Bitte anhalten! Bei der Kontrolle durch den Zoll kann sich der scheinbar unverdächtige Mitfahrer als illegaler Einwanderer entpuppen. Dann droht auch dem Fahrer eine Anzeige. Foto: dpa-Zentralbild

Scheinbar unverdächtige Mitfahrer bei Fahrgemeinschaften entpuppen sich als illegale Einwanderer: Dieses böse Erwachen droht auch baden-württembergischen Autofahrern. Sie sollten vor allem bei Fahrten von Österreich hierher vorsichtig sein.

Stuttgart - Bei den heutigen Benzinpreisen kommt ein zahlender Fahrgast nur recht. Das dachte sich vor kurzem wohl auch ein deutscher Autofahrer, der sich für die Rückfahrt aus Österreich über eine Onlinebörse einen Mitfahrer organisierte. Ein Pakistaner stieg zu ihm ins Auto und blieb bis Frankfurt sitzen. Dort gerieten die beiden in eine Kontrolle des Zolls. Die Beamten stellten fest: Der Fahrgast hatte bis auf einen Bescheid der österreichischen Asylbehörden keine Papiere. Gegen ihn läuft jetzt ein Verfahren wegen unerlaubter Einreise in die Bundesrepublik. Obwohl er vermutlich unwissend war, muss sich auch der Fahrer vor Gericht verantworten. Der Vorwurf: Er habe Beihilfe geleistet.

Laut Polizeilicher Kriminalprävention des Bundes und der Länder (ProPK) kommen solche Situationen bei grenzüberschreitenden Fahrten immer häufiger vor. Dabei organisieren sich die illegalen Einwanderer, die aus Nicht-EU-Ländern stammen, die Mitfahrgelegenheiten oft nicht selbst. „Die Bundespolizei hat festgestellt, dass das der neue Modus Operandi von Schleuserbanden ist“, sagt ProPK-Geschäftsführer Harald Schmidt. Laut seiner Organisation lassen sich die Schleuser ihre Arbeit teuer bezahlen, die Geschleusten würden sich dafür oft verschulden und so oft in eine jahrelange Abhängigkeit von den kriminellen Organisationen geraten. Zu den Vergehen von Menschenschmugglern gehören typischerweise auch Urkundenfälschung oder Menschenhandel – also die Ausbeutung von Menschen, die sie zuvor illegal ins Land gebracht haben.

Österreich ist beliebter Zielort professioneller Schleuser. Die Grenze zu Deutschland scheint ihnen für ihre neu entdeckte Taktik besonders gut geeignet zu sein. „An der Schweizer Grenze ist der Kontrolldruck höher“, erklärt Schmidt. Das schreckt ab. Auch an der Grenze zu Frankreich ist laut Bundespolizei die neue Masche noch nicht weit verbreitet. Baden-Württemberg ist deswegen bis jetzt von vergleichbaren Fällen verschont geblieben. Bayern mit seiner Grenze zu Österreich sowie die Bundesländer mit Ostgrenzen sind laut Bundespolizei stärker von der neuen Methode betroffen. Das bedeutet nicht, dass für Baden-Württemberg keine Gefahr besteht: In den kommenden drei Tagen werden allein bei der größten Mitfahrbörse rund 60 Fahrten von Österreich in den Raum Stuttgart angeboten.

Keine Deutschkenntnisse

Um Autofahrer vor dem Verdacht zu schützen, Mitglied einer Schleuserbande zu sein, hat die ProPK, deren zentrale Geschäftsstelle in Bad Cannstatt liegt, jetzt ein Merkblatt mit Hinweisen herausgegeben. Verdächtig sei, wenn ein Mittelsmann für einen angeblichen Freund den Kontakt knüpft und für ihn bezahlt. Oft sprechen laut ProPK die geschleusten Mitfahrer überhaupt kein Deutsch.

Wer einen Fahrgast mitnehmen möchte, sollte schon bei der Kontaktaufnahme darauf bestehen, dass dieser vor der Abfahrt seinen Pass zeigt. Kann er das nicht, sollte er auch nicht mitgenommen werden. Kommt einem Fahrer die Situation trotz eines Passes komisch vor und er bezweifelt, dass der Mitfahrer legal einreist, sollte er ebenfalls niemanden einsteigen lassen und die örtliche Polizei verständigen.

Im Internet gibt es viele Mitfahrzentralen. Marktführer ist die europaweit agierende Plattform www.carpooling.com, zu der die Seiten www.mitfahrgelegenheit.de und www.mitfahrzentrale.de gehören. Erstere behält bei Strecken von mehr als 100 Kilometern einen Teil des Fahrpreises ein, Letztere verlangt Gebühren für die Vermittlung von Telefonnummern. Es existieren kostenlose Alternativen, zum Beispiel der ADAC-Mitfahrclub, www.bessermitfahren.de und www.fahrgemeinschaft.de.

Tipp: Immer kostenpflichtiges Buchungssystem nutzen

Auch bei den Mitfahrbörsen hat man schon vom Vorgehen der Schleuserbanden gehört. „Uns sind bisher zwei solcher Fälle bekannt geworden“, räumt Thomas Rosenthal, Sprecher der Firma carpooling.com, ein. Den Tipps der ProPK schließt er sich an. Er empfiehlt außerdem, auch bei Fahrten über Grenzen das kostenpflichtige Buchungssystem zu nutzen. „Damit lässt sich im Ernstfall nachweisen, dass der Kontakt über unsere Plattform gelaufen ist.“ Auf der Website des Unternehmens heißt es auch, Fahrer sollten das Inserat ausdrucken.

Für ProPK-Geschäftsführer Harald Schmidt wäre das alleine „das Pferd von hinten aufgezäumt“. Der Kriminaloberrat betont, Ziel sei es, Ärger mit der Polizei und Justiz von vornherein zu vermeiden. Die polizeilichen Hinweise lassen sich auch im Internet unter der Adresse www.polizei-beratung.de nachlesen.