getuschelt. Peter C. Weber und seine Frau Sylvie Weber-Hauser konnten irgendwann nicht mehr. „Wir kamen uns verloren vor“, sagt Sylvie Weber-Hauser, denn die Atmosphäre in der Kita im Römerkastell wurde von Tag zu Tag frostiger. Der Vorstand und Geschäftsführer der Villa Rosenrot, Andreas Leukert, blocke alles ab. „Es findet bis heute keinerlei Kommunikation durch und mit Herrn Leukert statt“, klagt Sylvie Weber-Hauser. Weder mit den Eltern noch mit seinen Mitarbeitern. „Auch einen Brief der Elternschaft mit Fragen zu seinen Erziehungsmethoden habe er bis heute nicht beantwortet. Zudem habe Andreas Leukert den Erziehern verboten, mit den Eltern über die angeblichen Missstände zu sprechen. Er habe lediglich einen Zettel an die Pinnwand gehängt, auf dem er einräumte, dass es Probleme gebe.

Eltern fühlten sich beim Landesjugendamt erstmals ernstgenommen

Doch zu diesem Zeitpunkt hatte eine Mutter bereits die Polizei, eine Anwältin sowie das Landesjugendamt eingeschaltet. Parallel dazu sind die Webers auf die Suche nach einem anderen Kita-Platz für ihr Kind gegangen. Wie die Sache ausging, kann sich jeder ausmalen: erfolglos. Mehr noch: Die Webers ernteten sogar noch Unverständnis nach dem Motto: „Was wollen Sie eigentlich. Sie haben doch einen Kita-Platz, also seien Sie froh.“

So blieb den Eltern als letzte Hoffnung das Landesjugendamt. Denn das Stuttgarter Jugendamt ist für solche Fälle nicht zuständig, wie Amtsleiter Bruno Pfeifle bestätigt. Die erste Reaktion der zuständigen Sachbearbeiterin des Landesjugendamts, Rita Brückner, klang zunächst vielversprechend. Die Eltern fühlten sich erstmals ernstgenommen. „Es liegen im Fall Villa Rosenrot sowohl belastende als auch entlastende Aussagen vor, in einem Umfang, welcher unsere Prüfung, zu der wir gesetzlich verpflichtet sind, so zeitaufwendig macht“, schrieb Rita Brückner den Eltern im April. Ergänzend schrieb sie: „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, haben wir je nach Verhältnismäßigkeit der Mittel Möglichkeiten.“ Diese reichen von einer Beratung über ein Arbeitsverbot verschiedener Mitarbeiter bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis.

Nach intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten ist das Jugendamt Ende Mai zu einem Ergebnis gekommen. „Die schwerwiegenden Anschuldigungen haben sich nicht halten lassen“, erklärt Jugendamts-Sprecherin Kristina Löpker, „aber sie haben sich auch nicht ganz entkräften lassen.“ Aus diesem Grund habe man der Villa Rosenrot die Betriebserlaubnis nicht entzogen. Allerdings einen Warnschuss gesetzt. Die Kita wird nun stärker beraten, kontrolliert und ist verpflichtet, Mitarbeiter auf Schulungen fortzubilden. „Auch dies werden wir kontrollieren“, sagt Kristina Löpker, „und sollte die Villa Rosenrot diesen Auflagen nicht nachkommen, können wir die Betriebserlaubnis entziehen.“ Eines machte die Sprecherin des Landesjugendamts aber auch klar: „Wir können die Einrichtungen nicht jeden Monat kontrollieren.“

„Einzelne Personen sind wohl nicht mit dem Ergebnis des Landesjugendamts einverstanden und versuchen nun, über die Presse weiter den Ruf der Kindertagesstätte zu schädigen“

Für Kita-Chef Andreas Leukert ist der Fall damit erledigt: „Die Vorwürfe einzelner Personen haben sich nach intensiven Befragungen des Landesjugendamts nicht erhärtet. Das Landesjugendamt hat Ende Mai die Angelegenheit bereits abgeschlossen. Auch für den Träger hat sich daher die Angelegenheit erledigt. Einzelne Personen sind wohl nicht mit dem Ergebnis des Landesjugendamts einverstanden und versuchen nun, über die Presse weiter den Ruf der Kindertagesstätte zu schädigen. Interessant dürfte für Sie sein, dass während der Zeit der Befragungen des Landesjugendamts bis zum heutigen Tag keines der von uns betreuten Kinder der Einrichtung ferngeblieben ist.“

Auch die Stadt Stuttgart, die private Träger wie die Villa Rosenrot finanziell fördert, hat von den Vorgängen Kenntnis. 370.000 Euro Förderung erhält die Kita pro Jahr. Allerdings hat die Stadt keine Möglichkeiten, die Qualitätsstandards in bezuschussten Kitas zu überprüfen oder gar regulierend einzugreifen. „Wenn die Förderung erst einmal bewilligt ist, sind unsere Möglichkeiten begrenzt. Die Aufsicht hat dann das Landesjugendamt“, sagt Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer. Allerdings kämpft Fezer beim Städtetag für eine Änderung dieser Regelung. „Wir als Kommune sind da einfach näher dran“, sagt sie, „Eltern und Träger brauchen einen direkten Ansprechpartner.“

Doch bis so eine Änderung der Verordnungen durchgesetzt ist, kann viel Zeit vergehen. So lange will Isabel Fezer jedoch nicht warten: „Ich habe keine Neigung, mich zurückzulehnen.“ Sie plant daher die Stuttgarter Kita-Träger an einen Runden Tisch einzuladen. „So können wir erkennen, wo es mögliche Schwachstellen gibt, können Informationen geben und Qualifikationsmöglichkeiten anbieten“, sagt Fezer, „denn letztlich haben wir als Stadt auch die Pflicht, präventiv zu wirken. Ich fühle mich da als Sozialbürgermeisterin in der Verantwortung, dass sich so ein Fall nicht wiederholt.“