Auf Konfrontationskurs: Mäusebussard, der seine Brut verteidigt Foto: dpa-Zentralbild

In diesen Wochen attackieren Greifvögel immer wieder Jogger, Radfahrer oder Fußgänger. Solche Angriffe fliegen die Vögel zur Territorialverteidigung und dem Schutz der Brut, erklärt der Naturschutzbund (Nabu).

Stuttgart - In den heißen Sommermonaten suchen sich viele Jogger gerne eine Strecke im Wald, wo der Sport weniger schweißtreibend ist. Die Bäume spenden Schatten und machen das Laufen im Juni, Juli und August angenehmer. Immer wieder hört man allerdings, dass Jogger, Radfahrer oder Fußgänger in diesen Monaten Opfer von Greifvogelattacken werden.

Für die Menschen kommt der Angriff völlig überraschend: Die Greife nähern sich lautlos von hinten. Meistens überfliegen sie die Menschen, wollen mit ihrer großen Spannweite Eindruck machen. Manche attackieren aber den Kopf oder Scheitel des Menschen, dessen höchsten Punkt.

Dabei geht es den Tieren um die Verteidigung ihrer Brut. Uwe Prietzel, Geschäftsführer des Nabu Baden-Württemberg, sind Bussarde auch schon des Öfteren beim Joggen begegnet. „Zwei bis dreimal habe ich solche Scheinattacken erlebt“. Gerade als Mitarbeiter des Nabu weiß Prietzel aber genau, wie man auf die Territorialverteidigung des Bussards reagieren sollte: „Ich habe versucht zu sehen, aus welcher Richtung der Bussard kommt, wo sein Horst ist“. Die sind meist in zehn bis 20 Meter Höhe am Waldrand oder auch an Lichtungen zu finden. „Ich habe mich dann langsam aus dem Territorium des Bussards zurückgezogen“, ergänzt Prietzel.

Eigentlich sind Bussarde – zumindest dem Menschen gegenüber – völlig friedlich. Wenn aber ihre Jungen gerade flügge werden oder bereits ausgeflogen sind, verteidigen die Eltern ihren Nachwuchs. Nur während dieser Zeit der Aufzucht, im Juni und Juli, besteht die Gefahr einer Greifvogel-Attacke. Sind die Vogeljungen selbstständig, beruhigen sich die gestressten Eltern, es gibt keine Angriffe mehr.

Unter anderem die Geschwindigkeit von Joggern, seltener auch von Radfahrern, veranlasst die Bussarde dazu, im Menschen eine Bedrohung zu sehen. Richard Schneider, Experte vom Vogelschutzzentrum in Mössingen, hat noch andere Beobachtungen im Zusammenhang mit Vogel-Attacken gemacht: „Oftmals werden Einzelpersonen angegriffen. Aber auch Spaziergänger, die mit Hund unterwegs sind, erregen die Greifvögel.“

Schneider erklärt außerdem, dass Angriffe auf Menschen nicht nur durch Bussarde vorkommen. „Auch Fälle mit Rabenkrähen oder Waldkäuzen sind bekannt.“ Während Bussarde ausschließlich mit den Füßen Eindringlinge attackieren, nutzen Rabenkrähen den Schnabel, um Eindringlinge zu vertreiben. „Gerade Krähen und Bussarde sind sehr wehrhafte Vögel. Es kommt immer wieder vor, dass sie nicht direkt vom Eindringling ablassen“, sagt Schneider.

Dennoch gehen die meisten Fälle solcher Begegnungen zwischen Mensch und Vogel glimpflich aus. Verletzungen, etwa der Kopfhaut, kommen recht selten vor. Häufig überfliegen die gestressten Vögel die Eindringlinge nur.

Eine genaue Zahl darüber, wie viele Greifvogel-Angriffe es im Schnitt pro Jahr gibt, kann der Nabu nicht geben. „Die Dunkelziffer ist aber schon hoch“, erklärt Schneider. „In nahezu jedem Landkreis gibt es Zwischenfälle.“ Das Hauptproblem sei, dass viele Jogger es gar nicht mitbekämen, wenn sie sich in der direkten Umgebung eines Horstes befänden. Vor allem, wenn sie nicht mit allen Sinnen aufmerksam sind: „Jogger laufen oft mit Kopfhörern, hören die Warnrufe der Vögel also gar nicht“, so Schneider.